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Kulinarik in der Steinzeit
Neandertaler schlürften Muscheln und assen Krebse

Aufgebrochene und angebrannte Scheren eines Taschenkrebses (Cancer pagurus).
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Neandertaler liessen sich Meeresfrüchte und andere Köstlichkeiten aus dem Meer schmecken. Ähnlich wie der moderne Mensch (Homo sapiens) fingen sie Fische und Seevögel und sammelten und assen Muscheln und Krebse, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin «Science». Belege dafür fanden die Wissenschaftler in einer Höhle an der portugiesischen Atlantikküste. Dass die Vorliebe der Neandertaler für das Meer bisher wenig Beachtung fand, erklären sie mit steigenden Meeresspiegeln und infolgedessen versunkenen Fundstätten.

Dass Homo sapiens schon vor etwa 160’000 Jahren die Küsten besiedelte und im und am Meer nach Nahrung suchte, wissen Forscher vor allem aus Fundstätten im südlichen Afrika. Einige Experten nehmen sogar an, dass der Verzehr von Meeresfrüchten samt der darin enthaltenen wertvollen Fettsäuren die Gehirnentwicklung und damit wesentliche kulturelle Fortschritte vorangetrieben habe. Den Neandertaler sehen viele Experten hingegen nicht als Küstenbewohner, es mangelt an entsprechenden Fundstätten.

Das Team um João Zilhão von der Universität Barcelona (Spanien) untersuchte nun Fundstücke in der südlich von Lissabon gelegenen Höhle namens Figueira Brava. Sie war für viele Jahrtausende von Neandertalern bewohnt, gemäss den Datierungen von vor 106’000 bis vor 86’000 Jahren. Die Wissenschaftler fanden dort neben Steinwerkzeugen zahlreiche Überreste, die auf die Ernährung der Neandertaler schliessen lassen, etwa Fische, Seevögel, Meeressäuger, Landschildkröten, Wasservögel, Schalenwild und jede Menge Muscheln und Krebse.

Seevögel im Winter, Krabben im Sommer

Die Vielfalt und Vielzahl der Fundstücke stehe denen der afrikanischen Fundstätten in nichts nach, berichten die Wissenschaftler. Seevögel seien wohl vor allem im Herbst und im Winter gefangen worden. Im Sommer hätten sie vermutlich verschiedene Krabben gesammelt, die dann in flachere Gewässer in Küstennähe kommen.

Veränderungen der Höhe des Meeresspiegels im Laufe der Jahrtausende hätten viele weitere Fundstätten womöglich überspült. Der oft angenommene Verhaltensunterschied, der Neandertaler und moderne Menschen vermeintlich trenne, scheine nur ein weiteres Beispiel dafür zu sein, dass «das Fehlen von Beweisen kein Beweis für das Fehlen ist», schreiben die Forscher.

Die Studie liefere Belege dafür, dass unter gewissen Umständen die beiden Arten ein vergleichbares Verhalten zeigten, schreibt auch Manuel Will von der Universität Tübingen in einem ebenfalls in «Science» veröffentlichtem Kommentar zu der Studie. Die Küsten Afrikas und Eurasiens sollten künftig weiter erforscht werden mit Blick auf eine Nutzung durch verschiedene Homo-Arten – unter Umständen auch von Unterwasserarchäologen.