Typologie der BadigästeNeben wem sünnelet es sich am besten?
Die 30-Grad-Marke ist geknackt. Wer kann, geht in die Badi. Zur Einstimmung auf das Hitzewochenende präsentieren wir eine nicht ganz ernst gemeinte Analyse der Badigäste.
Sommerzeit ist Badizeit. Die Strandbäder sind aber bei weitem mehr als nur ein Ort zum Abkühlen – sie sind Tummelplatz verschiedenster Menschen und ein Spiegel unserer Gesellschaft. Höchste Zeit also für eine Analyse der Badigäste – erkennen Sie sich?
Die Alteingesessenen
Sie gehören quasi zum Inventar des Strandbads: Seit Jahrzehnten verbringen sie ihre Freizeit in der Badi, das Abo für die nächste Saison kaufen sie jeweils bereits am Ende der aktuellen, das Schliessfach wird ebenfalls schon reserviert – man will ja bei der Lieblingszahl bleiben. Spätestens mit der Pensionierung zieht es diese Stammgäste täglich in ihr Freiluftwohnzimmer, schon bevor die Badi ihre Türen öffnet, stehen sie parat – Sonnenhut und Sonnencremegeruch inklusive, alles andere, vom Badetuch bis zum Rätselheft, ist bereits im Spind deponiert. Zielstrebig wird der angestammte Liegestuhl angesteuert und der Sonnenschirm in die richtige Position gerückt: Ein neuer Baditag kann beginnen.
Diese Stammgäste sind für Badineulinge eine gute Anlaufstelle; keiner weiss zum Beispiel besser, um welche Zeit die Pommes am frischesten sind und wo am ehesten ein kühles Lüftchen weht. Doch es ist auch Vorsicht geboten, denn die Alteingesessenen betrachten ihre Badi als ebensolche: als ihre Badi. Wenn man also versehentlich ihren Liegestuhl erwischt oder ihnen anderweitig negativ auffällt, muss man damit rechnen, so wortreich auf seinen Fehler hingewiesen zu werden, dass man am besten ganz schnell untertaucht. (fpr)
Die Sonnenräklerin
Diese Art von Badigästen bemerkt man manchmal kaum. Einem Krokodil gleich liegen sie lange Zeit reglos in der Sonne. Ihr Ziel ist nicht das Wasser, nicht die Ruhe – es sind die Sonnenstrahlen, die ihre Haut bräunen, rösten, ja nahezu karamellisieren. Die Sonnencreme ist ihr Feind, das Öl ihr Freund. Sonnenbrände sind Kollateralschäden und die Lederhaut Zukunftsprogramm.
Bei den Bräunungsfanatikern gibt es zwei Unterkategorien. Beobachtet man sie genau, sieht man bei einigen von ihnen langsame Bewegungen. Wie ein Gänseblümchen drehen sie ihre Köpfe mit dem Lauf der Sonne. Andere Sonnenstrahlensammlerinnen erkennt man an ihren auffälligen Posen. Manche liegen mit verrenkten Beinen und unnatürlich gestreckten Armen auf der Wiese, um die Melaninproduktion auch in den abgelegensten Gegenden ihrer Körper anzukurbeln. Obwohl sie den anderen Badigästen gut gesinnt sind, sei gewarnt: Drängt man sich zwischen ihre gebräunten Leiber und die Sonne, kann es gefährlich werden. Ein Schattenwurf zu viel, und die Stimmung kippt. (hid)
Das Terrassen-Mami
Im Badeanzug sieht man diese Spezies eher selten – der Bikini schimmert höchstens unter dem Strandkleid durch. Einmal in der Badi, ist die Terrasse ihr Reich. Die Markensonnenbrille auf dem Kopf, das Smartphone am stylischen Kettchen um den Körper gehängt und ein Latte macchiato oder wahlweise ein Gläschen Sekt in der Hand.
