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Super League im Kino
Nachos statt Bratwurst und ein Tritt gegen den Polstersessel

Ein Stimmungskiller: Der FCZ und Adrian Winter gehen auf Thuner Kunstrasen unter.
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«Können wir statt Fussball nicht einen richtigen Film schauen?», raunt jemand nach rund 25 Minuten von einer der hinteren Reihen durch den grössten Kinosaal des Abatons in Zürich. Zu diesem Zeitpunkt steht es schon 0:3 aus Sicht des FC Zürich gegen das Schlusslicht aus Thun nach einem inferioren Spielbeginn.

Knapp ein Dutzend Leute hat sich an jenem Mittwoch im Kino an der Hardbrücke in Zürich-West eingefunden, um das Auswärtsspiel des FCZ auf der gut 100 Quadratmeter grossen Leinwand zu verfolgen. Aber wieso Fussball im Kino, statt beim Public Viewing in einer der unzähligen Zürcher Bars oder zu Hause auf dem Sofa zu schauen?

Das sei eine gute Frage, meint Joshua Tüscher. Der 24-Jährige ist mit seiner Freundin unterwegs. Während die beiden adrett gekleidet und nicht auf den ersten Blick als Fussball-Fans zu erkennen sind, sitzt in einer der Reihen eine grössere Gruppe Jugendlicher, die ihre Devotonalien offen zur Schau tragen. Mützen, Schals, Trikots oder Shirts einzelner FCZ-Gruppierungen zieren ihre Körper, während sie an in den Saal geschmuggelten Bierdosen nippen.

Etwas Neues und Spezielles

«Wir sind per Zufall auf dieses Angebot gestossen, als ich eine Werbung gesehen habe», erzählt Tüscher. «Und ausserdem habe ich mir schon immer gedacht, wenn ich mal im Kino war, dass so Fussball hier schon was Geiles wäre, halt auch etwas Neues und Spezielles.»

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Doch so neu ist das Konzept von Fussballübertragungen im Kino nicht. Vergangenes Jahr schon zeigten die Kitag-Kinos den Final der Champions League zwischen Tottenham und Liverpool auf Grossweinland. Nach dem Erfolg der letztjährigen Übertragung habe es auf der Hand gelegen, am Konzept festzuhalten, heisst es auf Anfrage bei der gemeinsamen Pressestelle der Kitag und Teleclub. Denn die Kitag und der Pay-TV-Sender, dessen Fussballsendungen in den Kinos laufen, gehören beide zur Cinetrade-Unternehmensgruppe, die seit 2016 die medialen Rechte an der Super League innehat – gemeinsame Ressourcennutzung ist hier das Stichwort.

Während die Fans allerdings letztes Jahr nur 9 Franken Eintritt zahlen mussten, um den Champions-League-Final zu sehen, Getränk und Popcorn wohlgemerkt inklusive, sind es jetzt 14 Franken – ohne Verpflegung. Besitzer einer Kino- oder Saisonkarte ihres Fussballclubs erhalten jedoch 2 Franken Rabatt. Des Weiteren setzt die Cinetrade AG auf Regionalisierung, zeigt in den Kinos nur Partien der jeweils ansässigen Super-League-Clubs oder in Winterthur gar die Spiele des Vereins aus der Challenge League.

Inwiefern sich das Konzept bislang finanziell lohnt, ist unklar. Zu Zahlen gebe man keine Auskunft. Es ist jedoch offensichtlich, dass nach Corona und dem Lockdown den Kinos die Filme fehlen. Unzählige Produktionen wurden verschoben, da kam die Super League mit ihrem Restart am 19. Juni ganz recht. Auch, weil anfangs gar keine und derzeit auch nur ein paar hundert Fans in die Stadien dürfen.

Die Stimmung bleibt trostlos

Dort würden auch sie normalerweise die FCZ-Spiele verfolgen, wären nicht Corona und Schutzkonzepte, erzählt Tüschers Freundin Seraina Deplazes. «Eigentlich sind wir heute auch wegen der Stimmung gekommen, weil wir dachten, dass, sobald ein Tor fällt, wir uns sicher mit anderen Fans freuen könnten. Als wir dann aber kurz vor Anpfiff immer noch alleine waren, dachten wir, so ist es sicher auch gemütlich», sagt die 22-Jährige in der Pause.

Doch sie bleiben nicht alleine. Gerade auf Matchbeginn um halb neun trudelt noch besagte Fangruppe ein. Es geht bis zur dritten Minute, als erste leise Gesänge durch den sonst so leeren Saal hallen. Als Rapp in der 11. Minute die Thuner in Führung bringt, müssen auch die Sessel ein erstes Mal frustrierten Tritten standhalten. Und als nur drei Minuten später Tosetti mit einer wunderbaren Direktabnahme zum 2:0 trifft, wäre spätestens im Stadion der Moment erreicht, wo die noch vollen Bierbecher über die Köpfe segelten. Immerhin, so viel Selbstbeherrschung existiert dann im Kino.

Doch als «Come on Züri»-Rufe und Klatschen für Stimmung sorgen sollen, ist das mindestens so trostlos wie das, was der FCZ während der ersten Halbzeit auf den Kunstrasen in der Stockhorn-Arena zaubert. Immerhin überdeckt der Applaus den bisweilen scheppernd klingenden Kommentator. Wer 7.1-Dolby-Surround-Hörgenuss erwartet, wie er das von Actionfilmen kennt, wird leider mit einem 2.1-Stereo-Sound vertröstet. Ein künstliches «Aufblasen» des Audiosignales mache aus Qualitätsgründen keinen Sinn, heisst es bei der Cinetrade AG.

Kurz vor halb elf ist es dann ausgestanden, die Partie abgepfiffen, das Debakel für den FCZ gegen das Schlusslicht perfekt. Enttäuschte Gesichter erheben sich aus den breiten Sesseln und verlassen den Saal. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass zu Fussball nicht nur Bratwurst, sondern auch Nachos schmecken. Und dass echte Fans in einer Bar wohl besser aufgehoben wären als im Kino.

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