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Auf und Ab an Olympia
Sie haben begeistert und masslos enttäuscht – die Schweizer in Peking

Verrückter Kerl, verrückte Geschichte: Ryan Regez, Olympiasieger im Skicross. 
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Sind wir die beste Skination der Welt?

Ja. Zumindest ist die Schweiz die erfolgreichste Nation dieser Spiele bei den Alpinen. 9 zu den insgesamt 14 Medaillen tragen die Sportler dieser Sparte bei, davon glänzen 5 in Gold. Corinne Suter, Beat Feuz, Lara Gut-Behrami, Marco Odermatt und Michelle Gisin sind dafür verantwortlich, dass das Schweizer Team alle in den Schatten stellt – zum ersten Mal seit Calgary 1988.

Die Krönung einer ungewöhnlichen Karriere: Beat Feuz küsst Abfahrtsgold. 

Auch Österreich, das sich mit Rang 2 begnügen muss. Die Bilanz des Nachbarn hübscht der Triumph zum Abschluss im Team-Event auf, sieben Medaillen werden es bei den Alpinen, drei goldene. Darüber hinwegtrösten dürfte die Österreicher, dass sie die Schweiz im Ski-Weltcup nach zwei Jahren wieder an der Spitze des Nationencups ablösen könnten. Komfortable 734 Punkte Vorsprung hat der Nachbar – dank der Frauen, die 632 Zähler mehr gewonnen haben als die Schweizerinnen.

Hat die Schweiz die Erwartungen erfüllt?

15 angesagt, 14 gemacht, Differenz 1. So lautet die Rechnung der Schweizer Delegation in der Jass-Sprache. Es war ein hohes Ziel, das Swiss Olympic ausgab – angelehnt an die Ausbeute der Spiele von 2018 in Pyeongchang. Nun belegt die Schweiz wie damals Rang 8 im Medaillenspiegel. Deshalb fällt das Fazit von Ralph Stöckli, dem Chef de Mission, positiv aus. Was er besonders hervorstreicht: Die Schweizer Athletinnen und Athleten holen auch 34 Diplome – so viele wie noch nie. «Wir dürfen stolz sein, das waren tolle Leistungen, dem Schweizer Wintersport geht es gut», hält Stöckli fest.

Was sich nicht wegdiskutieren lässt: die Abhängigkeit von den Alpinen. «Historisch bedingt», entgegnet Stöckli und zieht den Vergleich zu Calgary 1988. Damals aber gab es auch Gold für den Vierer-Bob. Während Jahrzehnten eine Bastion der Schweiz, bleiben die Bobfahrer nun in dieser Sparte schon das zweite Mal de suite ohne olympisches Edelmetall. Stöckli sagt: «Wir müssen schauen, dass wir den Anschluss an die Weltspitze nicht verlieren.»

Wer war das starke Geschlecht?

Hoch die Gläser: Mathilde Gremaud (Mitte) kehrt mit Gold im Ski Slopestyle und Bronze im Big Air zurück nach La Roche im Greyerzerland. 

Was wäre die Schweizer Delegation ohne Frauenpower? 9 von 14 Medaillen steuern Mathilde Gremaud und ihre Kolleginnen bei, 4 von 7 goldenen gehen auf das Konto der Frauen. Für Ralph Stöckli ist das keine Überraschung. Er verweist darauf, dass in der Schweiz Sportlerinnen und Sportler seit vielen Jahren gleichwertig gefördert werden. Das betrifft beispielsweise nicht nur die finanzielle Unterstützung, sondern auch den Zugang zur Spitzensport-Förderung der Armee.

Wo wurde das Potenzial nicht ausgeschöpft?

Es ist zum Haareraufen: Souverän in der Vorrunde, scheitern die Curlerinnen um Alina Pätz (links) und Silvana Tirinzoni, als es um die Medaillen geht. 

Auf Eis sind die Schweizer an diesen Spielen nicht allzu sicher unterwegs. Keine einzige Medaille wird auf der harten Unterlage gewonnen. Ob im Eiskanal der Bob- und Skeleton-Fahrerinnen, ob auf dem Feld der Eishockeyaner oder im Curling-Rink – überall sind andere besser. Am meisten hat sich die Schweiz im Curling ausgerechnet. Für das Mixed-Team von Jenny Perret und Martin Rios, in Pyeongchang noch Silbermedaillen-Gewinner, ist früh Schluss. Ebenso für die Dritten von 2018, die Männer um Skip Peter de Cruz.

