Nach FCB-TrainerknallDer neue Modus lässt den FCB in alte Muster zurückfallen
David Degen und Heiko Vogel haben den nächsten Trainerwechsel zu erklären. Ein Grund, weshalb Timo Schultz nicht mehr an der Seitenlinie steht, ist der Blick auf die Tabelle.
Das haben wir doch schon mal alles gehört. «Mir tut es für den Menschen Timo Schultz leid», sagt Heiko Vogel etwa. So, wie er im Februar gesagt hat: «Mir tut es für den Menschen Alex Frei leid.» Es ist die nächste Trainerentlassung in der jüngsten Vergangenheit des FC Basel, die Vogel als Sportchef mitverantworten muss. Und er wählt vor den Medien teils dieselben Worte.
Diesmal ist Timo Schultz knapp drei Monate im Amt, ehe die FCB-Führung die Notbremse zieht. Ein Argument, weshalb die Zusammenarbeit mit dem Deutschen, der bis Sommer 2025 vertraglich an Rotblau gebunden ist, und mit dessen Assistent Loïc Favé vorzeitig endet, ist der Blick auf die Tabelle. Vogel sagt: «Der neue Modus gibt uns nicht die Chance, in den letzten Spielen etwas gutzumachen.»
7 von 33 Runden sind gespielt, dann wird in der Super League die Zäsur gemacht. Die Zwölferliga wird geteilt. Die obere Hälfte spielt um den Titel und Europacup-Plätze, die untere gegen den Abstieg. Aktuell ist der FCB Neunter, der R¨ückstand auf diesen ominösen Strich beträgt bereits sieben Punkte. Und vor allem steht dabei dies zu Buche: nur ein Ligasieg gegen Winterthur, nur fünf Punkte in sieben Super-League-Partien und dabei zwei Niederlagen gegen die Aufsteiger Lausanne-Sport und Yverdon.
Das ist – natürlich nebst dem frühestmöglichen Aus in der Conference League – ein Grund, weshalb Schultz seinen Job los ist, bevor er mit der von der sportlichen Führung erst auf den letzten Drücker zusammengestellten Mannschaft überhaupt richtig arbeiten konnte.
Die Aussenwahrnehmung ist trotzdem vielerorts: Schultz bekam nie wirklich die Chance, sich mit dem aktuellen Spielermaterial nach dem grossen Umbruch auszuzeichnen.
Einstimmiger Entscheid
Das sieht Degen, der drei Stunden nach Bekanntgabe der Trennung am Freitagnachmittag vor den Medien einen geknickten Eindruck hinterlässt, etwas differenzierter. Dass er seit Mai 2021, als er beim FCB eingestiegen ist, bereits fünf Trainer «verbraucht» hat, ist nicht das, was er sich unter Kontinuität auf dieser Position vorstellt.
Die Trennung von Schultz sei jedoch kein Schnellschuss gewesen, erklärt Degen. Man habe vieles unternommen, um ihn zu unterstützen, auch an gewissen Schrauben gedreht. Etwa, dass am Donnerstag gegen Luzern Vogel plötzlich auf der Trainerbank Platz genommen hat. Doch gefruchtet hat auch das nicht. «So mussten wir eine Entscheidung treffen.»
Bis um Mitternacht hat der Basler Verwaltungsrat am Donnerstag im Stadion die Trainerfrage diskutiert. Und sich «einstimmig», so Degen, gegen einen Verbleib von Schultz ausgesprochen. Dennoch habe man nochmals eine Nacht darüber schlafen wollen. Am Freitagmorgen habe man sich noch einmal ausgetauscht – ohne dass dies an dieser Einstimmigkeit etwas geändert habe. Und Degen glaubt: «Wäre nur eine Stimme dagegen gewesen, hätten wir in der aktuellen Situation nicht so entschieden.»
Am Freitagmittag wird dem 46-jährigen Ostfriesen folgerichtig die Trennung kommuniziert.
Degen sagt nun in der Medienkonferenz, dass man gespürt habe, dass Schultz den Schlüssel für die Lösung, für den Basler Erfolg auf dem Rasen, nicht (mehr?) in den Händen gehalten habe.
Das erstaunt umso mehr, als man im Frühjahr in aller Ruhe nach einem neuen Trainer Ausschau halten konnte. Als Schultz schliesslich präsentiert wurde, sprach Vogel von einem «perfect match», von einer perfekten Übereinstimmung der Basler Anforderungen mit den Qualitäten des neuen Trainers. Damals sagte der Sportchef: «Nach dem ersten Treffen wusste ich: Schultz und der FCB – das passt.»
Heute klingt es natürlich anders, wenn Vogel über Schultz spricht. Er sagt zum Beispiel: «Man lernt Menschen erst mit der Zeit kennen. Aber ich sage nicht, dass er der Aufgabe nicht gewachsen ist.» Anders gesagt: Die Resultate sind trotz aller schwierigen Umstände das eine. Die Beobachtungen der sportlichen Vorgesetzten rund um Spiele und Trainings sind das andere, das den Glauben an Timo Schultz als richtiger Mann an der Seitenlinie rapide habe schwinden lassen. Und es heisst auch: Man hat sich bei der Trainerwahl grandios vertan.
Nun ist Heiko Vogel schon wieder Trainer des FC Basel, zum dritten Mal insgesamt. Etwas, das vor ihm bei Rotblau keiner geschafft hat. Damit fällt der FCB in alte Muster zurück. «Bis auf weiteres» wird er coachen. Das nächste Mal am Sonntag im Heimspiel gegen Lausanne-Ouchy. Sein Sportchef-Amt muss nun explizit hintenanstehen. Ob er es je wieder bekleidet? Darauf geben weder David Degen noch Heiko Vogel eine schlüssige Antwort.
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