Lohnerhöhung des Kantonsrats kommt nicht vors Volk
Die SVP will, dass das Volk über die Erhöhung der Entschädigung für Kantonsräte entscheidet. Die Mehrheit im Rat wehrt sich während einer hitzigen Debatte gegen den «Murks».
Eigentlich ist es bereits beschlossene Sache. Eine Mehrheit im Kantonsrat hat sich schon im vergangenen November dafür ausgesprochen, die Entschädigung der Kantonsräte für ihre Parlamentsarbeit zu erhöhen. Neu sollen die Parlamentarier mit allen Zulagen durchschnittlich statt bisher 24000 Franken rund 39000 Franken pro Jahr erhalten. Die Anpassung sei nötig, weil die Gelder in den letzten 20 Jahren nicht mehr erhöht worden sind, war der Tenor im Rat. Netto steigen die Entschädigungen von 20000 auf 26000 Franken pro Jahr. Nur die SVP wollte eine kleinere Erhöhung, scheiterte vor zwei Monaten aber an der Mehrheit.
Am Montag bei der zweiten Lesung beantragte die SVP nun, das Geschäft nochmals zu überarbeiten und ein fakultatives Referendum einzubauen. Das Volk müsse das letzte Wort haben, wenn der Kantonsrat über sich selber entscheide, sagte Urs Waser (SVP, Langnau).
«Hauruck» und «Blödsinn»
Doch dieses Vorgehen wurde von allen anderen Fraktionen nicht goutiert. Die Rede war von «Hauruck-Übung», «Murks», «widerlichem Manöver» oder schlicht «Blödsinn». Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die SVP erst so spät mit dieser Idee käme, sagte Yvonne Bürgin (CVP, Rüti). Die Geschäftsleitung habe sich fast zwei Jahre lang mit dem Geschäft beschäftigt, hart gekämpft und konstruktiv entschieden: «Zwar entscheiden wir in eigener Sache, aber mit Augenmass und nicht unverschämt.» Beatrix Frey-Eigenmann (FDP, Meilen) sagte, die Annahme des SVP-Antrags hätte zur Folge, dass viele Teile der Verordnung, die die Entschädigung regelt, sistiert, vorgezogen oder rückwirkend in Kraft gesetzt würden. Dies führe zu unnötiger Verzögerung.
Für das Anliegen an sich zeigten die FDP wie auch die GLP Verständnis. Auch die SP und die EVP könnten sich vorstellen, ein solches Ansinnen zu unterstützen. Dies sei nun aber nicht der Moment, sich mit den Grundsätzen zu beschäftigen, sagte Ruedi Lais (SP, Wallisellen). Vielmehr solle das Parlament später «tiefenentspannt und ohne Schaum vor dem Mund» diskutieren. Gelegenheit bietet die von SVP-Kantonsrat Stefan Schmid (Niederglatt) im November eingereichte Parlamentarische Initiative mit demselben Ziel. Diese wird aber erst in rund 18 Monaten behandelt.
Topfkollekte für Fischer
Gemutmasst wurde auch über die Beweggründe der SVP. Beatrix Frey glaubte, die SVP wolle sich profilieren als einzige Partei, die sich um die demokratischen Rechte des Volkes kümmere, während sie überspiele, dass sie das Anliegen bei der letzten Revision des Kantonsratsgesetzes im Frühling 2019 verschlampt habe. Esther Guyer (Grüne, Zürich) warf der Fraktion vor, mit dem Antrag «Punkte in Herrliberg» sammeln zu wollen. Markus Bischoff (AL, Zürich) vermutete eine «Angst vor der eigenen Ideologie», da bei der SVP alle politischen Engagements unentgeltlich zu sein hätten. Er rief zudem zur Topfkollekte für den neuen SVP-Kantonspräsidenten Benjamin Fischer (Volketswil) und seine Familie auf.
Fischer fand die Anteilnahme der anderen Fraktionen «rührend». Tatsache sei aber, dass die Erhöhung der Entschädigung schon immer umstritten gewesen sei in der SVP-Fraktion. Der «Befehl» zu handeln sei aber nicht von Herrliberg gekommen, sondern von der Bevölkerung: «Wir haben zahlreiche Rückmeldungen erhalten, es sei unverschämt, dass der Kantonsrat sich selber eine Lohnerhöhung gebe, ohne das Volk zu fragen.» Dass die SVP erst bei der zweiten Lesung mit dem Vorstoss komme, liege daran, dass man nicht realisiert habe, dass die Entschädigungserhöhung nicht der Ausgabenbremse und dem fakultativen Referendum unterstehe, gab Fraktionschef Martin Hübscher (Wiesendangen) zu.
Schliesslich scheiterte der SVP-Antrag, und die Lohnerhöhung wurde bei der Schlussabstimmung mit 122 Ja- zu 36-Nein-Stimmen gutgeheissen. Neu kostet der Kantonsrat den Steuerzahler jährlich 8,8 Millionen Franken statt 5,3 Millionen.
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