Die Frauen allerdings, die als zweifache Weltmeisterinnen zum engsten Favoritenkreis zählen, dominieren die Vorrunde. Doch dann verlieren sie erst den Halbfinal und dann auch das Bronze-Spiel gegen Schweden. Rang 4 resultiert ebenso für die Eishockey-Frauen und den Zweierbob der Männer. Es ist also durchaus auch etwas Pech im Spiel. Unter den Erwartungen bleiben die Eishockeyaner, die nur ein Spiel gewinnen, die alpinen Snowboarder, die sonst meist reüssierten, und die Biathletinnen und Biathleten, die einzig im Mixed-Wettkampf mit Rang 8 ein Diplom holen. Vor vier Jahren gab es noch deren sechs.

Bange Momente im Teamsprint der Frauen: 
Irene Cadurisch bricht zusammen, überhaupt läuft es den Biathletinnen und Biathleten gar nicht in Peking.

Wer ist der Star der Schweizer Delegation?

Es gibt nicht einen, es gibt mehrere Stars. Beat Feuz krönt seine aussergewöhnliche Karriere mit Gold in der Abfahrt, nach einem – für seine Verhältnisse – schwierigen Start in den Winter, mit dem ersten Ausfall in einer Abfahrt seit fast fünf Jahren, mit Schmerzen in seinem lädierten Knie. Lara Gut-Behrami versöhnt sich endgültig mit Grossanlässen, ist jetzt nicht nur Doppelweltmeisterin, sondern auch Olympiasiegerin im Super-G. Marco Odermatt beweist seine mentale Stärke, gewinnt nach seinem Aus im Super-G als Topfavorit Gold im Riesenslalom. Mathilde Gremaud stürzt beim Saisonstart zweimal auf den Kopf, muss in einer Klinik für Gehirnerschütterungen behandelt werden – und holt im Freeski Gold im Slopestyle und Bronze im Big Air. Michelle Gisin legte im Sommer das Pfeiffer’sche Drüsenfieber lahm, nun verteidigt sie den Titel in der Kombination und gewinnt Bronze im Super-G. Corinne Suter bringt es wieder auf den Punkt hin, gewinnt Abfahrtsgold. Ryan Regez, im Vorjahr an Corona erkrankt, den Arm gebrochen, startet äusserst schlecht in die Saison – und holt Gold im Skicross.

Und die Pechvögel?

Auch in dieser Kategorie ist die Liste länger: Natürlich gehört Fanny Smith dazu. Die Skicrosserin wird wegen eines angeblich absichtlichen Kontakts mit einer Gegnerin von Rang 3 auf 4 zurückversetzt, was die Schweizer Verantwortlichen zum Fluchen bringt. Mittlerweile hat Swiss-Ski gegen diesen Jury-Entscheid Rekurs bei der Disziplinarkommission der FIS eingereicht. Oder Dario Simion: Der Eishockeyspieler muss sich wegen eines positiven Corona-Tests unmittelbar vor der Eröffnungsfeier in Isolation begeben. Als er diese verlassen darf, reicht es gerade noch für einen Einsatz im Viertelfinal – der mit 1:5 verloren geht.

Für andere bleibt Peking 2022 schlicht in schmerzhafter Erinnerung. Kim Gubser verpasst den Slopestyle-Final wegen einer Beinverletzung. Yannick Chabloz stürzt in der Kombinations-Abfahrt so schwer, dass er sich unter anderem einen offenen Handgelenksbruch zuzieht, dazu weitere Frakturen an der Hand und am Schulterblatt.

Sind wir eine Winter- oder eine Sommersport-Nation?

Es war so etwas wie ein kleines Sportwunder, das sich in Tokio im vergangenen Sommer abspielte. Plötzlich machte sich die Schweiz einen Namen in Sommersportarten. Angeführt von den Mountainbikerinnen und -bikern, den Schwimmerinnen und Schwimmern, einer treffsicheren Schützin Nina Christen oder Tennisspielerin Belinda Bencic, eroberte die Delegation 13 Medaillen – so viele wie seit 70 Jahren nicht mehr. Zudem stand keiner der Medaillengewinner zuvor auf einem Olympia-Podest – alle haben gute Aussichten.

Doch die Schweizer befanden sich in Tokio auf einem Höhenflug, vielleicht einem einmaligen. Das zeigt alleine die Vorgabe, die Chef de Mission Ralph Stöckli ausgerufen hatte: «7 plus» lautete diese. Sie wurde bei weitem übertroffen. Während die «15 plus» in Peking haarscharf verpasst wurden. Die Schweiz dürfte wohl vornehmlich eine Wintersport-Nation bleiben.

