Grossflughafen geschlossenBrand bei Flughafen Heathrow: Keine Hinweise auf Fremdverschulden
In der Nacht stand ein Umspannwerk in der Nähe des Grossflughafens in Flammen. Über 1300 Flüge fallen aus, auch Schweizer Passagiere sind betroffen. Wir erklären, wie Sie dennoch nach London kommen.

Der Londoner Grossflughafen Heathrow ist in der Nacht wegen eines Stromausfalls geschlossen worden. Die Schliessung werde aus Sicherheitsgründen bis 23.59 Uhr andauern, teilte der Flughafen mit. Passagiere wurden angewiesen, nicht zum Flughafen zu reisen und ihre Fluggesellschaft zu kontaktieren. Grund für den Stromausfall sei ein Brand in einem Umspannwerk, das den Flughafen versorgt, hiess es. Die Ursache für den Brand ist noch nicht geklärt.
Die Londoner Feuerwehr rückte mit zehn Löschfahrzeugen und rund 70 Feuerwehrleuten zum brennenden Umspannwerk in Hayes aus, wie sie auf X mitteilte. Tausende Haushalte in der Region hatten Medienberichten zufolge keinen Strom.

Etliche Flüge mussten umgeleitet werden. Laut dem Tracking-Portal Flightradar waren am frühen Morgen rund 120 Flugzeuge in der Luft, die entweder alternative Flughäfen anfliegen oder zu ihrem Startflughafen zurückkehren mussten.
Über 1300 Flüge fallen aus

Mindestens 1350 Flüge von und nach Heathrow sind von der Schliessung am Freitag betroffen, wie die Flugverfolgungs-Website Flightradar24 auf X mitteilte.
Heathrow ist einer der meistfrequentierten Flughäfen der Welt und wickelte vergangenes Jahr eine Rekordzahl von 83,9 Millionen Passagieren ab.
24 Swiss-Flüge ab Zürich und Genf mit 2913 Passagieren annulliert

London Heathrow ist der am häufigsten angeflogene Flughafen ab Zürich. Die Swiss schrieb am Freitagmorgen, dass sie alle Flüge nach London Heathrow am Freitag abgesagt hat. «Es handelt sich um insgesamt 10 Flüge ab und nach Genf mit 944 gebuchten Fluggästen und 14 Flüge ab und nach Zürich mit 1969 gebuchten Fluggästen.» Weiter sei der Verkauf für Samstag vorsorglich geschlossen worden. «Swiss bedauert die Umstände, die den Passagieren dadurch entstehen, sehr. Wir hoffen, dass sich die Lage in London Heathrow möglichst bald wieder normalisiert.»

Auf Anfrage dieser Redaktion, ob grössere Flugzeuge an andere Flughäfen in London eingesetzt werden, teilt die Swiss mit: «Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht vorgesehen, grösseres Fluggerät an andere Flughäfen in Grossbritannien einzusetzen.» Die dortigen Infrastrukturen seien derzeit mit all den Umleitungen bereits jetzt an ihren Grenzen. «Wir beobachten die Lage jedoch genau, sollte sich zeigen, dass grösseres Fluggerät abgefertigt werden könnte, werden wir dies selbstverständlich in Betracht ziehen.»
Auch Flüge von British Airways, welche regelmässig zwischen London Heathrow und der Schweiz verkehren, sind betroffen: Ab Zürich wären für heute Freitag fünf Flüge geplant gewesen, ab Genf acht und ab Basel vier Flugverbindungen.
Umleitungen nach Irland, Frankreich, Deutschland und auch nach Zürich

Die Flugzeuge, die in Heathrow hätten landen sollen, werden in die halbe Welt umgeleitet. Naheliegend ist Gatwick, ebenfalls in London. Eine beträchtliche Zahl geht aber nach Shannon in Irland oder zurück zum Abflugort. Auch Frankfurt wird angeflogen, Paris Charles de Gaulle, Helsinki, Brüssel oder Keflavik in Island, Madrid oder Amsterdam.
Am Flughafen Zürich landete am früheren Morgen ein Airbus A350 der British Airways, aus Mumbai in Indien kommend.
Londoner Feuerwehr: Brand in Umspannwerk unter Kontrolle

