Pressekonferenz des BundesratsDie Polizeistunde fällt, Maskenpflicht bei Demonstrationen
Die Corona-Massnahmen werden weiter gelockert. Die Polizeistunde fällt und Veranstaltungen mit 1000 Personen werden wieder erlaubt. Die Pressekonferenz zum Nachlesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Corona-Massnahmen werden ab Montag, 22. Juni weiter gelockert.
- Dazu gehören die Anpassung der Abstandregel, die Aufhebung der Polizeistunde und Veranstaltungen und Versammlungen mit bis zu 1000 Personen sind wieder erlaubt., allerdings gilt Maskenpflicht bei Kundgebungen.
Die Lockerungen waren bereits zuvor diskutiert worden.
Ab 22. Juni gilt:
- Die Sperrstunde («Polizeistunde») für Restaurants, Cafés, Discos und Nachtclubs gilt nicht mehr. Auch besteht in Restaurants keine Sitzpflicht mehr.
- Der Mindestabstand zwischen zwei Personen wird von 2 Metern auf 1,5 Meter reduziert. Der Abstand kann weiterhin unterschritten werden, wenn eine Maske getragen wird oder Trennwände vorhanden sind. Bei Veranstaltungen mit festen Sitzplätzen, zum Beispiel im Konzert oder im Kino, reicht das Leerlassen eines Sitzes. Falls an Veranstaltungen, Anlässen oder in Schulen die Distanzmassnahmen nicht möglich sind, müssen Kontaktlisten geführt werden.
- Veranstaltungen und Versammlungen mit bis zu 1000 Personen sind wieder erlaubt. Das Nachverfolgen von Kontakten muss aber stets möglich sein. Der Veranstalter muss sicherstellen, dass die Zahl der maximal zu kontaktierenden Personen nicht grösser als 300 ist, etwa durch die Unterteilung in Sektoren. Die Kantone können diese Grenze auch herabsetzen.
- Keine Obergrenze für Anzahl Demo-Teilnehmer, es gilt aber eine Maskentragpflicht. Diese Änderung für politische und zivilgesellschaftliche Kundgebungen gelten bereits ab diesem Samstag (20. 6.).
- Die Homeoffice-Empfehlung wird aufgehoben. Die Entscheidung darüber, ob die Arbeitnehmenden zu Hause oder im Büro arbeiten sollen, ist zukünftig dem Arbeitgeber überlassen. Ebenso sind die Vorgaben zum Schutz der Gruppe besonders gefährdeter Personen aufgehoben. Auch diese können wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Der Arbeitgeber ist aber verpflichtet, die Gesundheit der Arbeitnehmenden mit entsprechendenMassnahmen zu schützen.
- Vereinfachte und vereinheitlichte Schutzkonzepte: Alle öffentlich zugänglichen Orte müssen über ein Schutzkonzept verfügen; auf spezifische Regeln für einzelne Kategorien von Betrieben, Veranstaltungen oder Bildungseinrichtungen wird verzichtet. Neu gelten dieselben Vorgaben für alle Konzepte; Musterschutzkonzepte gibt es keine mehr.
- Der Bundesrat erklärt den Ausstieg aus der ausserordentlichen Lage. Im Gegensatz zur ersten Coronavirus-Welle soll die Hauptverantwortung bei einem Wiederanstieg der Covid-19-Fälle bei den Kantonen liegen. Kantone, die eine Zunahme der Fallzahlen feststellen, sollen diese mit geeigneten Massnahmen bewältigen.
- Auflösung des Krisenstabs des Bundesrats Corona (KSBC) nach Kenntnisnahme von dessen Schlussbericht. Der KSBC war vom Bundesrat am 20. März einberufen worden.
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Wer zahlt für Corona-Tests?
Die Frage, wer für die Corona-Tests bezahle, ist laut Berset besprochen worden und werde weiter diskutiert. Es könne negative Anreize geben, sich testen zu lassen, etwa der Selbstbehalt. «Jeder sollte den Anreiz haben, sich testen zu lassen. Gerade auch hinsichtlich dem Herbst, wo die Fallzahlen wieder ansteigen könnten.»
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Wann kommt die Tracing-App?
Laut Berset ist vorgesehen, die Verordnung zur Einführung der Contact-Tracing-App am Mittwoch zu verabschieden.
