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Apples Rundum-Revolution
Klingt Musik bei Apple jetzt wirklich viel besser?

Auch die Beatles gibts schon mit Rundumklang.
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BotTalk

An der jährlichen Entwicklerkonferenz hat Apple nicht nur neue Versionen der eigenen Software vorgestellt (elf Highlights und vier Enttäuschungen), sondern auch eine Musik-Revolution gestartet. Mindestens nennen es die Marketing-Profis aus Cupertino so.

Bei Apple Music gibt es nun nebst Musik in Mono oder Stereo auch solche mit Rundumklang. Das wirft eine ganze Reihe von Fragen auf.

Hört man einen Unterschied?

Ja, Musik klingt räumlicher und insgesamt so, als sässe man mittendrin. Im Vergleich zu Stereo fällt auf, dass der Klang nicht mehr so eindeutig (und teilweise theatralisch) von links oder rechts kommt.

Was steckt dahinter?

Für diesen Rundumklang muss Musik neu abgemischt oder von Anfang an produziert werden. Der Standard heisst Dolby Atmos. Diesen kennt man bereits aus Kinosälen und von Heimkino-Lautsprechern. Nun gibt es das auch für Musik.

Hat das nichts mit Lossless zu tun?

Nein. Lossless bietet höhere Klangqualität indem die Musik-Dateien nicht komprimiert oder verkleinert werden. Diese Funktion bietet Apple Music zwar neuerdings auch, aber die richtet sich an Audio-Profis mit teuren Anlagen, die keine Angst vor Kabeln und Fachbegriffen wie Digital-Analog-Wandler oder ALAC haben.

Was braucht es, um diese Rundum-Musik zu hören?

Als Erstes braucht man ein Abo von Apple Music. Anders als bei konkurrierenden Streamingdiensten kostet bei Apple Rundumklang nicht mehr. Er ist im Abo-Preis schon inbegriffen.

Zweitens braucht es die passende Hardware. Am besten hört man den Unterschied über Kopfhörer. Da sind Apples eigene Modelle (AirPods, AirPods Pro, AirPods Max, BeatsX, Beats Solo3 Wireless, Beats Studio3, Powerbeats3 Wireless, Beats Flex, Powerbeats Pro und Beats Solo Pro) schon parat. Bei diesen aktiviert Apple Music auch automatisch den Rundumklang.

Ob und wie gut Kopfhörer anderer Hersteller damit umgehen können, hängt von deren Funktionen und Möglichkeiten ab. Möchte man mit Nicht-Apple-Kopfhörern Rundumklang haben, muss man das in den Einstellungen aktivieren (Einstellungen / Musik / Dolby Atmos / Immer eingeschaltet). Neuere iPhones, iPads und Macs können ebenfalls mit ihren eingebauten Lautsprechern Rundumklang abspielen. Da ist der Effekt aber weniger deutlich.

Am besten schlugen sich im ersten Test (wenig überraschend) Apples teuerste Kopfhörer, nämlich die Airpods Max. Aber auch auf den günstigsten Airpods hört man den Unterschied. Interessanterweise schlugen sich auch meine privaten Sony WH1000XM3, die auf dem Datenblatt kein Atmos unterstützen, sehr gut. Aktiviert man Atmos, klingt die Musik auch damit räumlicher und – wie von den Kopfhörern gewohnt – ziemlich wuchtig.

Aber klingt diese Atmos-Musik nun besser?

Apple selbst vergleicht den Sprung von Stereo zu Atmos gern mit dem Sprung von normalem TV zu hochauflösendem TV. Akustisch ist es tatsächlich beeindruckend; es macht Spass, altbekannte Musik auf diese Weise neu zu entdecken. Nach dem Test von Atmos bei Apple vermisst man eine entsprechende Funktion bei Spotify.

Aber wie mit dem Sprung auf HD oder gar 4K ist technische Qualität nicht alles. Entscheidend sind die Ideen und Fähigkeiten der Musikerinnen und Musiker selbst. Und ganz ehrlich: Musik in Stereo oder sogar Mono klingt auf dem richtigen Kopfhörer oder Lautsprecher auch weiterhin umwerfend.