Die Londoner Feuerwehr hat den Brand in einem Umspannwerk eingedämmt, der für einen Stromausfall am Flughafen Heathrow sorgt. «Das Feuer in #Hayes ist nun unter Kontrolle, aber wir bleiben den Tag über noch vor Ort», teilte die Feuerwehr auf der Plattform X mit. Brandermittler würden mit ihren Untersuchungen beginnen.
Man werde ein Update geben, sobald man mehr zur Wiederaufnahme des Flugbetriebs wisse, teilte eine Flughafensprecherin mit. «Wir wissen, dass das enttäuschend für Passagiere ist, und wir wollen versichern, dass wir so hart wie möglich daran arbeiten, die Situation zu beheben.»
Heathrow teilte mit, dass auch in den kommenden Tagen mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen sei. Unter keinen Umständen sollten Passagiere daher zum Flughafen reisen, bis er wieder offen sei. Die Bahngesellschaft National Rail stoppte den Zugverkehr von und zum Airport.
Wie komme ich jetzt noch nach London?
Per Zug via Paris: Reisezeit 8 bis 9 Stunden
Ab Zürich Hauptbahnhof verkehren am Freitag fünf Züge, die auch am Freitag noch in London ankommen. Und zwar am Bahnhof St. Pancras. Um 11.34 Uhr, um 13.34 Uhr und um 15.34 Uhr geht der TGV nach Paris. Dort muss umgestiegen werden – um 18.30, 20.32 Uhr oder 22.30 Uhr sind die Reisenden in London. Kosten: zwischen 447 und 498 Franken (Reise einfach, 2. Klasse). Bei der Verbindung um 15.34 Uhr ist auch unter normalen Umständen mit hohem Passagieraufkommen zu rechnen.
Weitere Verbindungen sind etwas komplizierter: Um 13.59 fährt IC3 nach Basel. Von dort ginge es via Strasbourg nach Paris-Est, dann zu Fuss nach Paris-Nord Eurostar, und von dort wiederum nach London Pancras; Ankunft um 19.39 Uhr, Kosten 450 Franken.
Die gleiche Route wäre ab 13.59 Uhr möglich, mit dem ICE bis Basel. Kosten hier: 390.70 Franken.
Reto Schärli, Mediensprecher der SBB, teilt auf Anfrage mit, es seien noch vereinzelte Tickets verfügbar in den Zügen nach London. Aber: «Die Eurostar-Züge sind das Nadelöhr für Situationen wie heute.» Die Verfügbarkeit kann auf der Website von Eurostar geprüft werden – der Buchungsstand kann sich laufend verändern. Gibt es in einem Zug noch verfügbare Plätze, können diese über alle Verkaufskanäle der SBB gebucht werden.
Dass aufgrund des eingestellten Flugbetriebs am Flughafen London Heathrow die Nachfrage nach Bahn-Tickets gestiegen wäre, kann Schärli nicht bestätigen: «Die Auswertung unserer Verkaufskanäle zeigt keine markanten Mehrverkäufe.»
Für Zugreisende gelten übrigens dieselben Einreisebestimmungen wie im Flugverkehr. Schärlis Hinweis aber: «In Paris wird vor dem Besteigen des Eurostar-Zugs nach London ein Check-In inklusive Sicherheitskontrolle am Bahnhof durchgeführt.»
Per Flixbus ab Zürich HB: In einem Tag nicht machbar
Das dauert dann ein wenig, aber immerhin: Es gibt drei Verbindungen pro Tag. Jener Bus, der um 10.35 Ur abfährt, geht nach London Stratford-Montifichet, mit Umsteigen in Paris (Bercy Seine). Ankunft in Paris ist um 19.55 Uhr, dann reicht es für einen Znacht, denn erst um 23 Uhr geht es weiter. Ankunft in London ist nach zwei Zwischenhalten erst um 7.20 Uhr am Samstag. Die Verbindung wurde am Freitag (Stand 10 Uhr) als «Fast ausverkauft» bezeichnet. Kosten: 109 Franken.
Ein zweiter Bus geht um 21 Uhr nach London Victoria, ebenfalls mit Umsteigen in Paris (Bercy Seine). Er kommt dort nach zwei Zwischenhalten um 6.40 Uhr am Samstag an. Nach zwei weiteren Zwischenhalten ist die Endstation in London am Samstag um 16.25 Uhr erreicht. Kostet 145 Franken. Auch dieser Bus wird als «fast voll» gemeldet.
Per Flugzeug an einen anderen Flughafen
Wer Glück hat, fliegt an einen anderen Flughafen in London. Sieben sind es nach London City, durchgeführt von der Swiss, von Helvetic und von British Airways. Nach London Gatwick sind es drei Verbindungen, durchgeführt von Helvetic und EasyJet. Ein EasyJet-Flug geht nach London Luton.
Nach Gatwick war um 10 Uhr laut Skyscanner.ch sogar noch ein Direktflug verfügbar (569 Franken, Hin- und Rückflug). Die anderen Flughäfen sind mit einem oder mit zwei Zwischenstopps erreichbar, wobei sich die Reisezeit mehr als 14 Stunden beträgt und die Ankunft entsprechend erst am Samstagmorgen möglich ist.
Energieminister: Brand in Umspannwerk für Heathrow «katastrophal»

