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Klatsche für die Schweizer Handballer
«Meinen Enkel­kindern werde ich das nicht erzählen»

10.01.2024, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Handball: EM, Deutschland - Schweiz, Vorrunde, Gruppe A, 1. Spieltag in der Merkur Spiel-Arena. Die Fans sorgen mit einer La-Ola-Welle für Stimmung. Foto: Tom Weller/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Es war ganz gross angerichtet in Düsseldorf zum Auftakt der EM. Und Deutschland hat geliefert. 53’586 Zuschauerinnen und Zuschauer sassen dabei in der umgebauten Merkur-Spiel-Arena, dem Fussballstadion von Fortuna Düsseldorf. Weltrekord. So was gab es im Handball noch nie. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hielt im pathetischen Ton eine Eröffnungsrede mit den üblichen belanglosen Phrasen. Die Band Culcha Candela spielte ein kleines Konzert mit ihren grössten Hits. Es waren drei.

Eine Drei Stand auch nach 19 Minuten auf der Anzeigetafel. Es war die Anzahl Schweizer Tore. Das Spiel war schon entsprechend früh entschieden. Am Schluss hiess es 14:27. Deutschland hatte die Schweiz dominiert und demontiert. «Sie haben uns die Hosen ausgezogen», sagte der Schweizer Handball-Superstar Andy Schmid.

Das galt auf wie neben dem Feld. Die rund 3000 Schweizer Fans kamen stimmlich nicht gegen die 50’000 Deutschen an. «Es wird die Hölle», prognostizierte Nationalgoalie Nikola Portner bereits am Tag zuvor. Das war etwas gar hoch gegriffen, doch die Deutschen hatten unbestritten Heimvorteil.

3000 Schweizer Fans – aber weit weg vom Feld

Vor dem Spiel wirkte das zumindest an der Rheinpromenade noch etwas anders. Die Schweizerinnen und Schweizer trafen sich trotz der Kälte zu einem Fanmarsch. Begleitet von der deutschen Polizei zog der singende, rote Tatzelwurm den Rhein entlang bis zum Fussballstadion. Dort wurden die rund 3000 Fans in einer Ecke im grossen Rund platziert – weit weg vom Feld. Wie die meisten Fans.

Die Distanz zwischen Tribüne und Handballfeld war ungewohnt gross. Das kritisierte auch Goalie Portner. Der beste Schweizer des Abends sagte: «Ich glaube, dass nichts eine Handballhalle mit 15’000 Zuschauern ersetzen kann.» Michael Suter sah in der grossen Distanz aber auch Vorteile. Die Kommunikation mit Team und Staff habe funktioniert wie immer. «Besonders anders war es nicht», meinte der Schweizer Nationaltrainer.

Einfach ein Handballspiel mit vielen Zuschauern also. Doch so ist sein Team nicht aufgetreten. Die Schweizer wirkten nervös und gehemmt vor dieser ungewohnten Kulisse.

10.01.2024; Duesseldorf; Handball Mens EHF Euro 2024 - Deutschland - Schweiz, Feature Spiel vor Weltrekord Kulisse
(Claudio Thoma/freshfocus)

Dass es ein spezielles Erlebnis werden würde, wollten die Schweizer vor dem Match etwas in den Hintergrund rücken. Es sei ein Handballspiel wie jedes andere auch, und der Druck liege beim Gegner, sagten sie bei jeder Gelegenheit. «Es war ein Riesenhype auf dieses Spiel hin», sagte Andy Schmid. Da sei es normal, dass man versuche, sich etwas abzuschotten. Es gelang offensichtlich nicht.

Cédrie Tynowski sprach von einer Druckwelle, die bei jeder gelungenen Aktion der Deutschen von den Rängen aufs Feld niederkam. Shootingstar Manuel Zehnder erlebte eine «überwältigende Stimmung», die man jedoch nur am Anfang habe geniessen können. «Wenn du so deutlich hinten liegst, ist auch nichts mehr mit Geniessen», sagte er.

Genossen haben sie dafür die Deutschen, und zwar ausgiebig. Bereits eine Viertelstunde vor Schluss ging die La-Ola-Welle durch das Stadion. Deutschland führte da mit zehn und mehr Toren. Dem deutschen Trainer Alfred Gislason fielen «sehr grosse Steine vom Herzen». Er sprach vom wichtigsten Spiel seit langem.

Missgeschick zum Start

Für die Schweiz und besonders Schmid ging der Abend schon mit einem Missgeschick los. Bei der Teampräsentation bog Schmid nach dem Spielertunnel links ab und stiess mit einem Kind zusammen, das dort Spalier stand für den Spielereinlauf. Es war eine kleine, unbedeutende Szene, aber genau so lief danach eben auch das Spiel. Die Schweizer blieben an der Deckung der Deutschen und insbesondere Torhüter Andreas Wolff hängen.

Auch Schmid konnte nicht seine gewohnte Wirkung entfalten. «Wenn meine Würfe nicht reingehen und die Pässe an den Kreis nicht ankommen, ist mein Spiel schon auch reduziert», sagte er selbst. Das war gegen Deutschland der Fall.

Es sei zwar «megacool» gewesen, meinte Schmid. Auch wenn er im Nachhinein lieber nicht dabei gewesen wäre. «Wenn du 14:27 gegen den Gastgeber verlierst, bist du lieber nicht auf dem Feld oder auf der Bank», sagte er. Trotz der Klatsche verlor der Schweizer Mittelmann aber den Humor nicht: «Meine Kinder waren hier, sie haben das miterlebt, aber meinen Enkelkindern werde ich das nicht erzählen», sagte Schmid.

Die Deutschen hingegen tanzten um den Mittelkreis, unterschrieben und schossen Selfies. Sie starteten in der Stadt von Heinrich Heine perfekt in ihre Heim-EM. In ihre Mission – frei nach Heine: «Deutschland. Ein Wintermärchen.»