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Meinung

Glosse zum Bankenauftritt
Wie Keller-Sutter Differenzen zum Verschwinden bringt

Bundesraetin Karin Keller-Sutter, spricht waehrend einer Medienkonferenz zum Bericht des Bundesrates zur Too-Big-To-Fail-Regulierung (TBTF), am Mittwoch, 10. April 2024, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
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Sinkt mit den geplanten Massnahmen für Banken das Risiko, dass die Megabank UBS die Schweiz ruiniert? Eine schwierige Frage.

Eine einfache Frage hingegen ist, ob sich die Finanzmarktaufsicht (Finma), die Schweizerische Nationalbank (SNB) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im internen Prozess für schärfere Massnahmen ausgesprochen haben als jene, die der Bundesrat nun beschlossen hat. Sie lässt sich mit Ja oder Nein beantworten. Könnte man meinen.

Finanzministerin Karin Keller-Sutter beantwortet die Frage mit Nein. Als sie die Massnahmen am Mittwoch vor den Medien erläuterte, wurde sie von einem Journalisten gefragt, ob es Differenzen mit der Finma und der SNB gegeben habe. Er bezog sich auf einen Artikel dieser Redaktion, wonach diese Akteure schärfere Massnahmen gefordert hatten. Keller-Sutter stritt das aber in ihrer Antwort ab – gleich viermal, in Variationen.

«Wir haben eigentlich mit der Finma und der SNB keine Differenz.»

«Wir haben nicht Differenzen, sondern die Frage ist: Wann führt man die Totalität der Massnahmen zusammen.»

«Wir haben hier nicht eine Differenz.»

«Ich erachte das nicht als grosse materielle Differenz.»

Der Journalist hakte nach. «Also ist es nicht so, dass SNB und Finma noch weiter gehen wollten?», fragte er. Keller-Sutter antwortete: «Sie wollten, nein, so wie ich das verstanden habe, wollen sie das umsetzen, was jetzt eh in der Pipeline ist.» Die Frage sei «etwas sophistisch», fügte sie noch an.

Das ist das, was Keller-Sutter den Medien sagte. Dem Bundesrat sagte sie freilich etwas anderes. In ihrem Antrag an den Bundesrat, der dieser Redaktion vorliegt, thematisiert Keller-Sutter explizit und ausführlich die Differenzen – und bezeichnet sie als solche. Die Finanzministerin hatte den Antrag den anderen Bundesratsmitgliedern am 4. April zugestellt. Das von ihr unterzeichnete Schreiben umfasst elf Seiten.

Die erste Seite enthält vier Punkte. Übersicht, Antrag, Differenzen (!) sowie finanzielle und personelle Auswirkungen. Unter dem Punkt «Differenzen» steht wörtlich: «Nach enger Zusammenarbeit und mehreren Diskussionsrunden mit den Ämtern und Behörden verbleiben Differenzen mit Seco, SNB und Finma. Diese setzen sich unter anderem für eine umfassendere Erhöhung bei den Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen ein.»

Auf den Seiten 6 bis 10 stellt Keller-Sutter das Ergebnis der Ämterkonsultation dar – und geht ausführlich auf die Differenzen ein, die angeblich keine sind. Das Seco und die Finma beantragten eine weitere Anhebung der Eigenmittelanforderungen, schreibt sie, insbesondere der progressiven Komponente – jener, die von der Grösse und dem Marktanteil der Bank abhängt. Das Finanzdepartement beantrage dem Bundesrat, diese Massnahmen nicht weiter zu verfolgen. Danach folgen die Gründe dafür, die Keller-Sutter auch an der Medienkonferenz nannte.

War es eine Lüge, zu sagen, es gebe keine Differenzen? Im Minimum war es – um es mit den Worten der Finanzministerin zu sagen – etwas sophistisch.

Sophistik: der Missbrauch der Sprache zur spitzfindigen Rechthaberei. Oder «die Kunst, durch falsche Dialektik das Wahre mit dem Falschen zu verwirren und durch Disputieren, Widerspruch und Schönschwatzen Beifall und Reichtum zu erwerben», wie es in einem alten philosophischen Wörterbuch heisst. Dagegen hat sich schon der griechische Philosoph Platon gesträubt. Für ihn waren die Sophisten Schwindler.