Doping-Fall im TennisJannik Sinner nach Deal nur drei Monate gesperrt – Djokovic und Co. üben Kritik
Die Sperre von drei Monaten für Jannik Sinner sorgt unter den Tennisprofis für Debatten. Novak Djokovic und Alexander Zverev äussern sich besorgt, Aryna Sabalenka zeigt sich ängstlich.

Aus Sicht von Novak Djokovic hat eine Mehrheit der Tennisprofis nach dem Fall von Jannik Sinner das Vertrauen in das Anti-Doping-System verloren. Es gebe das Gefühl einer Vorzugsbehandlung, sagte der Rekord-Grand-Slam-Champion beim Turnier im katarischen Doha.
«Eine Mehrheit der Spieler denkt, dass es nicht fair ist. Eine Mehrheit der Spieler denkt, dass es eine Bevorzugung gibt», sagte der 37 Jahre alte Serbe nach der Sperre von Sinner für drei Monate. «Es scheint, dass du beinahe den Ausgang beeinflussen kannst, wenn du ein Topspieler bist, wenn du Zugang zu Topanwälten hast.»
«Es ist kein gutes Bild für unseren Sport, das ist sicher. Es gibt eine Mehrheit an Spielern, mit denen ich in der Umkleide gesprochen habe – nicht nur in den vergangenen Tagen, sondern auch den vergangenen Monaten – die nicht glücklich sind, wie mit dem gesamten Prozess umgegangen wurde», sagte Djokovic. «Aktuell gibt es grundsätzlich einen Mangel an Vertrauen sowohl von männlichen als auch weiblichen Tennisprofis gegenüber der Wada und der Itia und dem gesamten Prozess.»
Sinner bis Anfang Mai gesperrt
Der heutige Weltranglistenerste Sinner war im März 2024 positiv getestet worden. Der Südtiroler hatte angegeben, dass das verbotene Mittel Clostebol bei einer Massage über die Hände eines Betreuers in seinen Körper gelangt sei. Die verantwortliche Tennis-Agentur Itia sah kein vorsätzliches Verschulden und keine Fahrlässigkeit und verzichtete auf eine Sperre. Dagegen ging die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada vor.
Am Samstag war bekanntgeworden, dass sich Sinner mit der Wada auf eine dreimonatige Sperre geeinigt hat. Bis zum 4. Mai darf der 23-Jährige keine Turniere spielen – rechtzeitig vor dem French Open, das am 25. Mai in Paris beginnt, endet die Sperre.
Auch der Fall Swiatek ist im Fokus
Auch im Fall der Weltranglistenzweiten Iga Swiatek hatte es Vorwürfe mangelnder Transparenz gegeben. Die Polin war im vergangenen Jahr für einen Monat gesperrt worden. Laut Itia wurde Swiatek positiv auf die verbotene Substanz Trimetazidin getestet. Die frühere Nummer eins erklärte dies mit einem nicht verschreibungspflichtigen Medikament gegen die Folgen von Jetlag. Die Verunreinigung dieses Medikaments habe zum positiven Testergebnis geführt.
Djokovic betonte, dass er nicht die Unschuld von Sinner und Swiatek in Zweifel ziehe. Er forderte die Sport-Institutionen jedoch auf, den Prozess zur Behandlung von Dopingfällen zu überarbeiten, «weil das System und die Strukturen offensichtlich nicht funktionieren».
Zverev ist verwundert, Sabalenka verängstigt
Bei Alexander Zverev stösst der Umgang mit der Doping-Causa um Sinner auf Verwunderung. Für ihn gehe es darum zu entscheiden, ob es Sinners Fehler gewesen sei oder nicht, sagte der Weltranglisten-Zweite aus Hamburg dem Tennis-Portal «Clay» beim ATP-Turnier in Rio de Janeiro.
«Entweder man hat sich nichts zuschulden kommen lassen, dann sollte man überhaupt nicht gesperrt werden. Denn wenn du keine Schuld hast, dann hast du auch keine Schuld. Du solltest nicht bestraft werden», sagte Zverev. «Aber wenn man sich doch etwas zuschulden kommen lässt, dann denke ich, dass drei Monate für die Einnahme von Steroiden keine Sperre sind.» Die Situation und den ganzen Prozess seit dem letzten Jahr bezeichnete Zverev als «seltsam».
Die prominenten Dopingfälle haben die Australian-Open-Finalistin Aryna Sabalenka tief verunsichert. «Man bekommt zu viel Angst vor dem System. Ich weiss nicht, wie ich dem System vertrauen kann», sagte die Weltranglistenerste aus Belarus beim WTA-Turnier in Dubai.
Um sich zu schützen und nicht gegen die Anti-Doping-Regeln zu verstossen, sei sie vorsichtiger geworden. «Früher hätte ich zum Beispiel nicht darauf geachtet, mein Wasserglas stehen zu lassen und auf die Toilette zu gehen, zum Beispiel im Restaurant. Jetzt werde ich nicht mehr aus demselben Glas Wasser trinken», erklärte die 26-Jährige. Man habe das Gefühl, dass, wenn jemand eine Creme an einem benutze und man positiv getestet werde, sie auf einen losgehen werden.
DPA
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