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Aufstand in den Französischen Antillen
Butter? 8,50 Euro – wie das Leben im schönen Martinique zur Hölle wurde

A cat sits on rocks before a group of people near the plage de l'anse Madame in Schoelcher, on the French Caribbean island of Martinique, on September 25, 2024. (Photo by Ed JONES / AFP)
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Wenn das Leben so teuer ist, dass man es sich nicht mehr leisten kann, ist es auch im Paradies nicht mehr schön. Auf Martinique, der französischen Insel in der Karibik, auch als «Insel der Blumen» bekannt, Feriendestination vieler Europäer, sind gewisse Dinge des Lebens dermassen teuer geworden, grotesk viel teurer als im kontinentalen Frankreich, dass die Martiniquais sie sich nicht mehr leisten können – und deshalb protestieren: laut, gewaltsam.

Seit eineinhalb Monaten brennen Autos und Polizeiposten im Paradies, jede Nacht, trotz Ausgangssperre. «La vie chère», das teure Leben, ist ein formidabler Treiber der Wut. Und unfair.

Die Transportkosten nach Martinique erklären nicht alles

Hier eine kleine Auswahl erstaunlicher Preise, wie sie französische Medien in diesen Tagen in den Supermärkten von Fort-de-France, dem Hauptort des Überseegebiets, zusammengetragen haben. Eine Packung Waschpulver kostet in Martinique auch mal 22 Euro. Duschgel: 10 Euro. Butter: 8,50 Euro. Ein Sixpack Mineralwasser: 14 Euro. Klopapier, vier Rollen: 6 Euro.

In einem ersten Reflex könnte man meinen: Kein Wunder, die meisten Produkte in den Regalen werden ja aus der «Métropole» importiert, wie die Franzosen noch wie zu Kolonialzeiten sagen, wenn sie das kontinentale Frankreich meinen. Die Ware wird also zum Beispiel in Le Havre verschifft und kreuzt dann einmal um die halbe Welt. Allein die Transportkosten sind hoch.

Dann aber kommen noch Faktoren dazu, die sich der simplen Logik entziehen. Auf dem Weg zu den Kunden auf Martinique schaltet sich nämlich eine Myriade von Zwischenhändlern ein, private und behördliche, die alle ein bisschen etwas für sich abgreifen. Auf der Insel selbst herrschen ein paar wenige Unternehmen über den gesamten Handel – und zwar ziemlich willkürlich. Ihre Margen, ihren Gewinn? Mochten sie nicht einmal im nationalen Parlament erläutern, das sie nach Paris zitiert hatte. Geschäftsgeheimnis!

Martinique importiert sogar Fische

Aus der frühen Kolonialzeit kommt ein Importzoll hinzu, der sogenannte «Octroi de mer». Der sollte einst die lokale Wirtschaft schützen, auch die Bauern. Doch nach einer fatalen Entwicklung ist Martinique fast gar nicht mehr autark und verlässt sich fast ganz auf Importe.

Das hat auch damit zu tun, dass sich die Essgewohnheiten der Martiniquais an die europäischen angepasst haben. Die Hälfte aller Früchte und Gemüse kommt jetzt von weit her, vor allem aus Kontinentalfrankreich. Beim Geflügel und, ausgerechnet, beim Fisch sind es sogar neunzig Prozent. Positiv ist die Handelsbilanz nur bei zwei Produkten: Bananen und Rohrzucker.

An image taken from an AFP video released on September 17, 2024 shows a car burning in a street of Fort-de-France in the French Caribbean island of Martinique following a night of riots amid protests over the high cost of living. Officials in the French Caribbean island of Martinique say on September 17, 2024 at least six police officers have been injured by gunfire during violent protests over the high cost of living. Martinique has seen similar protests in recent years, many of them fueled by anger over what demonstrators say is economic, social and racial inequality. (Photo by Thomas THURAR / AFP)

Mit den Einnahmen aus dem «Octroi de mer» finanziert Frankreich die Beamtenlöhne auf Martinique, die sind dank einer Härtezulage höher als in der Metropole. Es gibt also auf der Insel Menschen, die sich die verrückten Preise leisten können. Und das ärgert die vielen Armen unter den 360’000 Martiniquais zusätzlich, es zerreisst die Gesellschaft.

Der Protest gegen das teure Leben ist nicht der erste. Passiert ist nie etwas, die Händler wuchern weiter. Und so füllen Martiniquais, wenn sie in Paris sind und zurückreisen, ihre Koffer mit Produkten aus den Pariser Supermärkten, mit Käse und Waschpulver zum Beispiel. Spottbillig, wenigstens für sie.