Fragebogen mit Lena Häcki-Gross«Die grösste Herausforderung ist, die Essstörung ganz zu überwinden»
Als Kind ist sie fast in einem Bach ertrunken, jetzt gehört sie zu den Mitfavoritinnen an der Biathlon-WM. Lena Häcki-Gross sagt, was sie richtig hässig macht und was sie ihrem Grossvater verdankt.
Wer sind Sie?
Ich bin eine 28-jährige Frau, die begeistert ist vom Sport. Und weil dieser so vereinnahmend ist, versuche ich, eine Work-Life-Balance zu finden.
Was ist das Verrückteste, das Sie je getan haben?
Der Bungee-Jump von der Bloukrans-Brücke in Südafrika – das sind 216 Meter. Da gerät man in einen unheimlichen Adrenalinrausch. Es war aber auch deshalb cool, weil meine Freundin erst nur zuschauen wollte, da sie zu viel Respekt vor dem Sprung hatte. Doch dann sprang sie auch. Das Gefühl im Moment gleich nach dem Sprung war panisch und freudig zugleich, und es war schön, weil wir es zusammen machten.
Wie lange halten Sie es ohne Handy aus?
Wenn es mir langweilig ist, nicht lange. Wenn ich aber Programm habe oder mit Freunden unterwegs bin, sehr lange – ein bis zwei Tage. In den Ferien lege ich es auch mal weg und brauche es höchstens als Hilfe für die Navigation.
Was bringt Sie zur Weissglut?
Mich zur Weissglut zu bringen, ist schwierig. Aber ich kann hässig werden, wenn man mit Menschen, die mir wichtig sind, nicht respektvoll umgeht.
Was ist der Sinn des Lebens?
Das Leben geniessen zu können und mit sich im Reinen und zufrieden zu sein.
Was hat Sie zuletzt zu Tränen gerührt?
Mein erster Weltcupsieg letzthin. Meine Trainerin kam zu mir und sagte, sie sei megastolz auf mich – da flossen sie. Ich bin generell nah am Wasser gebaut. Da kommt ab und zu eine Träne, wenn es um etwas Schönes geht.
Wieso möchten Sie gerne Ihre Freundin sein?
Weil ich sehr loyal bin und immer ein offenes Ohr habe.
Sollte man Fremdgehen verzeihen?
Das kommt auf die Umstände an. Da würde ich nicht grundsätzlich Ja oder Nein sagen. Die Kommunikation ist in diesem Fall extrem wichtig – deshalb: Jein.
Welches Lied können Sie auswendig?
Ah, einige! Wenn ich alleine Auto fahre, singe ich immer mit. Zuletzt lief am häufigsten «Parachute» von Song House.
Was ist Ihre schönste Kindheitserinnerung?
Da gibt es viele. Zusammengefasst alle, in denen ich mit den Eltern, der Familie und dem Grossvater etwas unternommen habe und wir draussen Sport machten. Meine Eltern sind sehr sportlich, weil sie aber im eigenen Hotel sehr viel arbeiten mussten, war in den Ferien immer der Grossvater bei uns. Er hat mir so ziemlich alles beigebracht, Schlittschuhlaufen, Skifahren, Schwimmen, Velofahren.
Sind Sie ein Mami- oder Papi-Kind?
Das kommt aufs Thema an. Wenn es um die emotionale Seelsorge geht, dann ein Mami-Kind, und wenn es ums Abenteuer-Erleben geht, dann ein Papi-Kind.
Wann hatten Sie so richtig Glück?
Ich kann mich nicht selber daran erinnern, weiss es aber von Erzählungen meiner Eltern: als ich als Kleinkind fast in der Engelberger Aa ertrunken wäre. Ich fiel hinein und wurde fast von der Strömung mitgerissen, konnte mich aber im letzten Moment noch an einem Felsbrocken festklammern.
Gibt es einen Gott?
Per se glaube ich nicht an Gott, aber es kann etwas Höheres geben da draussen.
Was stört Sie an der Schweiz?
Schwierig – vielleicht, dass die Schweizerinnen und Schweizer ein wenig engstirnig sein können, und da zähle ich mich auch dazu.
