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Netanyahu spielt auf Zeit

Will sich vom Parlament vor Strafverfolgung schützen: Premierminister Benjamin Netanyahu.
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Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat beim Präsidenten der Knesset beantragt, unter Immunität gestellt zu werden. Es ist seine Reaktion darauf, dass Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit Mitte November Anklagen gegen Netanyahu wegen Bestechlichkeit, Betrug und Untreue angekündigt hatte.

Mit dem Antrag verzögert Netanyahu nun einen Prozessbeginn um Monate. Der für die Bearbeitung zuständige Ausschuss hat sich wegen der zweimaligen Wahlen und der anschliessenden Blockade der Parteien noch nicht einmal konstituiert. Erst nach der nächsten Parlamentswahl am 2. März soll er gebildet werden. Und erst wenn eine Entscheidung des Ausschusses vorliegt, darf formal ein Gerichtsverfahren eröffnet werden.

Benny Gantz, der das blau-weisse Parteienbündnis anführt und die Wahl im September gewonnen hatte, kündigte nach Netanyahus Entscheidung an, «alles rechtlich mögliche» zu unternehmen, um den Ausschuss einzurichten. «Netanyahu ist schuldig, dass er den Staat Israel und seine Bürger in Geiselhaft hält wegen seiner juristischen Kämpfe.» Avigdor Lieberman, der mit seiner Partei Unser Haus Israel der Einrichtung eines Ausschusses zustimmen müsste, erteilte diesem Vorhaben eine Absage.

Netanyahus rechtsnationale Likud-Partei und ihre bisherigen Koalitionspartner waren bei der Wahl im September auf 55 Sitze in der Knesset gekommen. Netanyahu bräuchte aber 61 Stimmen, damit sein Antrag auf Immunität von einer Mehrheit in der Knesset bestätigt wird. Gegen diese Entscheidung könnte der Oberste Gerichtshof Einspruch erheben, was weitere Verzögerungen bedeuten würde.

Netanyahu in der Opferrolle

In einer Fernsehansprache bezeichnete sich Netanyahu am Mittwoch erneut als Opfer einer Verschwörung. Er beteuerte, es handele sich um eine zeitlich begrenzte Immunität. Nach dem Ende seiner politischen Amtszeit werde er vor Gericht seine Unschuld beweisen. «Ich will Israel noch viele Jahre anführen, um historische Erfolge zu erzielen.» Netanyahu kritisierte Israels Justiz und Polizei scharf und warf ihren Vertretern erfundene Behauptungen, selektive Vorgehensweise und die Bedrohung von Zeugen vor.

Noch im April hatte er auf Fragen einer Journalistin in einem TV-Interview erklärt, er beabsichtige nicht, Immunität zu beantragen. Nun verteidigte Netanyahu diesen Schritt damit, dass Immunität einen «Meilenstein in der Demokratie» darstelle: «Die Immunität soll gewählte Repräsentanten vor erfundenen Behauptungen bewahren. Es war die Absicht sicherzustellen, dass gewählte Vertreter des Volkes dem Volk dienen können.»

Es ist das erste Mal in der Geschichte Israels, dass ein amtierender Ministerpräsident angeklagt wird. Laut einer aktuellen Umfrage ist eine Mehrheit der Israelis dagegen, dass Netanyahu Immunität zugestanden wird.

Netanyahu strebt eine Koalition mit einer Mehrheit an, die ihn vor Strafverfolgung schützt. Er hat insgesamt 13 Jahre als Ministerpräsident amtiert. Der Urnengang im März 2020 wird der dritte binnen eines Jahres sein. Mit Netanyahus Ankündigung wird die Wahl auch zu einem Referendum darüber werden, ob ihm Immunität zugestanden werden soll.