Wer war am längsten in Peking?

Vom 27. Januar bis zum 21. Februar weilen Livio und Nadja Wenger in Peking. Der Grund liegt im suboptimalen Wettkampfkalender der Eisschnellläufer. Livio Wenger startet am ersten Olympia-Wochenende über 5000 Meter und muss sich dann bis zum zweitletzten Wettkampftag gedulden, ehe er wie seine Schwester im Massenstart antreten kann. 26 Tage in China verbringt auch Patrizia Kummer. Die ungeimpfte Snowboarderin reist bereits vor den anderen Athletinnen und Athleten an, um sich in die 21-tägige Quarantäne zu begeben.

Hängt noch eine Athletin in der Olympia-Blase fest?

Nein. Alle Schweizer Athletinnen und Betreuer können die Heimreise wie geplant antreten. Insgesamt hatte Swiss Olympic nur 6 Fälle zu beklagen, was für die Schutzmassnahmen vor Ort spricht. Mit dem Virus infiziert haben sich Lisa Rüedi, Denis Malgin und Dario Simion (alle Eishockey), Snowboarder Nicolas Huber sowie zwei Trainer.

Welche Rücktritte stehen an?

Ein letztes Mal olympisches Leiden: Dario Cologna nach dem Massenstartrennen, in dem er 14. wird. 

Im Langlauf kommt es zum Umbruch: Vierfach-Olympiasieger Dario Cologna hört Ende Saison ebenso auf wie Sprinterin Laurien van der Graaff. Mit Jovian Hediger tritt auch der Leader des Sprint-Teams zurück. Im Biathlon zieht Pionierin Selina Gasparin einen Schlussstrich, 2014 holte sie in Sotschi die bisher einzige Schweizer Medaille in dieser Sportart. Auch Benjamin Weger, der mit Abstand stärkste Schweizer in der Geschichte, hegt Rücktrittsgedanken.

Snowboarder Nevin Galmarini, vor vier Jahren Olympiasieger im Parallel-Riesenslalom, hängt – wenn überhaupt – noch einen letzten Winter an. Lara Gut-Behrami meinte schon vor zwei Monaten, sie habe Besseres zu tun, als bis 2026 weiterzufahren. Ein Rücktritt schon in diesem Jahr aber würde überraschen. Zu einem Umbruch wird es im Eishockey-Nationalteam der Frauen kommen. Und ja, da wäre noch Simon Ammann …

Was macht jetzt eigentlich Simon Ammann?

Es sind die siebten Olympischen Spiele des Toggenburgers, zweimal wird er 25. Ammann springt im Rahmen der Erwartungen, viel mehr kann er nur schon wegen seiner Defizite bei der Landung kaum mehr leisten. Die Skiflug-WM Mitte März will er noch bestreiten. Aber dann?

Im Interview mit dem Schweizer Fernsehen wird seine innere Zerrissenheit beim Thema Rücktritt deutlich. «Ich habe vielleicht etwas Angst, es zu akzeptieren», antwortet er auf die Frage, ob sein Karriereende bevorstehe. «Wenn ich den Skispringer in eine Ecke stelle, kommt er wieder hervor, sobald ich eine Schanze sehe.» Ammann meint, eine Probezeit könnte hilfreich sein. «Ich würde dann einfach eine Weile nicht springen und schauen, wie es sich anfühlt.» Langweilig werden dürfte es dem 40-Jährigen kaum: Er wolle das Haus umbauen, das Studium vorantreiben. Und natürlich Zeit mit der Familie verbringen.

Wo finden die nächsten Winterspiele statt?

20 Jahre nach den Spielen in Turin kehrt das Sportspektakel auf Eis und Schnee im Februar 2026 nach Italien und in eine europäische Wintersportregion zurück. Mailand und Cortina d’Ampezzo setzten sich gegen die Bewerbung von Stockholm und Are durch, das Budget beläuft sich auf rund 1,4 Milliarden Euro. Die geplante Kandidatur von Sion wurde hinfällig, nachdem sich 53 Prozent der Stimmenden an der Urne im Kanton Wallis gegen eine finanzielle Unterstützung ausgesprochen hatten.

Die Eröffnungsfeier wird in vier Jahren im Giuseppe-Meazza-Stadion stattfinden, der Heimstätte von Inter und Milan. Die Männer-Abfahrt soll auf der höchst anspruchsvollen Stelvio-Piste in Bormio ausgetragen werden. Neu ins olympische Programm aufgenommen wird Skibergsteigen. Eine Disziplin auf Schnee. Es kann nur gut sein für die Schweiz.

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