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Zürcher Kunstmaler verewigt CS
Malend begreift er die Welt besser – auch den Fall der Schweizer Bank

Robert Honegger in seiner Atelierwohnung in der Nähe der Langstrasse. Die gefächerte Leinwand lässt sich mit einem Motor bewegen.
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Am Sonntag hat es ihn gepackt, und so schulterte er seine zwei Feldstaffeleien und fuhr mit dem Tram direkt zum Paradeplatz. Vom Mittag bis am Abend verewigte der Künstler Robert Honegger dort das CS-Gebäude in Ölfarbe. Er bekam Komplimente, TeleZüri interviewte ihn, Banker unterbreiteten ihm Kaufangebote für das Erinnerungsstück. Zudem gab es Trinkgeld «von zwei Ladys», wie Honegger am Montag beim Kurzbesuch in seiner Atelierwohnung im Kreis 4 sagt. Dort steht das Ölbild.

Robert Honegger hat das Werk nicht gemalt, um Aufmerksamkeit zu erregen. «Ich male für mich, um Dinge zu verarbeiten», sagt er. In diesem Fall den Fall der zweitgrössten Schweizer Bank. «Ein Konto bei der CS habe ich nicht. Aber die Sicherheit, dass es uns für immer gut gehen wird, die ist weg. Und auch ein Stück Unbeschwertheit.»

Um die künstlerische Herausforderung zu steigern, hat Honegger das CS-Gebäude auf einer schwankenden Leinwand festgehalten, passend zum Namen des Werks, «Banken wanken». Die Leinwand besteht aus ultraleichtem Flugzeugholz, das der Künstler in verschiedene Fächerstücke aufgeteilt hat. Diese wurden während des Malprozesses von hinten von einem «Motörli» bewegt. 

Robert Honegger hat am Paradeplatz das CS-Gebäude auf einer sich bewegenden Leinwand verewigt.

Die Idee, eine Bank plein air auf einer schwankenden Leinwand festzuhalten, trage er schon länger mit sich herum, sagt Honegger. «Schon bei einer Bankenkrise vor gut zehn Jahren habe ich mir das überlegt.» Zudem sorge eine bewegte ​Situation für einen lockeren Strich. «Monet hat auch auf dem Schiff gemalt.» 

Ein Freund habe ihn bei der Idee unterstützt. «Vor ein paar Wochen habe ich das Motörli zwäggmacht.» Für die Kunstaktion habe er sich also vorbereitet, zumal absehbar gewesen sei, dass bei der CS einiges im Argen liege. «Als die Saudis einstiegen, dachte ich, dass das eine ziemlich unsichere Sache werden könnte.»

Bekannt ist er für seine Prozess-Aquarelle

Robert Honegger ist vor allem als Gerichtszeichner bekannt. Für die Tamedia-Zeitungen ist er seit über zwanzig Jahren in der Region Zürich und in der restlichen Schweiz unterwegs. Mit prägnanten Bleistiftstrichen, koloriert in Aquarellfarben, hält er die Prozesse fest. Viel Zeit verbringt er aber auch als Kunstmaler und Bastler.

Beispiel einer Gerichtszeichnung von Robert Honegger aus dem Zürcher Obergericht.

Sichtbar wird das in seiner Wohnung, wo man Bleistiftskizzen aus dem Alltag, klassische Ölmalereien mit Landschaften und – wie die motorbetriebene Fächerleinwand – viel Bewegtes findet. Etwa eine Lippe aus gefaltetem Papier, an der man ziehen kann, sodass eine Kussbewegung ausgelöst wird.

Seit vier Jahren lebt Robert Honegger im Chräis Chäib zwischen eigenen Kunstwerken, einer Werkbank und einem Archiv voller Bastelmaterial. Schubladenweise gibt es hier Zangen, Tacker, Fotokarten, Kleberollen, Schleifpapier, Ösen und Leim. In der Nähe seiner Wohnung findet er im Elektrofachgeschäft Pusterla, einem Kultladen für Bastler, den Rest seines Materials. «Mein Paradies.»

Im Langstrassenquartier findet er Inspiration

Dennoch: Für die Vita eines bald 70-Jährigen ist es wohl eher ungewöhnlich, wenn man vom beschaulichen Oberrieden ins Langstrassenquartier zieht. Aus der Zürichseeregion stammt Honegger nämlich. In Oberrieden hat er nach wie vor ein Atelier. Auch seine Freundin lebt dort. Trotzdem – oder gerade weil der Kreis 4 so anders ist als die Seegemeinde – sei das urbane Quartier für ihn anregend. «Ich halte hier zeichnend vieles fest. Scheue Freier, freche Prostituierte oder schön angezogene Leute, die in den Ausgang gehen.»

Seine künstlerische Ausbildung genoss Robert Honegger nach dem Zürcher Vorkurs unter anderem an der École des Beaux-Arts in Paris. «Ich wollte bildende Kunst klassisch erlernen, wie ein Handwerk.» Die modernen Kunstschulen, die in seiner Jugend angesagt waren, sprachen ihn nicht wirklich an.

Malend, sagt Honegger, begreife man die Welt besser. So habe er, als er am Sonntag das CS-Haus mit der kolonnadengekrönten Fassade abgemalt habe, realisiert, wie geschmückt und prächtig das Sandsteingebäude aus dem späten 19. Jahrhundert sei. «Der repräsentative Hauptsitz der Zürcher Bank», sagt Honegger, «ist jetzt nichtig.»

Sein Bild verkauft er übrigens vorderhand nicht.

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