Artenvielfalt in ZürichLandwirte machen Platz für Moore
Der Kanton Zürich will Landwirtschaftsflächen in Feuchtgebiete umwandeln. Bauern begrüssen die Massnahme. Kritik gibt es von Umweltschützern.
Moore sind Hotspots der Biodiversität – und der Kanton Zürich ist mit seinen rund 1800 Hektaren Moorfläche sozusagen der hotteste Spot des Mittellands. Nun will der Kanton diese Feuchtgebiete sogar noch ausweiten, teilt die Baudirektion am Dienstag mit.
Konkret geht es darum, ehemalige Moorlandschaften zu renaturieren, die mit der Intensivierung der Landwirtschaft trockengelegt wurden, um Ackerland zu gewinnen. Denn von den ausgedehnten Feuchtgebieten früherer Zeiten sind heute nur noch rund zehn Prozent erhalten. Diese Restflächen sind ausserdem so klein und isoliert, dass sich die einstige Artenvielfalt dort kaum halten kann.
Vernetzung der Lebensräume
Der Kanton Zürich hat deshalb bereits in seinem Naturschutz-Gesamtkonzept von 1995 festgelegt, dass auf rund 1,8 Prozent der heutigen Landwirtschaftsfläche eine sogenannte Moorergänzungsfläche geschaffen werden soll. Das Amt für Landschaft und Natur hat nun jene 1300 Hektaren eruiert, die hierzu das grösste Potenzial haben. Diese sogenannte «Strategie drainierte Böden» berücksichtige die Ziele der Landwirtschaft, des Bodenschutzes und des Naturschutzes gleichermassen, sagt Ursina Wiedmer, Leiterin Fachstelle Naturschutz.
Ziel sei es, die Moorflächen quantitativ und qualitativ so auszuweiten und zu vernetzen, dass wieder ausreichend Lebensraum für heute gefährdete Tier- und Pflanzenarten der Feuchtgebiete entstehe und die Artenvielfalt gesichert sei, sagt Wiedmer. Mit der nun festgelegten Renaturierung können sich nicht nur Insektenarten wie Libellen oder Schmetterlinge sowie diverse Amphibien und Vogelarten ansiedeln. Es wird auch Lebensraum für gefährdete Pflanzenarten und Orchideen geschaffen.
Landwirte, auf deren Boden der Kanton ehemalige Moorgebiete renaturieren will, können die Flächen nutzen wie bisher, erhalten aber künftig keine Subventionen für Entwässerungsmassnahmen. Sie können aber auch die Biodiversitätsflächen anlegen und Ertragsausfälle über Direktzahlungen vom Bund entschädigen lassen.
Der Zürcher Bauernverband (ZBV) bezeichnet die geplante Massnahme in einem Communiqué als «eine sehr gute Gelegenheit, die Qualität vor der Quantität zu fördern». Der Kanton sei bereit, bisher geschützte Flächen, welche die Anforderungen für die Renaturierung nicht erreicht haben, wieder primär der landwirtschaftlichen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Positiv sei auch die Freiwilligkeit, an einem solchen Projekt teilzunehmen. Trotzdem geht der ZBV davon aus, dass es Härtefälle geben wird. Bei der konkreten Umsetzung müssten daher faire Lösungen gefunden werden.
Kritik am Tempo der Umsetzung
Weniger zufrieden äussern sich die Umweltschutzverbände Pro Natura, WWF Zürich und Birdlife Zürich in einer gemeinsamen Mitteilung. Sie kritisieren, dass es ein Vierteljahrhundert gedauert habe, um allein die Renaturierungsflächen zu definieren, und ein konkreter Plan für die Umsetzung noch immer fehle. Dieser solle innert eines Jahres von der Zürcher Regierung vorgelegt werden, so ihre Forderung.
Auch Ursina Wiedmer kann keinen konkreten «Fahrplan» für die Umsetzung der kantonalen Massnahmen nennen. Ein Orientierungspunkt sei jedoch die nationale «Strategie Biodiversität». «Diese hält fest, dass bis 2040 die ökologische Infrastruktur für die Natur wieder instandgesetzt sein soll.»
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