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Pilotprojekt im Asylwesen
Muslimische Seelsorgende sollen Asylzentren sicherer machen

In den Bundesasylzentren – hier das Zentrum in der Stadt Zürich – ist es in jüngster Zeit vermehrt zu Problemen mit renitenten Asylsuchenden gekommen.

Als grossen Erfolg hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) am Montag ein Pilotprojekt präsentiert, bei dem muslimische Seelsorger im vergangenen Jahr in Bundesasylzentren eingesetzt wurden. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt war dieser Einsatz bisher nicht.

2021 waren im Auftrag des SEM fünf islamische Seelsorgende im Einsatz. Sie betreuten Asylsuchende in acht Bundesasylzentren – drei in der Ostschweiz, zwei im Kanton Zürich und drei in der Westschweiz. Ab Anfang Februar kommt ein weiterer Seelsorger im Tessin hinzu. Die Pensen in den anderen drei Regionen sollen zudem aufgestockt werden, wie der zuständige SEM-Mitarbeiter Eric Kaser am Montag ankündigte. Finanziell handle es sich insgesamt um «sehr bescheidene Mittel».

Ein wichtiger Auftrag an die muslimischen Seelsorgenden war es, Konflikte in den Asylzentren zu reduzieren. «Aktuell gefährden renitente Asylsuchende, insbesondere aus Nordafrika, durch ihr Verhalten die öffentliche Sicherheit und Ordnung und stören den ordentlichen Betrieb und die Sicherheit der Bundesasylzentren», schrieb das SEM Anfang 2021. «Der Einsatz von muslimischen Seelsorgenden soll das Verhalten der muslimischen Asylsuchenden generell beruhigen und zu einer Entschärfung der aktuellen Situation beitragen.»

«Weniger Konflikte mit den Maghrebinern»

Tatsächlich konnten die muslimischen Seelsorgenden zu einer Beruhigung beitragen, wie ein Evaluationsbericht des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft (SZIG) der Universität Freiburg zeigt. «Seit (der Seelsorger) hier ist, gibt es sehr viel weniger Konflikte mit den Maghrebinern», zitiert der Bericht einen Sicherheitsbeauftragten aus der Westschweiz. «Die muslimische Seelsorge leistet einen Beitrag zu einem sicheren Zusammenleben», sagt auch Hansjörg Schmid, einer der Verfasser des Berichtes. «Aber das kann nicht ihr einziger Zweck sein.» Wie die schon lange etablierte christliche Seelsorge sollten auch muslimische Seelsorgende für alle persönlichen Probleme der Asylsuchenden ansprechbar sein.

Das SEM sei sich bewusst, dass die Ziele der muslimischen Seelsorge «viel breiter gefasst» werden sollten, sagte Kaser. Vorbild könnten andere staatliche Bereiche sein, in denen muslimische Seelsorge schon eingeführt wurde, etwa in der Armee. Auch dort habe es eine enge Koordination mit den Landeskirchen und anderen Religionsgemeinschaften gegeben, sagte er. «Wir sehen uns in der gleichen Rolle, wir werden versuchen, uns auszutauschen.»

«Kirchliche Partner nicht einbezogen»

Aber gerade bei diesem Austausch hat es nach Ansicht der Landeskirchen und des Verbandes Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen (VSJF) Schwächen gegeben. «Das Pilotprojekt wurde sehr dringlich und kurzfristig ins Leben gerufen», sagt David Zaugg von der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz. «Die kirchlichen Partner und der VSJF wurden nicht einbezogen. Ihr Einverständnis wurde vorausgesetzt.» In Asylzentren habe sich die Kooperation mit christlichen Seelsorgenden dennoch fruchtbar und erfolgreich gestaltet, wie auch die Evaluation gezeigt habe.

Deshalb, so Zaugg, sei es besonders wichtig, den geplanten Prozess zur Einbindung der muslimischen Seelsorge in die bestehenden Strukturen sorgsam und auf Basis einer gemeinsamen Auffassung von Seelsorge eng mit den beteiligten Parteien abzustimmen. Zaugg zufolge hat es bisher noch keinen Austausch auf Leitungsebene zwischen dem SEM, muslimischen Organisationen und den drei Landeskirchen gegeben. Mit einem ersten Gespräch sei jedoch bald zu rechnen.

Schwierige Finanzierung

Problematisch ist auch die Bezahlung der muslimischen Seelsorgenden durch das SEM, dem sie formal unterstellt sind – dadurch könnte ihre Unabhängigkeit infrage gestellt werden, meinen Experten. Bisher hat das dem Ansehen der Seelsorgenden unter Asylsuchenden offenbar nicht geschadet. «Aber wenn dies ein dauerhafter Versuch wird, kann das SEM nicht der Arbeitgeber bleiben», sagte Schmid. Stattdessen sollte eine islamische Religionsgemeinschaft diese Rolle übernehmen.

Die Finanzierung muslimischer Seelsorge war in den letzten Jahren immer prekär und die Frage, wie stark der Bund mitwirken würde, offen. Im Kanton Bern haben die Kirchen seit einigen Monaten auf eigene Kosten einen islamischen Seelsorger für Asylzentren eingestellt. Nachdem ein erstes SEM-Pilotprojekt im Kanton Zürich 2017 ausgelaufen war, übernahm der Kanton die Verantwortung und führte es zusammen mit muslimischen Organisationen weiter.

Eine frühere Version des Artikels behauptete, dass auch die jüdischen Gemeinden in Bern an der Finanzierung des islamischen Seelsorgers beteiligt seien. Das trifft nicht zu.