Preisunterschiede bei FleischMigros und Coop behalten ihre Margen geheim
Die beiden Grossverteiler versichern, mit Bio- und Labelfleisch nicht mehr zu verdienen als mit konventionellem. Doch die Kostenrechnung legen sie nicht offen.
Die beiden Konkurrenten sind sich einig: Die Tierschützer liegen falsch. Es stimme nicht, dass die Migros mit Labelprodukten eine höhere Marge erziele als mit konventionellen, sagt Sprecher Patrick Stöpper. Bei Coop klingt es gleich: «Unter dem Strich verdienen wir an Labelprodukten nicht mehr als an konventionellen», sagt Sprecher Kevin Blättler.
Die beiden Grossverteiler reagieren auf Anfrage auf eine Untersuchung des Schweizer Tierschutzes (STS), wonach Konsumenten für tierfreundlich produzierte Tierprodukte überproportional mehr bezahlen müssten. Letzte Woche hat diese Zeitung im Kontext eines gescheiterten Plans darüber berichtet: Die Tierschützer wollten den stockenden Absatz von Bio- und Labelfleisch ankurbeln – mit einem Deal. Die Detailhändler hätten sich dazu verpflichten sollen, die Marge bei Bio- und Labelfleisch im Vergleich zu konventionell produziertem Fleisch im Laden neu prozentual nicht höher anzusetzen, als dies bei den Produzentenpreisen der Fall ist. Doch nun hat die Wettbewerbskommission eine solche Vereinbarung als mutmasslich unzulässige Wettbewerbsabrede taxiert.
Migros strebt laut eigenen Angaben sowohl im konventionellen als auch im Label- und Biobereich die «Preis-Leistungs-Führerschaft» an. «Wir stehen in einem derart intensiven Wettbewerb mit anderen Detailhändlern, dass Kundinnen und Kunden überteuerte Produkte sofort erkennen und meiden würden», sagt Sprecher Stöpper. Deshalb sei es gar nicht möglich, mit Labelprodukten eine höhere Marge zu erzielen. «Wir wären ganz einfach nicht mehr konkurrenzfähig.»
Im Übrigen hält die Migros die Marktpreisanalyse des Schweizer Tierschutzes mit Blick auf ihre Fleischprodukte für nicht repräsentativ. Das genannte Beispiel Hinterschinken in Labelqualität etwa sei bei der Migros durchschnittlich über 20 Prozent günstiger als im Rechnungsbeispiel aus der Studie des Tierschutzes (siehe Grafik). Coop seinerseits versichert, sich für «faire und marktgerechte» Preise einzusetzen, sowohl gegenüber den Produzenten wie auch gegenüber der Kundschaft. «Alle Schritte, die Labelfleischprodukte auf ihrem Weg in den Laden durchlaufen, werden fair abgegolten», sagt Sprecher Blättler.
Dass Bio- und Labelprodukte so viel teurer sind, begründen die beiden Grossverteiler mit Zusatzaufwendungen. «Labelprodukte generieren auf fast jeder Stufe zum Teil deutlich höhere Kosten», sagt Migros-Sprecher Stöpper. Beim Produzenten: durch mehr Platz, hochwertiges Futter und eine längere Lebenszeit der Tiere. Beim Verarbeiter: durch Zusatzleistungen wie etwa externe Kontrollen. Im Laden: durch kleinere Verpackungen. Branchenkenner bestätigen dies, machen aber geltend, das sei nur ein Teil der Wahrheit. «Die Detailhändler wollen die erhöhte Zahlungsbereitschaft der Label- und Biokäufer nutzen», sagte Manfred Bötsch letztes Jahr in dieser Zeitung. Das sei auch legitim. Bötsch war einst Geschäftsleitungsmitglied der Migros-Fleischverarbeiterin Micarna und zuvor Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW).
Schweigen «aus Konkurrenzgründen»
Gern hätte man gewusst, wie sich die Rechnung zum Beispiel bei einem Stück Biofleisch im Detail zusammensetzt. Doch Coop äussert sich «aus Konkurrenzgründen grundsätzlich nicht zur Kostenstruktur einzelner Produktsegmente». Aus dem gleichen Grund legt auch Migros keine Zahlen offen.
Der Schweizer Tierschutz beanstandet das. «Wir erwarten Transparenz», sagt Stefan Flückiger, Geschäftsführer Agrarpolitik beim STS. Ziel sei es, mit den Detailhändlern «im konstruktiven Austausch» Fortschritte zu erzielen, damit mehr Labeltiere abgenommen werden. Heute gebe es zu wenig Wettbewerb, anders liessen sich die Preisdifferenzen zwischen Bio- und Labelfleisch auf der einen und konventionell hergestelltem Fleisch auf der anderen Seite nicht erklären.
Die Kritik der Grossverteiler an der Untersuchung kann der Tierschutz nicht nachvollziehen. «Wir haben ihre eigenen Verkaufspreise genommen und diese mit den Produzentenpreisen verglichen», sagt Flückiger. Beides seien Fakten. Dasselbe gelte für die künstlich hohen Preisdifferenzen. «Wir sagen ja nicht primär, dass die Margen zu gross sind», so Flückiger. Vielmehr kritisiere der STS, dass die Preisdifferenzen von den Tierwohl-Produkten zu den übrigen zu gross seien.
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