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Saudische Aktivistin wieder frei
«Loujain ist zu Hause!!!!!»

Erfreuliche Nachricht: Eine Frau in Riad blickt auf ihr Handy, auf dem ein Screenshot eines Videogesprächs der freigelassenen Loujain al-Hathloul und ihrer Schwester Lina zu sehen ist.
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Die Nachricht kam per Twitter, wie sollte es anders sein. Die sozialen Medien spielen in Saudiarabien eine extrem wichtige Rolle, und Loujain al-Hathloul konnte mit ihrer Schwester Lina auch nur via Videotelefonat mit dem Smartphone Kontakt aufnehmen. Lina und andere Geschwister leben aus Angst vor Repression längst im Ausland. «Loujain ist zu Hause!!!!!!», postete Lina zusammen mit einem Foto der Aktivistin, die sich für die Rechte von Frauen im Königreich eingesetzt hat und im Westen berühmt wurde, als sie sich selbst am Steuer eines Autos filmte.

Das war 2014 noch verboten, als sie versuchte, von den Vereinigten Arabischen Emiraten aus in ihre Heimat zu fahren. Das brachte Loujain al-Hathloul eine erste Verhaftung ein. 73 Tage wurde sie damals festgehalten. Inzwischen hat der saudische Kronprinz Muhammad bin Salman längst erlaubt, dass Führerscheine an Frauen ausgestellt werden. Doch Aktivistinnen wie Loujain al-Hathloul, die ein Ende des Vormundschaftssystems der Männer über die Frauen fordern, tritt er mit brutaler Repression entgegen.

Dankesworte an US-Präsident Biden

Es hatte sich abgezeichnet, dass Loujain al-Hathloul aus der Haft entlassen würde. In einem Prozess vor einem Antiterrorgericht war sie Ende Dezember zu fünf Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden. Sie habe versucht, eine grundlegende Änderung des Regierungssystems in der absolutistischen Monarchie herbeizuführen und die nationale Sicherheit gefährdet, indem sie die «Agenda anderer Staaten» über das Internet verbreitet habe.

Das Urteil lastete ihr auch an, mit ausländischen Diplomaten und Journalisten sowie Menschenrechtlern kommuniziert zu haben. Die Hälfte der Strafe setzten die Richter zur Bewährung aus. Wem dies mutmasslich zu verdanken ist, daran liess Lina al-Hathloul keine Zweifel: «Thank you, @POTUS», schrieb sie in einem weiteren Tweet, gerichtet an den neuen US-Präsidenten Joe Biden, der die Haftentlassung bei einem Auftritt im Pentagon als «willkommene Nachricht» begrüsste, als «das Richtige, was es zu tun galt».

Vollkommen frei ist die Frauenrechtlerin allerdings nicht. Für fünf Jahre ist ihr die Ausreise aus Saudiarabien verboten. Auch ist ihr Prozess weiter anhängig, die Anschuldigungen wurden nicht fallen gelassen. «Der Kampf ist nicht vorüber», sagte ihre Schwester. Noch vor der Haftentlassung hatte ein Gericht Vorwürfe von Loujain al-Hathloul zurückgewiesen, sie sei im Gefängnis gefoltert worden.

Gefangenschaft aus politischen Gründen: Deutsche Solidaritätsaktion für den inhaftierten Blogger und Aktivisten Raif Badawi, dessen Schwester Samar ebenfalls in Haft ist.

Zugleich bleiben Mitstreiterinnen in Haft. Mayaa al-Zahrani etwa, die vom selben Antiterrorgericht in Riad verurteilt worden war. Sie zählte zu einer Gruppe von mindestens 13 Aktivistinnen, die im Mai und Juni 2018 verhaftet wurden. Einige der Frauen wurden zwischen März und Mai 2019 wieder auf freien Fuss gesetzt. Weiterhin im Gefängnis ist Samar Badawi, Schwester des ebenfalls inhaftierten Bloggers und Aktivisten Raif Badawi. Das US-Repräsentantenhaus hat die Freilassung der politischen Gefangenen gefordert.

Auch US-Präsident Biden hat auf all diese Fälle verwiesen: «Es ist wichtig, dass die anderen auch entlassen und die Anschuldigungen gegen sie fallen gelassen werden.» Biden hatte im Wahlkampf Saudiarabien als «Pariah»-Staat bezeichnet und angekündigt, Riad für Menschenrechtsverletzungen wie die Ermordung des regimekritischen Publizisten Jamal Khashoggi zur Rechenschaft zu ziehen.

US-saudische Doppelbürger freigelassen

Das Königreich hatte vergangene Woche bereits zwei amerikanisch-saudische Doppelbürger, Salah al-Haidar und Bader al-Ibrahim, auf Bewährung freigelassen, die seit 2019 wegen Terrorvorwürfen in Haft waren. Ein Berufungsgericht halbierte die sechsjährige Haftstrafe gegen den bekannten Arzt Walid Fitaihi und setzte die Reststrafe zur Bewährung aus. Er war ebenfalls aus politischen Gründen verfolgt worden und hat neben dem saudischen auch einen amerikanischen Pass.

Loujain al-Hathloul lacht auf den Bildern, die ihre Schwester verbreitet hat. «Wir konnten dem Lachen erst nicht trauen», berichtet Lina al-Hathloul. Ihre Schwester habe – auch als sie im Gefängnis gewesen sei – gesagt, dass es ihr gut gehe. «Was hätte ich ansonsten sagen sollen», zitiert sie Loujain. «Ich hatte den Elektroschocker an meinem Ohr.» Sie sieht dünner und älter aus als auf älteren Fotos, hat mit 31 graue Strähnen in ihrem früher pechschwarzen Haar. Spuren von 1001 Tagen in Haft, die auch in Washington nicht vergessen sind.