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Kloten startet mit neuem Trainer
«Als wir hörten, wer kommt, dachten wir: Der wird toben»

Ab der neuen Saison leitet beim EHC Kloten Gerry Fleming die Geschicke an der Bande. Als Spieler sorgte der Coach mit Prügeleien und Strafzeiten für Aufsehen. Aus 574 Partien resultierten 2386 Minuten.
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Hinter verschlossener Garderobentür kämpften die Spieler mit den Tränen. Der Trainer rang um Worte, als er ein letztes Mal vor die Mannschaft trat. «Ich dachte, ich werde mich unter Kontrolle haben, hatte ich aber nicht», sagte er mit feuchten Augen und belegter Stimme. Es war das Ende einer Saison, in der Kloten mit dem Erreichen des Pre-Playoffs sämtliche Erwartungen übertroffen hatte. Das Ende der Ära Jeff Tomlinson, des Aufstiegscoachs.

Sechs Monate ist das her. Mittlerweile fungiert der 53-jährige Deutsch-Kanadier als Berater im Hintergrund. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn dazu, kürzerzutreten. Schon im Vorjahr hätte er ohne die Unterstützung seiner Assistenten den Job kaum mehr bewältigen können. Im Stadion war Tomlinson zuletzt nur selten anzutreffen. Er verfolgte lange keine Trainings, wollte niemandem auf die Füsse treten, das Kommando seinem Nachfolger Gerry Fleming überlassen.

Über 2000 Strafminuten sammelte der neue Trainer in seiner Karriere

«Als wir hörten, wer da kommt, dachten wir: Der wird toben. Doch bisher ist Gerry nicht ausgebrochen», sagt Captain Steve Kellenberger nicht ohne Grund. Als Spieler war Fleming nicht sonderlich talentiert. Dennoch hinterliess der in Montreal geborene, fast zwei Meter grosse Hüne Spuren. Fleming, der die meisten seiner Jahre in der AHL verbrachte, fiel durch seine Härte auf und genoss die Rolle als Goon, als Schlägertyp. In 574 Partien totalisierte er schier unfassbare 2386 Strafminuten.

In der Kabine konsumierten die Klotener Spieler längst Videos seiner Faustkämpfe. «Einige erwarten von uns nun vielleicht einen ebenfalls aggressiveren Spielstil, mehr Schlägereien. Das wird nicht passieren. Gerry sagte früh, er sei zwar ein Aggressivspieler gewesen, hätte von der Strafbank aus aber das richtige und gute Eishockey gesehen. So, wie man diesen Sport ausüben sollte», hält Marc Marchon fest, auch kein Kind von Traurigkeit. Kloten will auch künftig spielerische Akzente setzen, in den Angriff gehen, sobald sich eine Möglichkeit auftut.

«Es wäre ein Riesending, eine Sensation, würden wir dieselbe Leistung erbringen wie im Vorjahr.»

Marc Marchon

An den Zielen hat sich nichts geändert. «Wir wissen, dass wir in fünf Jahren nicht mehr am selben Ort stehen dürfen. Irgendwann muss der Weg in Richtung Mittelfeld eingeschlagen werden», sagte der abtretende Präsident Mike Schälchli unlängst dieser Redaktion. Noch aber sind die Zürcher Unterländer nicht so weit. Auch im zweiten Jahr nach dem Aufstieg lautet die Vorgabe, so schnell wie möglich den Ligaerhalt zu sichern. Hin und wieder höre er, es gelte nun, das Playoff zu erreichen, erzählt Marchon, dämpft die Erwartungen aber sogleich: «Wir lassen uns nicht aus dem Konzept bringen. Es wäre schon ein Riesending, eine Sensation, würden wir dieselbe Leistung erbringen wie im Vorjahr. Natürlich möchten wir um die Playoffs kämpfen. Doch primär gilt es, Ajoie und Langnau hinter uns zu lassen.»

Und dennoch spricht Fleming, der im Vorjahr Aufsteiger Frankfurt auf Anhieb ins Pre-Playoff geführt hatte, davon, mit Kloten einen nächsten Schritt machen zu wollen. «Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich sage nicht, dass es leicht wird.» Der Kanadier verweist auf die Ausgeglichenheit der Liga, die vielen guten Spieler. Zudem würden auch Verletzungen eine zentrale Rolle spielen. Trotzdem sprüht der 55-Jährige förmlich vor Optimismus. Das Team, die Chemie und die Arbeitseinstellung der Spieler begeistern ihn. «Sie ist herausragend», lobt Fleming. «Jeder kümmert sich um den anderen. Die Jungs pushen sich, wollen sich gegenseitig besser machen, legen eine enorme Leidenschaft an den Tag.»

25.08.2023; Biasca; Eishockey National League  - Testspiel  - HC Lugano - EHC Kloten; Mark Arcobello (Lugano) , Marc Marchon (Kloten) 

(Marusca Rezzonico/Freshfocus)


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Trotz vielen Wechseln im Team und insgesamt acht Neuzugängen (siehe Box) habe sich die Atmosphäre nicht geändert. «Neue Ausländer, neue Schweizer, ein neuer Trainer: Ich dachte, das könnte schwierig werden. Doch noch nie habe ich einen solchen Zusammenhalt in einer Mannschaft erlebt», schwärmt Marchon. Alle hätten sich unglaublich schnell eingefügt. Einige lustige Abende seien schon verbracht worden.

14 Wochen dauerte das Sommertraining. «Das wohl längste meiner Karriere», mutmasst der 36-jährige Kellenberger. «Was zu Beginn noch Spass macht, hat man acht Wochen gesehen. Ich bin zu alt dafür und froh, geht es nun endlich los.» Immerhin: Um auch mal Abwechslung in den Alltag zu bringen, und zwecks Teambuilding reiste die Mannschaft im Sommer für eine Woche nach Mallorca.

Fünf der sechs Tespiele konnten die Klotener gewinnen

Im Vorjahr bezog der EHC aus den ersten neun Partien acht Niederlagen. Nun betonen die Protagonisten, bereit zu sein. Man habe sich nach dem Aufstieg erst an die neue Liga gewöhnen müssen. «Unterlief uns in der Swiss League ein Fehler, wurde er nicht gleich bestraft. Auf dieser Stufe aber geht es ruckzuck. Deshalb kamen wir unter die Räder. Es wird wieder brutal schwierig, doch nun wissen wir, was uns erwartet», gibt sich der Captain zuversichtlich.

Los geht es für die Zürcher Unterländer am Freitag in Zug. Dass Fleming bislang keinen Grund sah, laut zu werden, erstaunt nicht. Kloten gestaltete fünf seiner sechs Testspiele siegreich. Der ehemalige Goon bezeichnet sich übrigens als ruhigen Typen.

Kloten, EHC, Eishockey Club Kloten, Kloten Flyers, Trainingsbesuch zu Saisonbeginn mit neuem Trainer Gerry Fleming, Stimo Arena, Schluefweg 10, Sport, 8.9.23, Foto: Manuela Matt, manuelamatt.ch