Tier des JahresMit der Maske durch die Nacht
Pro Natura hat den Gartenschläfer zum Tier des Jahres 2022 ernannt – ein Hinweis auf die Bedeutung wilder Wälder und strukturreicher Kulturlandschaften.
Man sieht ihn selten, in der Dämmerung oder nachts. Der Gartenschläfer ist nachtaktiv, er verbringt den Tag in seinem Nest und wagt sich erst nach Sonnenuntergang nach draussen. Und nur im Sommer. Denn die Monate von November bis April verbringen die Tiere schlafend in einem dick gepolsterten Kugelnest in Felsspalten, Baumhöhlen oder Nistkästen.
Pro Natura hat den Gartenschläfer (Eliomys quercinus) zum Tier des Jahres 2022 ernannt. Der Name ist allerdings etwas missverständlich: Die kleinen mausähnlichen Tiere sind selten in Gärten zu finden. Ihr Lebensraum sind vielseitige Mischwälder, in denen es auch Gestrüpp, Felsen, Wiesen und Totholz gibt, meist in Lagen über 800 Meter. Am weitesten verbreitet sind sie ab einer Höhe von etwa 1400 Metern, in der Schweiz also weniger im Mittelland als in den Alpen. Aber auch in Kulturlandschaften, die ihren Ansprüchen entsprechen, können Gartenschläfer sich ansiedeln.
Sowohl derartige Wälder als auch naturnahe Gärten und strukturreiche landwirtschaftliche Flächen etwa mit Hecken sind in der Schweiz seltener geworden. Mit der Ernennung des Gartenschläfers zum Tier des Jahres will Pro Natura auf die Bedeutung solcher Zonen hinweisen. Denn auch der Gartenschläfer wird immer seltener. Früher waren die Tiere mit Ausnahme von Grossbritannien in ganz Europa verbreitet. Inzwischen sind sie im Osten und Norden Europas kaum noch anzutreffen, am häufigsten anzutreffen sind sie noch im Süden, etwa in Portugal, Spanien und Italien. Die Art gilt noch nicht als akut bedroht, ist in der Schweiz aber geschützt.
Konkurrenz durch Siebenschläfer
Anders als ihre grösseren Verwandten, die Siebenschläfer, sind Gartenschläfer allerdings weniger oft in Garten- oder Ferienhäusern oder in Schuppen anzutreffen. Immer wieder werden sie aus besonders attraktiven Gebieten durch Siebenschläfer verdrängt, müssen sich also etwa in Wälder zurückziehen, die stärker von Nadelbäumen geprägt sind.
Von den Siebenschläfern unterscheidet die Gartenschläfer nicht nur die geringere Grösse. Charakteristisch ist die viel deutlichere Zeichnung: die schwarze Augenmaske, der weisse Unterleib, der bräunliche Rücken, der lange Schwanz mit einer Quaste an der Spitze. Damit ist der Gartenschläfer auch gut zu unterscheiden von den anderen Mitgliedern der Familie der Bilche oder Schlafmäuse, die in der Schweiz vorkommen: den Baumschläfern und den Haselmäusen.
Die «Karawane» der Jungtiere
Das aktive Leben der Gartenschläfer konzentriert sich auf die wenigen Frühling- und Sommermonate. Kurz nach dem Winterschlaf beginnt die Zeit der Paarung. Da kann es auch mal laut werden: Nachts können die charakteristischen Laute der kleinen Nager – Grunzen, Knarren, Keckern, Pfeifen – deutlich zu hören sein. Der Wurf von vier bis sechs Jungen verlässt nach etwa 30 Tagen im Juni oder Juli das Nest. Wenn sie dann die Umgebung auskundschaften, hängen sich die Jungtiere an die Mutter, indem sie eine «Karawane» bilden: Sie beissen sich im Rückenfell des Vorgängers fest. Sobald es kühler wird, bereiten sich die Tiere auf den Winterschlaf vor. Die ausgewachsenen Gartenschläfer verbringen den Schlaf allein, die Jungtiere in der Gruppe. Dabei überlebt nur etwa die Hälfte der Jungen den Winter.
Gartenschläfer fressen vor allem Insekten und Kleintiere, etwa Schnecken und Nestlinge von Vögeln. Auch Früchte lassen sie sich schmecken, sind unter Apfelbäumen anzutreffen oder in Brombeersträuchern. Als gute Kletterer gehen sie auch an Vogelhäuschen und Meisenkugeln. Feinde der Gartenschläfer sind Eulen, aber auch Füchse, Marder und Katzen. Wenn sie in Gefahr sind, können sie sogar den Schwanz abwerfen.
Wie weitverbreitet Gartenschläfer tatsächlich sind, ist unklar. Deshalb rufen Pro Natura und andere Schutzorganisationen dazu auf, Beobachtungen von Gartenschläfern zu melden.
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