Menschenhandel in der SchweizImmer mehr Männer werden Opfer
In der Schweiz werden immer mehr Männer Opfer von Menschenhandel. Das stellt die «Plateforme Traite» fest, welche seit 2020 die vier in der Schweiz tätigen Fachstellen zur Beratung und Hilfe an Opfer von Menschenhandel vereint.
Im letzten Jahr wurden 177 Personen neu als Opfer von Menschenhandel in der Schweiz identifiziert, wie die «Plateforme Traite» mitteilt. Das sind 30 weniger als im Jahr zuvor.
Von diesen 177 Personen waren 136 Frauen und 41 Männer. Das entspricht einem Männeranteil von 23 Prozent. 2019 hatte der Männeranteil bei neu identifizierten Opfern neun Prozent betragen.
Plattform-Koordinatorin Anna Schmid sagte dazu auf Anfrage, Menschenhandel sei ein sogenanntes «Holdelikt»: Dort, wo man hinschaue, würden die Opfer auch erkannt. Lange sei in der Schweiz Menschenhandel vor allem mit Prostitution und Ausbeutung von Frauen in Verbindung verbracht worden.
Auch der Fokus der polizeilichen Ermittlungen sei lange vor allem in diesem Bereich gelegen. Nun sei das Bewusstsein gestiegen, dass Ausbeutung auch in anderen Bereichen stattfinde und auch Männer Opfer sein könnten. Insgesamt sei aber immer noch ein Grossteil der Betroffenen Frauen, schreibt die Plattform in ihrer Mitteilung.
So viele Hilfesuchende wie noch nie
Die 177 neu identifizierten Opfer gehören zu 324 Personen, welche sich 2022 Hilfe suchend an die vier Fachstellen wandten oder von Partnerorganisationen oder Behörden an diese verwiesen wurden. Dies, weil ein Verdacht auf Menschenhandel bestand. Noch nie wandten sich so viele Leute an die vier Fachstellen.
Insgesamt betreuten diese im vergangenen Jahr 450 Opfer von Menschenhandel. In dieser Zahl inbegriffen sind bereits in früheren Jahren identifizierte Opfer, die immer noch Betreuungsbedarf haben. Die häufigsten Herkunftsländer waren 2022 Ungarn, Brasilien, Kolumbien und Rumänien.
Mehr Ausbeutung der Arbeitskraft
Bei den Ausbeutungsformen unterscheidet die Plattform Traite zwischen Sexueller Ausbeutung und Ausbeutung der Arbeitskraft. Der Anteil der Opfer in der zweiten Kategorie hat im vergangenen Jahr auf 44 Prozent zugenommen. Im Jahr zuvor waren es 33 Prozent.
Unter «Ausbeutung der Arbeitskraft» fallen auch Opfer, die zu illegalen Handlungen wie Diebstahl oder Drogenschmuggel gezwungen wurden. Die Arbeitsausbeutung fand vor allem in Privathaushalten, in der Gastronomie und im Baugewerbe statt.
Die Zunahme an aufgedeckten Fällen von Menschenhandel zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft sieht die Plattform Traite als Ergebnis von Sensibilisierungsarbeit etwa bei Gewerkschaften und Arbeitsinspektoren. Weitere Sensibilisierungsmassnahmen seien aber nötig.
SDA/pash
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