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Menschenhandel-Prozess in Genf
Hinduja-Clan versucht vergeblich, seine Richter abzusetzen

Yael Hayat (left) and Robert Assael (right) lawyers of the accused, arrive at the court house with their clients Ajay Hinduja (2nd right) and his wife Namrata (2nd left) of Indian billionaire family Hinduja charged with human traficking and usury, on the opening day of their trial in Geneva, Switzerland, Monday, January 15th, 2024. (KEYSTONE/Valentin Flauraud)
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Menschenhandel, Wucher und Verletzungen des Ausländergesetzes: Die Genfer Staatsanwaltschaft wirft der indischen Milliardärsfamilie Hinduja vor, ihr Hauspersonal in ihrem Anwesen im Genfer Nobelvorort Cologny jahrelang physisch und finanziell ausgebeutet zu haben. Auf der Anklagebank sitzen Prakash und Kamal Hinduja sowie deren Sohn und Schwiegertochter.

Die Familie wies die Vorwürfe schon während der Strafuntersuchung zurück. Vater Prakash Hinduja soll gemäss einem Einvernahmeprotokoll gesagt haben, man sei «sehr nett mit den Angestellten». Man kaufe ihnen Kleider, zahle Versicherungen, finanziere die Unterbringung und die Nahrungsmittel. (Diese Redaktion hat darüber berichtet.)

Noch sind die Eltern als Hauptangeschuldigte in Genf aber nicht vor Gericht erschienen. Sie liessen sich von Dubai aus entschuldigen und machten medizinische Gründe dafür geltend. Also wurden Verhandlungstermine in den letzten Wochen und Monaten immer wieder verschoben. Dennoch wurde der Prozess formell eröffnet und vorprozessuale Fragen verhandelt, aber wegen der Abwesenheiten keine richterlichen Befragungen durchgeführt. Das Gericht ist nun aber gewillt, den Strafprozess auch im Fall einer erneuten Abwesenheit des Milliardärspaars durchzuführen. Spätestens im Juni soll es so weit sein.

Vorwurf der Lüge

Doch ginge es nach dem Willen des Hinduja-Clans, sollte es auch im Juni keinen Strafprozess geben. Schon gar nicht mit den drei von der Genfer Justiz abgestellten Richtern. Die vier Angeschuldigten verlangten schon vor den Genfer Instanzen die Absetzung der Richter. Statt sich selbst in einem Strafprozess verantworten zu müssen, versuchen sie, den Richtern den Prozess zu machen. Weil sie mit ihrer Strategie in Genf scheiterten, zogen sie bis vor das Bundesgericht, das in einem am Mittwoch publizierten Urteil letztinstanzlich entschieden hat.

Die indischen Milliardäre haben insbesondere bei der Gerichtspräsidentin Befangenheit im Fokus. Richterin Sabina Mascotto habe über den Justizsprecher im September 2023 einem Journalisten geantwortet, der Strafprozess finde zu einem späteren Zeitpunkt statt. Als die Hinduja-Anwälte aufgrund der Info im Artikel des Journalisten beim Gericht intervenierten, habe dieses dann aber mitgeteilt, man habe keinerlei Informationen weitergegeben, weder direkt noch indirekt.

Die Hinduja-Familie und ihre Anwälte werfen dem Gericht nun vor, sie «krass wahrheitswidrig» informiert, sie also belogen zu haben. Nach Einreichung der Klage habe man ihnen zudem das rechtliche Gehör verweigert. Vielmehr hätten die Richter «innerhalb der Justiz ein Paralleldossier erstellt». Deren Integrität und Unabhängigkeit seien damit nicht mehr gegeben.

Kein Indiz, keine Beweise

Dafür fehlen dem Bundesgericht nun aber schlicht die Beweise. Die Kläger hätten «kein Indiz geliefert, dass die Genfer Richter ein Paralleldossier erstellten», heisst es im am Mittwoch publizierten Urteil. Die Eindrücke fehlender Unabhängigkeit im vorliegenden Fall seien «rein individuell» und «nicht entscheidend». Nur die Aussagen einer Magistratsperson in einem Wortprotokoll «müssen objektiv beurteilt werden».

Hingegen «reichen ungeschickte oder deplatzierte Aussagen im Prinzip nicht, um daraus zu schliessen, dass sich ein Magistrat etwas zuschulden kommen liess». Einen akkreditierten Journalisten über einen Pressesprecher über Prozessdaten zu informieren, sei «überhaupt keine Verletzung» richterlicher Pflichten, befindet das Bundesgericht. Dies gehöre zur normalen, auch in einem Reglement festgeschriebenen Gerichtspraxis.

Die Weisheit, dass Angriff die beste Verteidigung ist, kann auch in einem Strafprozess unter Umständen eine hilfreiche Taktik sein, sich aus der Bedrängnis zu befreien. Im Fall der Genfer Milliardärsfamilie Hinduja war sie das aber nicht. Das Bundesgericht entschied, dass die Klage der Familie haltlos ist und die Richter über sie richten dürfen.