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Meinung

Analyse zum Doppelmord in Sitten
Es darf nach dieser Bluttat nicht bei Anteilnahme bleiben

The Police is standing on a closed road in Sion, Switzerland, Monday, December 11, 2023. According to the police of the canton of Valais. An individual fired several shots in Sion on Monday morning, at two separate locations. Two people died and another was injured. An individual fired several shots in Sion on Monday morning, at two separate locations. Two people died and another was injured. (KEYSTONE/Louis Dasselborne)
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Der Täter von Sitten ist verhaftet. Am Montag hatte er eine 34-jährige Frau und einen 41-jährigen Mann erschossen und zwei weitere Menschen verletzt. Die strafrechtliche Aufarbeitung läuft. Für Oberstaatsanwalt Olivier Elsig war es Mord. Das bedeutet: Der Staatsanwaltschaft liegen genügend Elemente vor, die darauf hinweisen, dass der 36-jährige geständige Täter alles minutiös geplant und kaltblütig vollstreckt hat. Doch mit der Strafuntersuchung, der Anklageerhebung und einem Strafprozess, womöglich schon im nächsten Jahr, ist es im vorliegenden Fall nicht getan.

Wenn die Tat minutiös geplant war, müssen sich die Walliser Behörden kritische Fragen stellen: Hätte man die zwei Morde verhindern können? Waren die Behörden allenfalls zu passiv? Haben sie Warnsignale ignoriert und den Täter gewähren lassen?

Eskalation vor Augen der Justiz

Die Bluttat von Sitten ist die Eskalation einer Situation, die den Behörden zumindest in Teilen bekannt war. Wegen Streitereien mit seinem Umfeld hat der Täter in den letzten Jahren wiederholt die Justiz eingeschaltet. Es gab aber auch Strafanzeigen gegen ihn, samt einer Verurteilung vor eineinhalb Jahren. Strafrechtlich ging es dabei um kleinere Delikte wie Beschimpfungen, Drohungen, Ehrverletzungen und unerlaubte Aufnahmen. 2017 wurde der Täter verurteilt, weil er den Militärdienst verweigert hatte.

Bei der Aufarbeitung muss vor allem eine Frage im Zentrum stehen: Warum hatte dieser Mann das Recht, zwei Waffen zu besitzen? Hätte sein problematisches Verhalten nicht zwingend dazu führen müssen, dass die Behörden den Waffenbesitz infrage stellten?

Diese Fragen muss nicht zwingend nur die Staatsanwaltschaft in ihrer Strafuntersuchung beantworten. Im Interesse der Allgemeinheit muss sich auch die Politik für den Fall interessieren. Der Walliser Polizeikommandant Christian Varone sagte am Montag einzig, für die Polizei sei der Mann kein Gefährder gewesen. Demnach war er auch nicht überwacht worden.

Facebook-Einträge gelöscht

Auf seinem mittlerweile gelöschten Facebook-Profil gab es Einträge, die auf psychische Probleme hinweisen. Er schrieb: «Ich nehme es zur Kenntnis, ich beobachte, ich sage nichts, aber eines Tages darf man sich nicht wundern, wenn man mich nicht mehr erkennt.» Und: «Wenn du nett bist im Leben, tendieren die Leute dazu, zu glauben, dass du schwach bist. Aber sie wissen nicht, dass du ein Löwe bist, nur scheinbar friedlich.»

Amoktaten samt mehrstündiger Flucht, wie sie das Wallis am Montag erlebt hat, kennt man sonst eher aus den Nachbarländern Frankreich und Deutschland. In der Schweiz sind solche Vorkommnisse zum Glück extrem selten. Der Vorfall hat die Bevölkerung weit über das Wallis hinaus in Angst und Schrecken versetzt. Während die Walliser Polizei auf ihrem Kantonsgebiet nach dem Täter fahndete, unter Hochdruck diverse Hausdurchsuchungen durchführte, die Bevölkerung vor dem extrem gefährlichen Täter warnte und sie gleichzeitig per Fahndungsaufruf in die Suche einbezog, patrouillierten in Lausanne zum Schutz des Weihnachtsmarkts präventiv schwer bewaffnete Polizistinnen und Polizisten. 

Sittens Stadtregierung kondolierte noch am Montag in einem Communiqué den Familien der Verstorbenen. Auch bedankte sie sich bei der Polizei für den Einsatz und bei der Bevölkerung für die Kooperation. Dank und Anteilnahme sind natürlich angebracht. Aber dabei darf es nach dieser Bluttat nicht bleiben.