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Neue Praxis im Kanton Zürich
Ehepaare werden beim Einzug ins Heim getrennt

Älterer Mann in einem Pflegeheim in Elsau sitzt vor einem Tisch mit Blumenstrauss und Frühstücksutensilien.
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In Kürze:
  • Kommt ein Ehepartner in ein Pflegeheim einer anderen Gemeinde, muss er sich dort anmelden.
  • Das führt zu Komplikationen bei den Steuern und bei einer allfälligen Bestattung.
  • Eine Zürcher Gemeinde hat gegen diese Wohnsitzpraxis protestiert.
  • In Bundesbern wird eine neue Gesetzgebung angepeilt.

Paare riskieren, im hohen Alter in eine belastende Situation zu geraten. Wird ein Ehepartner pflegebedürftig, wird er unter Umständen in einem Alters- oder Pflegeheim einer anderen Gemeinde oder Stadt untergebracht. Das geschieht etwa, wenn es in der Wohngemeinde kein geeignetes Heim gibt oder ein Pflegeplatz fehlt.

Ist diese Fremdplatzierung von Dauer, muss die pflegebedürftige Person ihren Wohnsitz ändern und sich in der neuen Gemeinde anmelden. Das hat Konsequenzen. Nicht nur ist die betagte Person von der Ehepartnerin, die am alten Ort bleibt, melderechtlich getrennt. Sondern sie wird im Todesfall am neuen Ort bestattet. Für eine Bestattung in der langjährigen Wohnsitzgemeinde fallen in Ausnahmefällen hohe Gebühren an.

Am neuen Ort steuerpflichtig – als Mann

Zudem wird die Person in der neuen Gemeinde steuerpflichtig und muss – auch im Fall von Demenz – entsprechend eine Steuererklärung abgeben. Allerdings nur wenn die Person der Ehemann ist, das Steuerrecht ist immer noch auf den Mann ausgerichtet. In diesem Fall gibt es anschliessend eine Steuerausscheidung zugunsten der Wohnsitzgemeinde der Ehefrau.

Für die Pflegefinanzierung am neuen Ort muss wiederum die alte Wohngemeinde aufkommen.

Diese komplizierte Gemengelage kann in den letzten Lebensjahren sowohl für die versetzte wie für die am alten Wohnort zurückgebliebene Person viel Stress verursachen.

2000 Personen betroffen

Die Praxis mit der Anmeldung in der neuen Gemeinde gilt aufgrund eines Bundesgerichtsurteils eigentlich schon seit rund zehn Jahren. Doch bisher wurde sie vielerorts nicht konsequent beachtet und pragmatisch anders geregelt. Nun hat der Kanton Zürich aber beschlossen, das neue Recht umzusetzen, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. Letztes Jahr hat er die Gemeinden entsprechend informiert.

Solche Fälle sind nicht selten. Im Kanton Zürich sind rund 2000 Personen mit dem Status «Aufenthalter» in Alters- oder Pflegeheimen gemeldet. Vielen dürften diesen Status nun verlieren.

«Unmenschliche Situation»

Doch nun bildet sich Widerstand. So hat die Gemeinde Grüningen aufgrund eines Falls aus der Oberländer Gemeinde beim Zürcher Regierungsrat interveniert.

Gemäss Bericht spricht Gemeindeschreiberin Yvonne Cassol von einer «bürokratischen und unmenschlichen Situation». Der amtlich verordnete Zwang sei nicht nachvollziehbar und für viele Menschen, insbesondere Ehepaare, «absolut belastend», hat die Oberländer Gemeinde der Regierung geschrieben. Es werde ein System geändert, das sich seit Jahrzehnten bewährt habe. Im Durchschnitt gehe es um die letzten anderthalb Jahre eines Lebens.

Beim Kanton ist man sich des Problems bewusst. «Dies kann in Einzelfällen für die Betroffenen zu unbefriedigenden Lösungen führen», heisst es beim Gemeindeamt. Man suche nach praktikablen Lösungen.

Braucht es ein neues Gesetz?

Das Thema Wohnsitz im pflegebedürftigen Alter sorgt auch in anderen Kantonen für Aufruhr und führt zum Teil zu Verweigerung. Es ist in den Kantonen und Gemeinden alles andere als einheitlich geregelt. So ist die Angelegenheit nun in die nationale Politik gelangt.

Gemäss dem Präsidenten des Gemeindeverbands, dem Glarner Ständerat Mathias Zopfi (Grüne), sollte ein nationales Meldegesetz geprüft werden. «Personen sollen bei einem Wechsel in ein Alters- und Pflegeheim ihren Wohnsitz behalten dürfen», sagte er der «NZZ am Sonntag».

Nationale Politik reagiert

Es könnte nun in diese Richtung gehen. Die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit hatte eine Motion eingereicht, die eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen forderte.

In der Debatte vor einem Jahr wehrte sich Bundesrat Beat Jans zusammen mit SP und Grünen gegen das Vorhaben. Die Argumentation: Einerseits sei nicht klar, welche Grundlage geändert werden solle. Es kreuzten sich Zivil- und Steuerrecht.

Steuerrechtliche Überlegungen?

Anderseits würde eine Änderung des Steuerrechts für eine einzelne Personengruppe «zu einer Wahlmöglichkeit des Steuerdomizils führen», wie Jans sagte. Das gehe dem Bundesrat zu weit. Vielmehr solle bei niederschwelligen Regeln wie den Bestattungsgebühren angesetzt werden.

Trotzdem überwies der Nationalrat die Motion mit grossem Mehr. Nun ist der Ständerat dran.