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Bronze für Heidrich/Vergé-Dépré
Zuerst den Shitstorm überstanden, dann die Medaille geholt

Mit voller Kontrolle zur historischen Bronzemedaille: Joana Heidrich (bei der Annahme) und Anouk Vergé-Dépré. 
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«Es isch nonig verbi.» Joana Heidrichs Ansage beim kurzen Unterbruch war sinnbildlich. Nur nicht jetzt noch nachlassen, jetzt, wo gegen die Lettinnen Dina Graudina/Anastasia Kravcenoka noch sieben Punkte bis zum Erreichen des grossen Ziels fehlten. Eineinhalb Sätze hatten die beiden Schweizerinnen sehr gut gespielt, seit dem 0:2 am Anfang waren sie nie mehr im Rückstand gewesen. 14:7 stand es nun.

Dass Heidrich kurzzeitig das Kommando übernahm, zeigte den Unterschied zum Vortag. Dort war ihr bei der deutlichen Niederlage gegen die Amerikanerinnen sehr vieles missraten. 24 Stunden später war sie aber voll im Spiel und positiv, und das sollte bis zum Schluss so bleiben: Die Schweizerinnen kamen bei 20:12 zu acht Matchbällen, den vierten konnten sie nutzen. 44 Minuten waren gespielt, 21:19, 21:15 lautete das Skore.

«Im Halbfinal war nicht viel gelaufen für uns», bilanzierte Vergé-Dépré, «wir haben es dann aber schnell abgehakt, und das ging leichter, weil wir so klar verloren hatten.» Heidrich fasste die Stunden nach dem verlorenen Halbfinal so zusammen: «Aufstehen, Krone richten, und von Neuem drauf los.»

Und so waren im kleinen Final wieder jene Tugenden zu sehen, welche die Schweizerinnen in diesem Turnier fast immer auszeichneten. Sie nahmen kontrolliertes Risiko, machten weniger Eigenfehler und waren gerade beim Sideout sehr konsequent. Zudem punkteten beide aus unterschiedlichsten Positionen - die Grenzen verwischten zwischen Blockspielerin Heidrich und Defensivspezialistin Vergé-Dépré. Dieser gelangen im zweiten Satz beispielsweise zwei entscheidende Blocks, auch den Matchball versenkte sie am Netz.

Die Erleichterung bei den Siegerinnen war riesig. «Wir haben so vieles erlebt zusammen, nicht nur Einfaches», sagte die Zürcherin Heidrich, «wir sind aber immer zurückgekommen und haben allen in den letzten drei Wochen gezeigt, was in uns steckt.»

Die Schweizerinnen hatten ihre Fans dabei auf eine Achterbahnfahrt der Emotionen mitgenommen. Nach Platz 2 in der Vorrundengruppe folgte im Achtelfinal das nationale Gipfeltreffen gegen Nina Betschart/Tanja Hüberli, welches Heidrich/Vergé-Dépré schliesslich mit ihrem fünften Matchball für sich entschieden – nachdem sie selber vier gegnerische Siegpunkte abgewehrt hatten. Beflügelt, bezwangen sie im Viertelfinal die Brasilianerinnen Ana Patricia/Rebecca, ehe im Halbfinal gegen die US-Frauen April Ross/Alix Klineman ein Rückschlag erfolgte.

Sie habe noch nicht ganz realisiert, was sie nun erreicht hätten, gab die Bernerin Vergé-Dépré zu. Tatsächlich hat die Medaille historischen Charakter - es ist die erste Beachvolleyball-Medaille eines Schweizer Frauenpaars überhaupt, noch nie war ein Duo in die Halbfinals vorgestossen. Das bisher einzige Edelmetall: 2004 gewannen Patrick Heuscher/Stefan Kobel in Athen ebenfalls Bronze.

Psychologische Qualitäten waren gefragt

Dass die Weltranglisten-Vierten die Partie so souverän abspulten, als ob es eine normale Vorrundenpartie auf der World Tour wäre, war keinesfalls selbstverständlich. In den letzten Tagen war der Druck gross gewesen, vor allem die emotionale Art von Heidrich auf dem Court hatte viel Kritik hervorgerufen, konkret ihre manchmal übertriebenen Jubelschreie. In Brasilien sprach man den Schweizerinnen auf den sozialen Medien flugs eine «Goldmedaille für Arroganz» zu.

So unantastbar Heidrich auf dem Platz auch wirkt, kalt gelassen haben sie diese Voten nicht: «Ich habe die Schattenseiten kennen gelernt, im Kopf war das eine grosse Herausforderung.» Ihrer Partnerin windet sie ein Kränzchen: «Anouk hat mir gesagt, sie wolle mich auf dem Platz auch weiterhin so emotional, wie ich normalerweise bin.» Auf dem Platz teile sie gerne aus, gestand Heidrich im TV-Interview, daneben sei sie das Sensibelchen der beiden.

Respektlos sei Heidrichs Verhalten, wurde mehrfach moniert. Vergé-Dépré sieht dies ganz anders: «Wir haben für alle Spielerinnen Respekt. Es ist auf dem Court ein Spiel, so wie im Eishockey Checks verteilt werden, und nach dem Spiel kann man sich umarmen. Auf dem Platz muss man sich aber gerade ohne Zuschauer die Energie selber geben.»

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