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Nachruf auf Mino Raiola
Er vertrat die grössten Stars und trieb die Clubs in den Wahnsinn

Auftritte, die er liebte: Spieleragent Mino Raiola, umgeben von Mikrofonen und Kameras.
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Mino Raiola sprach sechs Sprachen, gerüchteweise sogar sieben. Aber denken, sagte er einmal, würde er im kampanischen Dialekt. «Das geht schneller.» Nun, da Raiola nach schwerer Krankheit im Mailänder Krankenhaus San Raffaele gestorben ist, im Alter von 54 Jahren, führen alle italienischen Zeitungen die Bonmots und Anekdoten aus dem Leben des kontroversen «Superagenten» des Fussballs noch mal auf – als wären sie wertvolle Zeitdokumente, Stoff fürs Archiv. Transferperioden, bei denen er einen seiner Mandanten im Rennen hatte, waren immer unterhaltsam. Ganze Sommer bespielte er mit seinen Tricks, und am Ende gewannen seine Spieler und er selbst eine Menge Geld. Die Fans fanden es nicht so lustig, wenn ihre Lieblinge wegzogen, die Vereinsbosse litten unter seiner List. Aber die Medien feierten den «König Midas» der Fussballer, weil er ihnen Geschichten lieferte, die das Geschäft transzendierten.

Auf die Welt kam Mino Raiola in Nocera Inferiore bei Neapel. Er war noch nicht ein Jahr alt, da zog die Familie nach Haarlem, einem Vorort von Amsterdam. Der Vater eröffnete da, im Schatten der Kathedrale, eine Pizzeria, die er Napoli nannte. Das klassische Auswanderungsepos. Später sollte es oft heissen, Raiola habe als Pizzaiolo angefangen, bevor er sich als Sportmanager neu erfand, und darin sollte auch eine maliziöse Note mitschwingen: «Ich habe nie verstanden, warum man mich immer als Pizzabäcker beschrieb», sagte er dazu. «Ich war Kellner im Lokal der Familie. Aber kann mir mal jemand erklären, warum Pizzaiolo eine Beleidigung sein soll?» Raiola gab den Showman im Napoli, er unterhielt die Gäste, knüpfte Kontakte mit Prominenten, auch Fussballer waren dabei.

Mit 19 war er Sportdirektor beim örtlichen Fussballverein, als Verteidiger reichte es nicht aus. Mit 20 kaufte er ein Restaurant von McDonald’s, das er gleich wieder mit Gewinn verkaufte, das Geld steckte er in die Gründung seiner Vermittlungsagentur. Sein erster grosser Transfer: Dennis Bergkamp von Ajax Amsterdam zu Inter Mailand, keine sehr glückliche Hochzeit. Richtig bekannt wurde er aber dank Zlatan Ibrahimovic, dem langjährigsten und treuesten Kunden in seinem grossen Rennstall. Sie waren Freunde. «Mino ist Familie», sagte der Schwede. «Er ist wie ich, einer von der Strasse.» Ähnlich war auch ihr grenzenloses, zuweilen groteskes Selbstbewusstsein. Raiola wurde oft wegen seiner eigenwilligen modischen Akzente belächelt. Wenn viel auf dem Spiel stand, kleidete er sich gern besonders salopp: Shorts, Flipflops, die Plauze im engen T-Shirt. «Wenn sie mich so sahen, dachten sie sich: Das ist doch ein halber Schwachkopf. Und diese Unterschätzung war ein Vorteil bei den Verhandlungen.»

Trainer betreute er nicht, er wollte sie zum Teufel jagen können

Den grössten Coup seiner Karriere landete er mit Paul Pogba, dem französischen Mittelfeldspieler, den sie auch Oktopus nennen. Als Pogba 19 war, vermittelte ihn Raiola ablösefrei von Manchester United zu Juventus Turin, um ihn einige Jahre später wieder genau dorthin zu verkaufen: für 110 Millionen Euro. Raiola selbst erhielt 27 Millionen. Das war etwas mehr als die obligaten zehn Prozent, die er bei jedem Geschäft kassierte. Dieses Gebaren trug ihm den Ruf ein, ein Zyniker zu sein, ein eigensinniger Krämer gegen den Fussball, ein Inflationstreiber, der die Vereine mit exzessiven Forderungen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten drängte.

Aber natürlich war er nicht der Einzige, er war sogar nur die Nummer 3 in der Rangliste der mächtigsten europäischen Agenten – hinter dem Engländer Jonathan Barnett und dem Portugiesen Jorge Mendes. So fragt sich nun, in wessen umsichtige Obhut die verwaisten Superklienten Raiolas ziehen werden: Erling Haaland, Marco Verratti, Gianluigi Donnarumma, Matthijs de Ligt, Mario Balotelli, unter vielen mehr.

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Sein Cousin Enzo, der bisher die Pressearbeit machte, könnte womöglich einige von ihnen davon überzeugen, in der Familie zu bleiben. Doch da bei Mino Raiola alles über die menschliche Nähe zu den Spielern lief, über die Chemie, ist die Nachfolge denkbar schwierig. Mit Trainern arbeitete er nie, weil er fand, er wolle immer frei sein, sie notfalls zum Teufel jagen können.

Mit dem vielen Geld aus den Kommissionen kaufte sich Raiola auch eine Villa in Miami, das frühere Haus von Al Capone. Aus einer Laune heraus, ein kleines Lustobjekt für acht Millionen Dollar, alles in der Familie. Die «Gazzetta dello Sport» schreibt, Al Capone sei ein Vorfahre von Raiolas Mutter gewesen.

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