Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Fehlentscheide am Laufmeter
Ist das der schlechteste Schiedsrichter der Welt?

TORONTO, ON - JUNE 27: Manager John Gibbons #5 of the Toronto Blue Jays argues a call with home plate umpire Angel Hernandez #55 in the ninth inning during MLB game action against the Baltimore Orioles at Rogers Centre on June 27, 2017 in Toronto, Canada. (Photo by Tom Szczerbowski/Getty Images)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Da, ein Fehler! Und noch einer. Fehler. Fehler. Schon wieder. Alles falsch, gefühlt jedenfalls.

Die sozialen Medien können grausam sein, das ist keine neue Erkenntnis. Aber eben auch unterhaltsam. So verhält es sich mit Videos von und mit Angel Hernandez.

Der gebürtige Kubaner ist 62 und seit vielen, vielen Jahren Schiedsrichter in der höchsten US-amerikanischen Baseballliga MLB. Seit vielen, vielen Jahren wird er auch kritisiert wie kein anderer seiner Kollegen. Mit seinen Entscheiden erzürnt er regelmässig Spieler, Trainer und Fans und treibt manchmal sogar TV-Kommentatoren in den Wahnsinn, die zu Neutralität und Zurückhaltung aufgefordert sind. «Willst du mich eigentlich verarschen?», rief einmal einer entnervt ins Mikrofon.

Bis zu 150 Einsätze in einer Saison

Baseball ist grundsätzlich ein einfaches Spiel, wie noch viele Sportarten. Ein Spieler, der Pitcher, wirft den Ball und versucht, dem Schlagmann des gegnerischen Teams keine Chance zu geben, den Ball zu treffen. Trifft dieser aber den Ball und fliegt der dann weit genug und an den richtigen Ort, dann darf der Schlagmann rennen. Schafft er es einmal rundherum (auch mit der Hilfe seiner Teamkollegen, die nach ihm dran sind mit Schlagen), gibt es einen Punkt.

Der Teufel steckt allerdings im Detail, und natürlich hat Baseball seine Eigenheiten, die fürs ungeübte Auge schwerer zu durchschauen sind. Aber dazu sind ja Schiedsrichter da. Im US-Baseball können diese im Laufe ihrer Karriere viel Erfahrung sammeln, in keinem anderen Sport und in keiner Liga der Welt wird so oft gespielt. 162 Partien bestreitet jedes Team pro Saison. Das sind 2430 Spiele insgesamt. Schiedsrichter wie Angel Hernandez absolvieren zwischen 135 und 150.

Hernandez wird oft hinter der Homeplate eingesetzt. Seine Aufgabe ist es, zu beurteilen, ob der Wurf eines Pitchers die «Strike Zone» getroffen hat. Ob es also, Achtung Fachjargon, einen «Strike» gegen den Schlagmann oder einen «Ball» gegen den Werfer gegeben hat. Hier entscheiden Millisekunden, die Bälle können bis 160 km/h schnell sein.

Der TV-Zuschauer hat mehr Hilfe als der Schiedsrichter

Was Hernandez zum meistgescholtenen Mann in der gesamten Liga macht: Er hat das Faible, diese Entscheide regelmässig zu verpatzen. Blöderweise liegt er dann jeweils nicht ein bisschen daneben, sondern meist gleich zu 100 Prozent, es gibt nur wenig Spielraum. Und blöderweise wird die «Strike Zone» im Fernsehen virtuell eingeblendet, jeder Fehler ist sofort zu erkennen. Der Schiedsrichter hingegen muss sich auf sein schnelles Auge verlassen.

Erzürnte Fans stellen deshalb nach den Spielen regelmässig Videos mit zahlreichen Würfen ins Internet, darin folgt ein Fehlentscheid dem nächsten. Besonders schlimm war Hernandez’ Leistung in einem Spiel der New York Yankees im vergangenen Herbst. Die Statistik zählte 15 Fehlentscheide. Einmal lag Hernandez satte 15,2 Zentimeter daneben.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Seit wenigen Wochen läuft die neue Saison, und Hernandez ist nach einer mehrmonatigen Verletzungspause auch dieses Jahr wieder dabei. Seine Form ist aber nicht viel besser, wie die ersten Lowlight-Videos zeigen, die seit dem Saisonstart in noch höherer Kadenz auf Portalen wie Instagram oder Youtube aufpoppen.

«Der berüchtigtste Schiedsrichter ist zurück, und die Leute verlieren ihren Verstand», titelte kürzlich das «Wall Street Journal» und zeichnete ein höchst unvorteilhaftes Bild des Kritisierten: «Seine Neigung, sich mit erschreckender Häufigkeit in alarmierende Situationen zu bringen, ist bizarr.»

Hinzu kommt bei Baseball-Schiedsrichtern, dass sie oft selbstherrlich wirken und ihre Entscheide teilweise willkürlich. Erst kürzlich verwies eine Umpire den Yankees-Trainer des Spielfeldes, weil er dachte, dieser habe ihn aus der Ferne beleidigt. Dabei war es ein Fan, der direkt hinter ihm sass. «Ist mir egal», blaffte der Schiedsrichter zurück, als er darauf hingewiesen wurde. TV-Mikrofone entlarvten den Fehlentscheid.

Im Fall von Angel Hernandez stellt sich die Major League Baseball schützend hinter ihn. Besonders dankbar zeigte er sich dafür übrigens nicht. Schon zweimal, 2017 und 2021, hat er Klage gegen die Liga eingereicht. Weil er letztmals 2005 ein Spiel der World Series – so heisst der Final der MLB – leiten durfte, vermutet er, der gebürtige Kubaner, rassistisch motivierte Diskriminierung.

Dass es an der Leistung liegen könnte, kam ihm wohl nicht in den Sinn.