Martigny und die Swiss LeagueDer Aufsteiger mischt die Liga auf – auch mit unkonventionellen Mitteln
In den meisten Prognosen war für die Walliser in der Swiss League einer der letzten beiden Plätze reserviert. Doch bislang mischt Martigny in der Spitzengruppe mit.

Als Martigny im Sommer in die Swiss League aufstieg, stellte sich die übliche Frage: Wie will man mit einer etwas besseren My-Hockey-League-Truppe wenigstens einigermassen mithalten? Das Rezept wäre normalerweise etwa so: Man hole zwei ausländische Stürmer (bevorzugt Kanadier), die sich aufs Toreschiessen fokussieren, und hoffe auf den lieben Gott. Bloss kam dieses Memo nie an bei Anders Olsson, dem neuen schwedischen Trainer Martignys.
Er holte Landsmänner als Imports: Verteidiger (!) Erik Ullman und 2-Weg-Center David Lindquist. Ist Olsson verrückt geworden? Nein, er hatte einen Plan. Als Aussenseiter würde Martigny häufig in der eigenen Zone und in Unterzahl spielen. Ein guter Verteidiger, dem man mehr Eiszeit zumuten kann als Stürmern, kann da also doppelt helfen.
Ein defensiv starker ausländischer Stürmer in der Swiss League? Kann das Unterzahlspiel ebenfalls veredeln – und wie er das tut! Dank Lindquist und weiteren schlauen Transfers wie Kaj Suter (Bruder von NHL-Spieler Pius) hat Martigny mit einer Erfolgsquote von 91,2 Prozent das zweitbeste Boxplay der Liga.
Mittlerweile haben auch Biel und Ajoie begonnen, junge Spieler nach Martigny auszuleihen.
Apropos Gegentore: Martigny ist die Nummer 1, hat in 7 Spielen erst 12 Treffer kassiert. Und das mit einem 20-jährigen Goalie: Kevin Pasche wurde die Nummer 1, ohne je zuvor bei den Erwachsenen gespielt zu haben. Er ist eine Leihgabe Lausannes, des einzigen Partnerteams.
Doch mittlerweile haben auch Biel und Ajoie begonnen, junge Spieler nach Martigny auszuleihen. Weil mit ihnen gearbeitet wird und sie Eiszeit erhalten: Gaël Christe, 19-jähriger Biel-Junior, spielte zuletzt neben Ullman stets zwischen 17 und 20 Minuten.

Die Verbindung zu Biel: Olsson war dort vier Jahre Assistenztrainer. Er ist als eigenwillige Figur bekannt, die Spieler zum Bücherlesen animiert und sie aus der Komfortzone lockt. Hinter all den Zuzügen aus der Deutschschweiz steckte auch ein Hintergedanke: Im Team soll vermehrt auch Englisch statt nur Französisch gesprochen werden, die Jungen sollen lernen und sich dabei exponieren.
Erstaunlich: Bislang funktioniert es. Martigny gewann nach zwei knappen Startniederlagen fünfmal in Serie, siegte auch beim zu Saisonbeginn übermächtig scheinenden, mittlerweile aber nur noch verlierenden Rivalen Visp. Am Sonntag spielt Martigny in Olten – es ist das Spitzenspiel Zweiter gegen Dritten und dennoch ein Duell unter unterschiedlichsten Voraussetzungen.
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