Die Benützung der App ist freiwillig, «aber wir tun gut daran, die App herunterzuladen», sagt Sommaruga.
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Polizeistunde gilt dieses Wochenende noch
Warum die Polizeistunde erst am Montag fallen werde, lautet eine Frage. «Wir haben immer eine Frist eingehalten, damit sich alle darauf einstellen und sich überlegen können, wie die Regeln umgesetzt werden können», antwortet Berset.
Können einzelne Kantone eine Maskenpflicht einführen?
«Willkommen im Föderalismus», sagt Berset auf eine Frage, ob einzelne Kantone nun eine Maskenpflicht beschliessen könnten. Natürlich könnten die Kantone eigene Regeln verfügen.
«Man wird sich jetzt daran gewöhnen müssen, dass es wieder auch kantonale, föderalistische Regelungen gibt», ergänzt Sommaruga. Gerade im öffentlichen Verkehr sei aber eine Absprache zwischen den Kantonen sinnvoll. In Zukunft werde es aber bestimmt unterschiedliche Regeln in den Kantonen geben, das sei auch so gewollt.
Die dringende Maskenempfehlung gelte aber weiterhin.
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Rückkehr zum ordentlichen Recht
Nun spricht Bundeskanzler Walter Thurnherr. Er kündigt eine Vernehmlassung an, um eine gesetzliche Grundlage für die vom Bundesrat erlassenen Corona-Regeln zu schaffen.
«Verschlechtert sich die Lage, wäre eine Rückkehr zur ausserordentlichen Lage theoretisch möglich», sagt Thurnherr. «Die Eröffnung dieser Vernehmlassung ist für den Bundesrat ein wichtiger Schritt zurück in Richtung ordentliches Recht.»
Zweite Welle soll verhindert werden
Nun spricht Bundesrat Alain Berset. Fast alle Einschränkungen seien nun aufgehoben. Ab Montag seien Veranstaltungen bis 1000 Personen möglich. Ab September seien auch grössere Veranstaltungen möglich. Demos ohne Obergrenze sind ab Samstag möglich, allerdings gilt eine Maskenpflicht.
«Die Zahlen sind gut, die Entwicklung ist gut», sagt Berset. Der Mindestabstand werde von 2 auf 1,5 Meter reduziert. Der Gesundheitsminister appelliert an die Eigenverantwortung der Bevölkerung, die Regeln einzuhalten. Wo der Abstand nicht möglich sei, müssten Masken getragen werden, etwa in Clubs. «Ziel ist es nun, eine zweite Welle zu verhindern.»
Ausserordentliche Lage wird beendet
«Ich weiss noch genau, wie ich vor gut drei Monaten, am 16. März, hier vor Ihnen gesessen bin – das war der Tag, als der Bundesrat die ausserordentliche Lage erklärt hat», sagt Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga zu Beginn der Pressekonferenz. «Heute, drei Monate später, können wir die ausserordentliche Lage beenden.»
Das Ziel bleibe dasselbe wie bisher: «Wir müssen die Ausbreitung des Virus verhindern.» Man sei heute besser vorbereitet als noch vor drei Monaten. Die Kantone könnten nun gezielt eingreifen, wo es nötig sei.
Die bewährten Grundsätze Händewaschen, Abstandhalten und Maksentragen würden weiterhin gelten. Die Tracing-App gehöre zu den flankierenden Massnahmen.
Bundesrat hebt Polizeistunde auf, keine Maskenpflicht
Der Bundesrat lockert die Corona-Regeln weiter: Die Polizeistunde fällt, der Mindestabstand wird auf 1,5 Meter reduziert, Veranstaltungen bis 1000 Personen sind erlaubt. Eine Maskenpflicht ist nicht vorgesehen.
Die Lockerung der Massnahmen, die schon zuvor diskutiert wurden, hat der Bundesrat am Freitag beschlossen. Er tut dies vor dem Hintergrund der positiven Entwicklung: Auch während der letzten Lockerungsschritte ist die Zahl der Neuinfektionen, Hospitalisationen und Todesfälle zurückgegangen, wie der Bundesrat in einer Mitteilung schreibt. Die verbleibenden Einschränkungen würden daher am kommenden Montag weitgehend aufgehoben.
