Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Konflikt zwischen Kosovo und Serbien
Nach Schüssen und Barrikaden entspannt sich die Lage

Serbische Strassenblockaden mit Lastwagen: Amerikanische Nato-Soldaten kontrollieren die Situation in der Nähe der Stadt Zubin Potok im Norden von Kosovo.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Der Anlass der Eskalation ist vorerst aufgeschoben. Die Regierung von Kosovo hat beschlossen, eine Verschärfung der Einreiseregeln für den Grenzverkehr mit dem benachbarten Serbien nicht wie ursprünglich geplant an diesem Montag in Kraft treten zu lassen, sondern erst einen Monat später. Mit der Ankündigung hat sich die Lage an der Grenze, die sich am Wochenende zugespitzt hatte, am Montag wieder entspannt.

Am Sonntagabend hatten Sirenen in der Stadt Mitrovica im Norden von Kosovo geheult, es wurden Barrikaden auf mehreren Hauptverkehrsstrassen der Region errichtet. Die kosovarische Polizei berichtete von Schüssen auf ihre Beamten, verletzt worden sei dabei niemand. Einheiten der Nato-Militärmission Kfor verstärkten ihre Präsenz.

«Serbien behandelt die Bürger unserer Republik seit elf Jahren auf die gleiche Art.»

Albin Kurti, Premierminister von Kosovo

Der Premierminister von Kosovo, Albin Kurti, verurteilte nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates die Versuche der «Destabilisierung» und erklärte, man werde die «Souveränität und territoriale Integrität» des Landes verteidigen. Kurti warf der Regierung Serbiens vor, die Unruhen geschürt zu haben, und verteidigte die geplante Neuregelung als «legitim und legal».

Konkret sah die Regelung vor, dass für die Einreise serbische Personalausweise und Autokennzeichen nicht mehr allein anerkennt werden, sondern durch zusätzlich ausgestellte Bescheinigungen der kosovarischen Grenzpolizei ergänzt werden müssten. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Streit um Auto-Kennzeichen eskaliert – das steckt dahinter».)

Die Regierung in Pristina beruft sich dabei auf das Prinzip der Gegenseitigkeit: Belgrad stellt ähnliche Anforderungen an Reisende aus Kosovo. «Serbien behandelt die Bürger unserer Republik seit elf Jahren auf die gleiche Art», sagte Premier Kurti am Sonntag.

Serbiens Präsident erhitzt Gemüter

Bevor die Situation in Nordkosovo, wo überwiegend ethnische Serben leben, am Sonntag eskalierte, hatte der serbische Präsident Aleksandar Vucic in einer Fernsehansprache, in der er die anstehende Neuregelung kritisierte, die Gemüter erhitzt. Einerseits forderte er zwar beide Seiten zur Zurückhaltung auf, andererseits aber sagte er: «Wenn sie den Frieden nicht wahren wollen, wird Serbien gewinnen.»

Später sah sich das Verteidigungsministerium in Belgrad genötigt, im Internet kursierende Gerüchte zu dementieren, die serbische Armee sei auf kosovarisches Territorium vorgedrungen.

«Wir werden die Souveränität und territoriale Integrität des Landes verteidigen»: Albin Kurti, Ministerpräsident von Kosovo.

Zusätzliche Unruhe schürte am Sonntagabend die Meldung, dass ein Hinterbänkler der in Serbien regierenden Fortschrittspartei SNS auf Twitter von einer möglicherweise nötigen «Entnazifizierung des Balkans» schwadroniert hatte – eine deutliche Anspielung an die von Moskau vorgeschobenen Kriegsgründe für die Ukraine-Invasion. Tags darauf entschuldigte sich der Mann für seinen «schrecklichen Fehler».

Doch derartige Provokationen treffen in Brüssel auf weitgehend blank liegende Nerven. Dort bemüht man sich nach Jahren des Hinhaltens, die Staaten des westlichen Balkans an die EU heranzuführen, auch, um sie dem Einfluss Russlands zu entziehen.

Die Nato-Schutzmission Kfor bezeichnete die Sicherheitslage im Norden von Kosovo am Sonntagabend als «angespannt».

Insbesondere Serbien gilt da als Wackelkandidat, weil es sich trotz aller Bekundungen zum Ziel eines EU-Beitritts weiterhin die Kanäle nach Moskau demonstrativ offenhält. Von dort kann man vor allem dann auf Unterstützung zählen, wenn es darum geht, die Souveränität von Kosovo, das sich 2008 von Serbien abgespalten hat, infrage zu stellen.

Am Sonntag erklärte das russische Aussenministerium, die neuen Grenzregeln von Kosovo stellten «einen weiteren Schritt zur Vertreibung der serbischen Bevölkerung aus Kosovo» dar.

Die seit dem Krieg 1999 in Kosovo stationierte Nato-Schutzmission Kfor bezeichnete die Sicherheitslage im Norden des Landes am Sonntagabend als «angespannt». Man beobachte die Entwicklungen genau und sei, entsprechend dem vom UNO-Sicherheitsrat erteilten Mandat, «bereit einzuschreiten, sollte die Stabilität gefährdet sein».

Vermittlungsgespräche der EU

Während sich die Lage an der Grenze am Sonntag zuspitzte, forderte der US-Botschafter in Kosovo die Regierung auf, die neuen Einreiseregeln aufzuschieben. Dazu erklärte sich Premier Kurti noch in der Nacht bereit und gab bekannt, «in Zusammenarbeit mit unseren internationalen Verbündeten» werde man die Inkraftsetzung um 30 Tage verschieben, «unter der Bedingung, dass alle Barrikaden abgebaut werden und die vollständige Bewegungsfreiheit wiederhergestellt wird». Im Laufe des Montags begannen serbische Aktivisten tatsächlich damit, die Strassensperren zu entfernen.

Die EU hat nach der erneuten Eskalation von Spannungen zwischen Serbien und Kosovo die Konfliktparteien zu einem Krisentreffen nach Brüssel eingeladen. Ziel sei es, über das weitere Vorgehen zu beraten und zu verhindern, dass sich solche Spannungen wiederholten, sagte ein Sprecher des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell am Montag in Brüssel. Die Streitigkeiten liessen sich nur durch Dialog und Verhandlungen beilegen. Ein Termin für das geplante Treffen in Brüssel wurde zunächst nicht genannt.