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Kantonsrat bewilligt 58-Millionen-Kredit
Jetzt ist klar: Die Zürcher Militärkaserne erhält ein Glasdach

Äusserlich unterscheidet sich die generalüberholte Kaserne vor allem durch den Glasaufbau vom bestehenden Gebäude.
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Wo früher 1400 Soldaten schliefen, werden ab 2027 Hunderte Erwachsene unterrichtet. Die Militärkaserne im Zürcher Kreis 4 wird saniert und modernisiert. Baustart ist noch dieses Jahr.

180 Millionen Franken kostet das Vorhaben, wovon gemäss Regierungsrat 120 Millionen gebundene Kosten sind, also dem Erhalt der Bausubstanz und der zeitgemässen Ausgestaltung geschuldet sind. Diese Mittel sind bereits gesprochen.

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… über ein Jahrhundert lang die Soldaten ihren Schlafsaal.

Über die restlichen 58 Millionen, die Kosten für die Umnutzung, hatte das Kantonsparlament am Montag zu entscheiden. Auffälligstes neues Element ist ein Glasdach auf dem zentralen Gebäudeteil. Es soll Licht spenden für ein grosses Atrium.

In der ehemaligen Armeeanlage werden in den Obergeschossen Unterrichtsräume für das Bildungszentrum für Erwachsene gebaut, namentlich die Kantonsschule für Erwachsene (KME) und die Kantonale Schule für Berufsbildung (EB). Die Räume des Dachstocks werden zu Musikzimmern.

Im lichtdurchfluteten Atrium entstehen Arbeitsplätze für die Erwachsenenbildung.

Das Erdgeschoss wird für die Öffentlichkeit geöffnet. Es entstehen ein Mehrzwecksaal und Platz für Kleingewerbe. Und aus der Soldaten- und Offizierskantine wird ein Café.

Die Anlage wird barrierefrei, dazu werden Lifte eingebaut. Auch wird die Kaserne ans Fernwärmenetz angeschlossen, auf dem Dach werden Fotovoltaikanlagen installiert.

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Vor allem der Glasaufsatz gab im Kantonsrat zu reden, wobei es nicht nur um die Mehrkosten ging, sondern auch um Vogelschutz und Lichtverschmutzung. Gemäss Barbara Franzen (FDP) ist die vorberatende Baukommission, deren Präsidentin sie ist, überzeugt, dass mit der historischen Bausubstanz respektvoll umgegangen wird.

Das sah Peter Schick (SVP), von Beruf Bauleiter, anders. Er sprach von einer «Luxusrenovation». Glasaufbau, Atrium und die 609’000 Franken für Kunst am Bau seien zu streichen. Die beiden Löwen auf dem Dach der Vorderseite des Gebäudes zu restaurieren, reiche. Insgesamt könne man die Kosten um 10 Prozent senken, wenn man das nur Wünschbare wegkürze. Mit dem Budget von 180 Millionen hätte man auch einen Neubau machen können, fügte Schick hinzu.

Die denkmalgeschützte Ex-Militärkaserne wird von der Kasernenstrasse aus nach der Renovation nicht wesentlich anders aussehen als vorher.

Das sah die Gegenseite anders. Andrew Katumba (SP) erinnerte daran, dass es nicht nur um die Nutzung der Kaserne gehe, sondern eine Kaskade an weiteren Sanierungen damit zusammenhänge. So werden die Kantonsschulen Rämibühl und Zürich-Nord generalüberholt, was zur Folge hat, dass die Schulen während der Bauzeit in der Stadt verteilt werden müssen. Ein Teil kommt auf den Campus Irchel und ein anderer Teil nach Riesbach, wo die Erwachsenenschulen heute sind.

Militärkaserne Zürich, 28.07.2023

Dass die SVP die jahrelange Planung in letzter Minute über den Haufen werfen wolle, sei «nicht realistisch, sondern nur populistisch», sagte Katumba. Ähnlich äusserten sich die Sprechenden der anderen Fraktionen.

Simon Vlk (FDP) sagte, aus der Kaserne werde ein «wahres Juwel». Er hoffe, dass der Glasaufbau nicht zu einem Gerichtsfall werde. Damit bezog er sich auf die geplante Glaskrone auf dem Plaza-Haus ebenfalls im Zürcher Kreis 4, die das Verwaltungsgericht nach einem Rekurs des Heimatschutzes positiv beurteilt hat.

«Der Tote wird reanimiert»

Über die Neunutzung der Kaserne wird seit über 30 Jahren gestritten. Erst mit der Realisierung des Polizei- und Justizzentrums kam wirklich Bewegung in die Angelegenheit, da die Kantonspolizei, welche die militärischen Räumlichkeiten nutzte, eine neue Heimat erhielt. Der Nachteil: Wegen der langen Unklarheit liess der Kanton die Kaserne «verlottern», wie Andrew Katumba feststellte. Wilma Willi (Grüne) sprach von einem «Planungsdebakel», während sich Nathalie Aeschbacher (GLP) bildhaft ausdrückte: «Der Tote wird mit einer 122-Millionen-Spritze in letzter Sekunde reanimiert.»

Baudirektor Martin Neukom (Grüne) räumte ein, dass der Gebäudezustand «prekär» sei. Und er erinnerte daran, dass das Vorhaben bereits mehrere Sparrunden hinter sich hat. Aber er fand, es lohne sich, das kulturelle Erbe zu retten.

Klares Ja des Parlaments

Ihm folgte die Mehrheit des Parlaments, das den 58-Millionen-Kredit mit 129 Stimmen sprach – wegen der Ausgabenbremse sind jeweils 91 von 180 Stimmen nötig.

Nach dem Auszug der Infanterie im Jahr 1987 und der 30-jährigen Zwischennutzung durch die Kantonspolizei wird also bald ein neues Kapitel der 1873–76 im Stil des Historismus gebauten Militärkaserne geschrieben.

Nicht Bestandteil der Debatte war der restliche Teil des Kasernenareals. Die alten Zeughäuser werden der Stadt Zürich im Baurecht, die Wiese in Gebrauchsleihe abgegeben.

Kasernenareal Zuerich

30.01.2020
(Andrea Zahler / Tamedia AG)

Auch die Zeughäuser müssen noch saniert werden. Das übernimmt die Stadt. Die Höhe des Kredits wird auf 55 Millionen Franken geschätzt, wobei sich der Kanton mit maximal 30 Millionen Franken am Vorhaben beteiligen wird. Der Zürcher Stadtrat wird voraussichtlich in diesem Jahr eine Kreditvorlage vorstellen.