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Mehrere Notenbank-Chefs kritisieren neue Konjunkturhilfen der EZB

«über das Ziel hinausgeschossen»: Notenbanker kritisieren die Beschlüsse der EZB. (Symbolbild) Bild: Tamedia
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Einen Tag nach den Lockerungsbeschlüssen der Europäischen Zentralbank (EZB) melden sich die Kritiker unter den Währungshütern zu Wort. Die Notenbank-Chefs der Niederlande und Österreichs erklärten am Freitag, dass sie die neuen Massnahmen skeptisch sehen oder gar ablehnen. Auch für den deutschen Notenbankchef ist die EZB «über das Ziel hinausgeschossen.»

Die EZB hatte am Donnerstag unter anderem eine Erhöhung der Strafzinsen gekoppelt mit Erleichterungen für Geldhäuser beschlossen. Zudem sollen die umstrittenen Anleihenkäufe wieder aufgenommen werden. Ab November sollen pro Monat neue Zukäufe im Volumen von 20 Milliarden Euro hinzukommen. Sie sollen erst gestoppt werden, wenn die EZB kurz vor einer Zinserhöhung steht.

Keine Deflation

Für den deutschen Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist die EZB mit ihren neuen Schritten zur Unterstützung der Konjunktur zu weit gegangen. Die wirtschaftliche Lage sei nicht wirklich schlecht, sagte er in einem Freitag veröffentlichten Interview mit der deutschen Zeitung «Bild». Die Löhne stiegen deutlich und die Gefahr einer Deflation sei nicht zu erkennen.

Nach der EZB-Entscheidung sei klar: «Die niedrigen Zinsen werden uns noch eine geraume Zeit erhalten bleiben», sagte Weidmann. Wichtig sei für ihn, dass die expansive Geldpolitik wieder zurückgefahren werde, sobald es der Inflationsausblick zulasse. «Ich werde mich jedenfalls dafür einsetzen, dass Zinserhöhungen nicht unnötig auf die lange Bank geschoben werden», kündigte er an.

Anzeichen für verzerrte Kurse

Die Massnahmen, vor allem der Neustart der Anleihenkäufe, passten nicht zum aktuellen Konjunkturumfeld und es gebe gute Gründe, dessen Wirksamkeit zu bezweifeln, erklärte der niederländische Notenbankchef Klaas Knot. Die Wirtschaft im Euro-Raum sei voll ausgelastet, zudem stiegen die Löhne. Die Finanzierungsbedingungen für Verbraucher, Unternehmen und Regierungen seien sehr günstig. Dagegen gibt es Knot zufolge bereits Anzeichen für verzerrte Kurse an den Finanzmärkten und eine überhöhte Risikobereitschaft im Immobilienmarkt.

Aus Sicht von Knot gibt es weder die Gefahr einer Deflation – einer schwer zu stoppenden Abwärtsspirale aus Preisen, Löhnen und Investitionen – noch Anzeichen für eine Rezession im gesamten Euro-Raum. Zwar bereite Sorge, dass die Inflation unter der Zielmarke der Notenbank liege. Daraus folge aber nicht, dass der Neustart eines Instruments mit so grosser Tragweite wie die Anleihenkäufe angemessen sei.

Auch Österreichs Notenbank-Chef Robert Holzmann meldete zumindest Zweifel an. Auf die Frage, ob andere und auch er dachten, dass die Beschlüsse vielleicht ein Fehler gewesen seien, sagte er Bloomberg TV: «Ich bin mir sicher, dass diese Idee einigen Leuten durch den Kopf ging. Mir ging sie definitiv durch den Kopf.»

Insidern zufolge war EZB-Präsident Mario Draghi mit dem Vorschlag zur erneuten Auflage der Anleihenkäufe in der Zinssitzung auf starke Opposition gestossen. Laut Holzmann waren Zweifel an der Wirksamkeit des Pakets ein Hauptgrund für den Widerstand.

SDA/oli