Wenn Sie eine Kristallkugel hätten, was würden Sie wissen wollen?
Nichts, ich lasse mich gerne vom Leben überraschen.
Was ist das Ekelhafteste, das Sie je gegessen haben?
Ich mag Pilze nicht, ihre Konsistenz ekelt mich – den Geschmack finde ich jedoch noch gut.
Was ist Ihr Serientipp?
Ich schaue viele Serien und finde viele gut, «Friends» aber kann ich immer schauen, das ist meine Wohlfühl-Serie.
Wovor haben Sie Angst?
Einen geliebten Menschen zu verlieren, jemanden, der mir nahesteht. Meinen Mann, jemanden aus der Familie, aus dem Freundeskreis.
Wie oft sind Sie umgezogen?
Nur zweimal, von Engelberg nach Ruhpolding und dort im Ort nochmals.
Sie wären für einen Tag ein Mann. Was würden Sie tun?
Natürlich im Stehen pinkeln. Und dann würde ich gerne wissen, wie es als Mann ist, Geschlechtsverkehr zu haben.
Was ist der grösste Quatsch, der über Sie geschrieben wurde?
Ich habe in einem Interview einmal erzählt, dass ich von Norwegen zurückgekehrt sei in die Schweiz zu meinem Freund. Der Journalist aber hat geschrieben, dass ich von meinem Freund in Norwegen zurückgekehrt sei. Marco, mein Mann, der damals noch mein Freund war, zog mich danach andauernd auf mit meinem norwegischen Freund. (lacht)
Bei was haben Sie Ihre Meinung fundamental geändert?
Früher meinte ich, ich müsse am Schiessstand möglichst schnell schiessen. Heute weiss ich, dass das Schnellschiessen erst kommt, wenn die Sicherheit da ist.
Worüber reden Sie nicht mit Ihrem Partner?
Wir reden über alles – ausser Geheimnisse, die mir Freunde anvertraut haben.
Ihr Tipp für Hobbysportler?
Habt Freude am Sport und bleibt an eurer Leidenschaft dran!
Was finden Sie attraktiv an sich?
Meine Haare. Sie haben sich im Verlauf der Jahre auch oft verändert, sei es in Länge oder Farbe. Derzeit trage ich gerade einen Pony, den man im Rennen aber nicht sieht, weil ich die Haare mit Spängeli nach hinten befestige.
Was ist Ihre grösste Herausforderung im Leben?
Meine Essstörung ganz zu überwinden. Ich habe sie sehr lange mit mir herumgetragen, bis mir klar wurde, dass ich sie angehen muss. Und dann hat es ein- bis eineinhalb Jahre gedauert, bis ich die Essensanfälle mit einer Therapeutin in den Griff bekam. Ich bin heute noch in Therapie, jetzt aber gehts es um das Festigen des Selbstwertgefühls. Aber solange ich im Sport bin, glaube ich nicht, dass ich frei von Gedanken daran sein werde, es ist jetzt ein Optimieren.
Was bedeutet Ihnen Zärtlichkeit?
Sehr viel. Ich bin ein sehr zärtlicher Mensch.
Bei wem müssten Sie sich eigentlich entschuldigen?
Ich habe mich damals schon entschuldigt, aber es tut mir heute noch leid, dass ich einmal eine Kollegin verbal sehr hart angegangen bin.
Was möchten Sie gerne noch lernen?
Gleitschirm- oder Deltafliegen – mein Vater macht das noch heute, meine Mutter machte es auch. Einen Tandemflug habe ich hinter mir, es ist ein unglaublich schönes, freies Gefühl in der Luft.
Ihr Spitzname als Kind und heute?
Leni, damals und heute.
Werden Sie Ihre Organe spenden?
Ja, ich habe einen Ausweis.
Könnten Sie auf Fleisch verzichten?
Ja, aber im Sport ist es schwierig, der Aufwand wäre gross. Wir sind in Hotels unterwegs, wo sie meist nicht wissen, wie man optimal supplementiert. Nach dem Sport kann ich mir das schon vorstellen.
Was würden Sie an sich ändern?
Ich bin manchmal etwas zu energisch, etwas stark zu Taten getrieben. Ein wenig zurückschrauben täte manchmal gut.
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