Der Brand, der die Schliessung des Londoner Flughafens Heathrow ausgelöst hat, ist laut dem britischen Energieminister Ed Miliband weitreichender als angenommen. Das «katastrophale» Feuer habe nicht nur ein Umspannwerk erfasst, das den Airport versorgt, sondern auch einen Reservegenerator funktionsuntüchtig gemacht, sagte Miliband am Freitag der BBC. Er sprach von einem beispiellosen Feuer. Noch sei es zu früh, Angaben zur Ursache zu machen. Doch müsse man für die Zukunft Lehren über den Stand der Schutzmassnahmen und die Widerstandskraft von wichtigen Institutionen wie Heathrow ziehen, erklärte der Minister.
Miliband erklärte weiter, es sei noch zu früh, um die genaue Ursache des Brandes, etwa drei Kilometer vom Flughafen entfernt, zu bestimmen. Derzeit gebe es aber keine Hinweise auf ein Fremdverschulden.
Dennoch leiteten Anti-Terror-Ermittler eine Untersuchung ein. Die Londoner Metropolitan Police begründete diese Entscheidung mit den Auswirkungen des Feuers auf kritische nationale Infrastruktur. Die Anti-Terror-Einheit verfüge über spezialisierte Ressourcen und Fähigkeiten, die helfen könnten, die Brandursache schnell zu finden, teilte sie mit.
Netzbetreiber: Übergangslösung für Heathrow gefunden
Der britische Netzbetreiber National Grid hat nach eigenen Angaben am frühen Freitagabend eine Übergangslösung gefunden, um die Stromversorgung am Londoner Flughafen Heathrow wiederherzustellen. «Teams haben rund um die Uhr gearbeitet, um den Strom so schnell wie möglich wiederherzustellen», teilte das Unternehmen auf der Plattform X mit.
Gemeinsam mit dem örtlichen Netzbetreiber habe man das Netzwerk rekonfiguriert, um alle betroffenen Kunden wieder versorgen zu können. Dies sei allerdings eine Übergangslösung.
Die Nachrichtenagentur PA meldete unter Berufung auf ihre Reporter, in Terminal 4 sei das Licht wieder angegangen. Der Flughafen machte zunächst keine Angaben. Der Airport blieb weiter gesperrt.
DPA/wy/sme/mrl
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