Letztlich hängt Musikgenuss genauso vom Abspielgerät, von den eigenen Ohren und vor allem von den eigenen Vorlieben ab. Darum führt auch hier – wie immer bei Musik – kein Weg am Selbst-Ausprobieren vorbei. Entweder man mag es, findet es doof oder hat gar keine Lust, es auszuprobieren. Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage kann einem darum kein noch so langer Artikel abnehmen.

Psychologisch wichtig: Die App zeigt auch an, ob das, was man da gerade hört, wirklich Atmos-Qualität ist.

Kann man Atmos auch abschalten?

Ja. In den Einstellungen, wo man Atmos auch für Nicht-Apple-Kopfhörer aktivieren kann, findet sich die Option.

Wie gross ist das Angebot an Rundum-Musik?

Das ist der springende Punkt. Apple selbst sagt, «Tausende Songs» seien schon parat. Tatsächlich ist das im Vergleich zu den Millionen Songs im Angebot eines Streamingdienstes erst eine ganz kleine Zahl. Apple selbst hat in Apple Music eine Playlist zusammengestellt, die verschiedene Songs mit Atmos-Qualität bündelt. Das Angebot reicht von klassischer Musik über die Beatles bis zu Billie Eilish. Aber auch dann sind es nur einzelne Songs oder Alben.

Richtig spannend wird es aber sowieso erst, wenn Musikerinnen und Musiker ein neues Musikstück von Anfang an mit den Möglichkeiten von Atmos im Hinterkopf komponieren und aufzeichnen. Und nicht erst nachträglich für das neue Format anpassen.

Warum verschenkt Apple diesen Rundum-Klang?

Weil sie es können. Und weil sie wissen, dass sich die grosse Masse nicht mit diesem Feature für ein teureres Abo motivieren lässt. Sie nutzen es lieber als eine Art von digitalem Standortmarketing. Während andere Streaminganbieter Rundumklang und übrigens auch unkomprimierte Qualität extra bezahlen lassen, gibt es bei Apple beides gratis.

Halt, andere Streamingdienste haben das schon länger? Hat Apple mal wieder übertrieben?

Ja und nein. Dolby Atmos ist nicht das einzige Format für Rundumklang. Von Sony gibt es 360 Reality Audio. Auch das verspricht Rundumklang, und auch dort muss Musik speziell dafür abgemischt oder produziert werden. Unter anderem bei Tidal und Deezer gibt es Musik in diesem Format. Und auch Amazon setzt darauf. Es ist also wieder ein bisschen wie damals mit HD-DVD gegen Bluray und VHS gegen Betamax oder aktuell mit HDR10+ gegen Dolby Vision – ein Duell der Formate.

Welcher Standard wird gewinnen?

Das lässt sich wie immer schwer abschätzen. Aber nun, da Apple Dolby Atmos allen Abonnenten gratis zur Verfügung stellt, dürfte die Motivation von Musikerinnen und Musikern steigen, ebenfalls Atmos zu unterstützen, da sie so nicht nur ein Nischenpublikum erreichen, das bereit ist, extra für Rundumklang zu bezahlen. Spannend wird in dem Zusammenhang dann auch sein, für welchen Standard (wenn überhaupt) sich Marktführer Spotify entscheidet.

Lohnt es sich, nun dafür von Spotify zu Apple zu wechseln?

Nachdem ich vor Jahren mehrere Fremde in unserem Familien-Spotify gefunden und kennen gelernt hatte, hätte ich eigentlich schon allen Grund gehabt, Spotify den Rücken zu kehren. Ich tat es nicht. Aus Bequemlichkeit, wegen Spotify Connect und weil ich die Möglichkeit, Musik leicht zu teilen, sehr schätze. Nun, da Apple Music auch auf Android funktioniert und die App deutlich besser geworden ist, bin ich zum ersten Mal versucht, mit unserem Familienkonto umzuziehen. Aber erst warte ich noch ab, wie Spotify nun reagiert und ob der Dienst etwas Vergleichbares lanciert.