LeichtathletikEinmaliger Krimi über 800 m und Ehammers Coup
Gleich vier Läuferinnen qualifizierten sich an den Meisterschaften in Winterthur für Olympia – doch nur drei dürfen gehen.
Zuletzt überschlugen sich die Ereignisse, und der zweite Tag der nationalen Meisterschaften am Winterthurer Deutweg wurde zu einem einzigartigen: Dass sich die Schweizer 800-m-Läuferinnen seit ein, zwei Jahren auf hohem Niveau bewegen, ist nicht neu. Dass aber gleich vier die Olympialimite von 1:59,30 Minuten unterbieten, ist einzigartig. Im Fotofinish gewann nicht Lore Hoffmann, die Routinierteste, sie wurde in 1:59,26 Vierte. Schweizer Meisterin wurde Rachel Pellaud in 1:58,60, und sieben bzw. neun Hundertstel hinter ihr klassierten sich Audrey Werro und Valentina Rosamilia als Zweite und Dritte.
Die Krux: Nur drei dürfen in Paris starten. Nun ist es an den Selektionären im Verband, diejenige zu bestimmen, die daheim bleiben muss. Pellaud ist 29, Hoffmann 27, Rosamilia 21 und Werro 20. Hoffmann ist die einzige, die schon in Tokio dabei war, sie wurde dort Neunte.
Ehammer bedrängt Joseph
Gleich danach kam gröbere Unruhe im Stadion auf, weil EM-Silbergewinnerin Ditaji Kambundji auf den Hürdenfinal verzichtete. Mehrkämpferin Annik Kälin siegte in der persönlichen Bestzeit von 12,97 Sekunden – und Kambundji erklärte danach, sie habe sich im Warm-up nicht wohl gefühlt und deshalb vorsichtshalber verzichtet. Nahe einem Coup war Simon Ehammer im Hürden Final der Männer: Gleichauf mit EM-Bronzegewinner Jason Joseph sprintete er in 13,38 zu einer Bestzeit, Joseph siegte in 13,26 und blieb damit einiges über seinem Schweizer Rekord (13,07).
Nach Julien Bonvin über 400 m Hürden schaffte dies auch Yasmin Giger. In 54,77 lief sie Bestzeit, steigerte sich um drei Zehntel und unterbot die Limite um acht Hundertstel. Es ist ein schöner Erfolg für die 24-jährige Thurgauer Athletin, der der Ruf anhaftete, es nicht über das ewige Talent hinaus zu bringen. Zuvor hatte Europameisterin Mujinga Kambundji erneut bestätigt, dass ihre Form hinsichtlich Paris immer besser wird: In 22,42 gewann sie den Titel über 200 m, so schnell war sie in dieser Saison noch nie. Und der Pechvogel war 400-m-Läufer Lionel Spitz: in 45,01 lief er eine starke Bestzeit, verpasste die Olympialimite um eine und den Schweizer Rekord um zwei Hundertstel.
Selektionen nächste Woche
Wie gross die Schweizer Delegation in Paris (Leichtathletik ab 1. August) letztlich sein wird, gibt Swiss Olympic nächste Woche bekannt. Neben Dominic Lobalu, der für das Refugee Team antritt, haben mit Tadesse Abraham, Matthias Kyburz (beide Marathon), Ehammer (Weit und/oder Zehnkampf), Joseph (110 m Hürden) sowie Bonvin (400 m Hürden) fünf Männer die Limite unterboten.
Bei den Frauen sind es mit Mujinga Kambundji (100 m, 200 m), den 800-m-Läuferinnen, Ditaji Kambundji (100 m Hürden), Angelica Moser (Stab), Kälin (Siebenkampf), Yasmin Giger (Hürden) sowie Fabienne Schlumpf und Helen Bekele (beide Marathon) elf Frauen. Für die Staffeln werden zusätzliche Athletinnen und Athleten selektioniert. Und: Ein paar wenige wie Spitz werden sich einen Startplatz über das World Ranking sichern, das am Mittwoch aktualisiert wird.
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