Netanyahu zieht Antrag auf Immunität zurück
Dem israelischen Regierungschef droht ohne Straffreiheit ein Korruptionsprozess. Das Parlament sollte den Antrag ab heute bearbeiten.
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat seinen Antrag auf Immunität vor Strafverfolgung wieder zurückgezogen. Netanyahu schrieb am Dienstag auf seiner Facebook-Seite, er habe dies dem Parlamentspräsidenten Juli Edelstein mitgeteilt.
Netanyahu warf seinen politischen Gegnern ein «schmutziges Spiel» vor und betonte, er werde alle Korruptionsvorwürfe widerlegen. Ohne Immunität ist zu erwarten, dass Netanyahu sich in Kürze einem Korruptionsprozess wegen Betrugs und Veruntreuung sowie Bestechlichkeit stellen muss.
Die israelische Nachrichtenseite «ynet» schrieb am Dienstag, die Anklageschrift könnte nun binnen einer Woche beim Gericht eingereicht werden. Mit Beginn der Sitzungen im Prozess werde allerdings erst nach der Wahl am 2. März gerechnet. Netanyahu strebt trotz der Anklage eine Wiederwahl als Ministerpräsident an.
Bei den Vorwürfen gegen Netanyahu geht es um den Verdacht der Beeinflussung von Medien, angeblich krumme Deals mit Unternehmen und Luxusgeschenke befreundeter Geschäftsleute im Gegenzug für politische Gefälligkeiten. Sollte er wegen Bestechlichkeit verurteilt werden, drohen Netanyahu bis zu zehn Jahre Haft. Im Falle einer Verurteilung wegen Betrugs und Untreue wäre die Höchststrafe drei Jahre Gefängnis.
Schlechte Aussichten
Am Dienstagvormittag sollte im Parlament eine Sitzung zu Netanjahus Immunitätsantrag beginnen. Dabei war eine Abstimmung über die Einrichtung eines Knesset-Ausschusses geplant, der über die Immunität des 70-Jährigen entscheiden sollte. Die Aussichten auf eine Immunität galten dabei allerdings als sehr schlecht.
«Zu dieser schicksalhaften Stunde für das israelische Volk, während ich mich auf einer historischen Mission in den USA aufhalte, um die dauerhaften Grenzen Israels festzulegen und Israels Sicherheit in den kommenden Generationen zu gewährleisten, soll in der Knesset eine weitere Zirkusvorstellung beginnen, um mir die Immunität zu entziehen», schrieb Netanyahu.
US-Präsident Donald Trump wollte später in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Netanyahu die Grundzüge seines lange erwarteten Nahost-Plans vorstellen
Gantz: Wir müssen vorankommen
Netanjahus Herausforderer Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiss sagte nach dessen Entscheidung: «Niemand kann ein Land regieren und sich gleichzeitig um schwerwiegende Strafverfahren in drei Fällen wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue kümmern.»
Gantz sagte: «Netanyahu geht vor Gericht. Wir müssen vorankommen.» Israels Bürger hätten nun die Wahl zwischen einem Regierungschef, der für sie arbeite, und einem Regierungschef, der mit sich selbst beschäftigt sei.
Es ist das erste Mal in der Geschichte Israels, dass ein amtierender Ministerpräsident vor einer Anklage steht. Netanyahu spricht von einem Putschversuch und kritisiert Israels Justiz aufs Schärfste.
In Israel regiert seit rund einem Jahr ein Übergangskabinett mit Netanyahu an der Spitze. Das Parlament ist nur eingeschränkt handlungsfähig. Nach zwei Parlamentswahlen gelang 2019 wegen einer Pattsituation keine neue Regierungsbildung.
SDA/aru
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