Dass ihr Kleinkind unter einem fremden Tisch sitzt und sich mit runtergefallenem Essen vollstopft oder fremde Handtaschen durchwühlt, kriegt sie kaum mit. Und selbst wenn ihre Kleinen die Badi auf eigene Faust erkunden und zielgerichtet das Wasser ansteuern, ist sie die Ruhe selbst. Der Badmeister oder die Nanny schauen dann schon. Gegen Abend erhält das Terrassen-Mami dann oftmals Gesellschaft von ihrem Göttergatten. Bevor man sich bei Moules et Frites gegenseitig updatet, muss der Mann aber erst seine tägliche Trainingseinheit absolvieren. (fse)
Der Kampfschwimmer
Wahlweise taucht er über Mittag oder nach dem Feierabend am Wasser auf. Der Badibesuch ist für ihn kein Spass, sondern Trainingseinheit. Je besser das Körpergefühl, desto kleiner seine Speedo-Badehose. Spätestens durch seine ausführlichen Dehn- und Aufwärmübungen zieht der Kampfschwimmer alle Blicke auf sich. Wer dann aber einen eleganten Kopfsprung vom Sprungbrett erwartet, wird enttäuscht. Ausgerüstet mit Schwimmbrille, Badekappe und Pulsuhr geht es über die Treppe ins kühle Nass.
Einmal im Wasser, ist der Kampfschwimmer in seinem Element. Wie ein Bulldozer kennt er keine Hindernisse. Unbeirrt folgt respektive krault er seines Weges, und wehe dem, der nicht schnell genug zur Seite schwimmt. Nach dem Schwumm dann lässt er sich, das Mini-Mikrofaserhandtuch locker über die Schulter gehängt, noch etwas von der Sonne trocknen, bevor er zurück in seinen Anzug schlüpft oder sich zu Frau und Kindern auf der Terrasse gesellt. (fse)
Die Singles
Für sie ist die Badi keine Badi, sondern Datingplattform und Laufsteg in einem. Sehen und gesehen werden, ist Programm. Die gestählten Muskeln und Füdlis wollen schliesslich gezeigt werden, damit ein hoffentlich ebenso schönes Exemplar aus der jeweiligen Zielgruppe bis spätestens zum Ende des Sommers Interesse bekundet. Der Auftritt in der Badi erfolgt bei dieser Art Single in der Regel im Rudel – man kann ja nicht den ganzen Tag Selfies machen, um Frisur und Schminke zu kontrollieren, und bis es mit dem oder der neuen Liebsten klappt, braucht es andere Hände, die beim Rücken-Eincremen einspringen.
Der klassische Badespass ist dementsprechend auch nicht weit oben auf der Prioritätenliste, der Schwumm im kühlen Nass ist allerhöchstens Nebensache – abgesehen vielleicht vom sporadischen Benetzen der perfekt gebräunten Gliedmassen oder einem spektakulären Sprung vom Dreimeterbrett, um ein potenzielles «Gschpusi» zu beeindrucken. Voraussetzung für Letzteres ist natürlich, dass das Badi-Outfit sprungturmtauglich ist, damit allfällige Imponierversuche nicht in einer Blamage enden. (fpr)
Der Gewappnete
Der Zufall hat in der Badi nichts zu suchen. Zumindest wenn es nach dieser Spezies von Badibesuchern geht. Er ist für alle Eventualitäten gewappnet. Badehose und Tuch reichen nicht. Mit dem Grill unter dem Arm, dem Sonnenschirm auf den Rücken gebunden und der Schwimmnudel im Schlepptau, richtet er seinen Platz auf der Wiese ein. Sonnencreme findet man bei ihm in drei verschiedenen Stärken – je nach Tageszeit und Sonneneinstrahlung.
Eine kleine Reiseapotheke, vier verschiedene Badehosen, ein Potpourri an Zvieris und eine aufblasbare Hüpfburg stehen neben seinem überdimensionalen Liegestuhl. Ein Buch ist ebenfalls dabei – wobei, was heisst hier eines? Ein Krimi, ein Drama und eine Komödie finden sich in der mobilen Bibliothek – wer weiss schon, worauf man später Lust hat. Zum Lesen bleibt ihm aber nicht viel Zeit. Kaum hat er sein Reich aufgebaut, geht die Sonne in den Sinkflug – Zeit, mit dem Abbau zu beginnen. (hid)
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