Veranstaltungen bis 1000 Personen
Ab dann sind wieder Veranstaltungen und Versammlungen mit bis zu 1000 Personen erlaubt, das Nachverfolgen von Kontakten muss aber stets möglich sein. Mit der Aufteilung in Sektoren muss sichergestellt werden, dass nicht mehr als 300 Personen kontaktiert werden müssen. Grossveranstaltungen von mehr als 1000 Personen sind ab Anfang September wieder möglich, sofern sich die epidemiologische Lage nicht verschlechtert.
In den Restaurants fällt die Sitzpflicht. Die Sperrstunde für Restaurants, Discos und Nachtclubs wird aufgehoben. Alle öffentlich zugänglichen Orte müssen aber über ein Schutzkonzept verfügen. Diese werden vereinfacht: Neu gelten dieselben Vorgaben für alle Schutzkonzepte.
Keine Maskentragpflicht im öV
Der Mindestabstand zwischen zwei Personen wird von 2 auf 1,5 Meter reduziert. Der Abstand kann laut Bundesrat weiterhin unterschritten werden, wenn eine Maske getragen wird oder wenn Trennwände vorhanden sind. Im öffentlichen Verkehr rät der Bundesrat dringend zum Tragen einer Maske, wenn der Abstand nicht eingehalten werden kann. Auf eine Maskentragpflicht verzichtet der Bundesrat aber.
Eine Ausnahme gilt für Demonstrationen: Solche sind schon ab Samstag mit unbeschränkter Teilnehmerzahl erlaubt, die Teilnehmenden müssen aber eine Maske tragen. Die Home-Office-Empfehlung wird aufgehoben, die Entscheidung wird dem Arbeitgeber überlassen. Das gleiche gilt für die Vorgaben zum Schutz besonders gefährdeter Personen. Auch diese können wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, sie müssen aber geschützt werden.
Kantone in der Verantwortung
Der Bundesrat hat sich auch darüber unterhalten, wie er auf eine zweite Welle reagieren würde. Im Gegensatz zur ersten Welle solle die Hauptverantwortung bei einem Wiederanstieg der Fallzahlen bei den Kantonen liegen. Der Bund soll aber dafür sorgen, dass rasch detaillierte Daten zu Verfügung stehen oder die Versorgung mit den notwendigen Heilmitteln und Schutzausrüstungen sichergestellt ist.
Die ausserordentliche Lage gemäss Epidemiengesetz ist am Freitag zu Ende gegangen. Der Bundesrat hat bei der Gelegenheit beschlossen, den Krisenstabs des Bundesrats Corona aufzulösen. (sda)
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Pressekonferenz auf 15 Uhr angesetzt
Zur heutigen Bundesratssitzung findet eine Medienkonferenz statt. Um 15 Uhr informieren Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, Gesundheitsminister Alain Berset und Bundeskanzler Walter Thurnherr zu Entscheiden betreffend Corona-Massnahmen.
Darum geht es
Am Freitag steht die nächste Lockerungsrunde der Corona-Regeln an. Der Sicherheitsabstand soll auf 1,5 Meter sinken. Das entspricht der Regelung in Deutschland. In Österreich und Frankreich hingegen gilt ein Meter. Bundesrat Alain Berset hat diesen Wert bei früheren Gelegenheiten als unzureichend bezeichnet, weil damit der Abstand im Alltag ganz wegzufallen drohe. Doch nun, da die Distanz in Grossbritannien verkleinert werden soll, ist die Schweiz mit der 2-Meter-Regel in Europa ziemlich allein.
Berset schlägt zudem vor, Veranstaltungen bis 1000 Personen zuzulassen. Der Gesundheitsminister plant, die Obergrenze für Veranstaltungen auf 1000 Personen zu erhöhen, wie mehrere gut informierte Personen bestätigen.
Rückkehr zur «besonderen Lage»
Gelockert werden soll auch die Polizeistunde: Bisher mussten Restaurants, Bars und Nachtclubs um Mitternacht schliessen. Neu will Berset diese Regelung wieder den Kantonen überlassen. Schliesslich sind auch sie es, die wieder die Verantwortung dafür übernehmen sollen, das Coronavirus in der Schweiz in Schach zu halten: Berset schlägt wie angekündigt vor, die ausserordentliche Lage gemäss Epidemiengesetz zu beenden und in die besondere Lage zurückzukehren.
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oli/sda
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