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Porsche 911 GT3
Kann Leidenschaft «grün» sein?

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Aufgeräumt: Das reduzierte Cockpit des Porsche 911 GT3.
Porsche 911 GT3 mit Touring-Paket: Fährt der Sportwagen bald klimaneutral?
Optisch entschärft: Mit dem Touring-Paket ist der 911 GT3 ohne riesige Spoiler unterwegs.
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Bei 4000 beginnt es zu kribbeln, bei 5000 stellen sich die Nackenhaare auf, 6000 fühlen sich schon ziemlich verrückt an, aber es geht noch verrückt viel weiter: auf 7000, 8000, 9000 Touren, bis es Zeit wird, den nächsten Gang, nein, nicht einzulegen, reinzuhämmern! Klack, klack, klack, während der Boxer im Rücken ungekünstelt röhrt, schnauft, kreischt und die Reifen selbst mit Winterprofil einen Grip aufbauen, der bei einem 510-PS-Hecktriebler fast unwirklich erscheint. Dazu braucht es keine Rennstrecke und keinen monströsen Flügel, wie ihn der 911 GT3 für gewöhnlich zur Schau stellt – eine trockene Passstrasse und der mit dem dezenten Touring-Paket einhergehende, automatisch ausfahrende Heckspoiler reichen, um die Genialität dieser Hightech-Maschine zu erfahren, sie im Rahmen der gesetzlich erlaubten Geschwindigkeit wenigstens zu erahnen. In einer Welt, in der CO2-Emissionen und Klimawandel keine Rolle spielen, ist der letzte verbleibende Elfer mit 4,0 Liter grossem Saug- statt downgesizetem Turbomotor jedenfalls der perfekte Sportwagen.

Nur ist die Welt bekanntlich eine andere. Wer Greta, Fridays for Future und das Pariser Abkommen bis anhin erfolgreich ausblenden konnte, wird spätestens in einer rot-grünen Stadt wie Zürich damit konfrontiert. Wo vor wenigen Jahren noch gefühlt an jeder zweiten Ecke ein Daumen gereckt wurde, tadeln jetzt Väter ihre begeistert reagierenden Söhne, ja erkundigen sich Passanten bei geöffnetem Seitenfenster im Stau schon mal, ob man als «blöde Millionärsgattin» denn kein Umweltgewissen habe. Kann man als «blöde Millionärsgattin» im mindestens 209'800-fränkigen Über-Sportler mit edler Touring-Ausstattung natürlich süffisant weglächeln. Man kann die – in Kombination mit dem standardmässigen Handschaltgetriebe – 12,9 Liter Normverbrauch insofern relativieren, als dass man den zweisitzigen Hecktriebler ohnehin nicht täglich fährt. Oder aber argumentieren, dass die Erwartungen an die heilbringenden Ökoeigenschaften von E-Autos völlig überzogen sind. Noch schöner wäre es allerdings, dem Nörgler entgegenzuschleudern, man sei CO2-neutral unterwegs.

Synthetischer Kraftstoff aus Patagonien

Genau daran arbeitet Porsche. Der Sportwagenhersteller ist an einem internationalen Gemeinschaftsprojekt beteiligt, das im chilenischen Patagonien eine Industrieanlage zur Herstellung von synthetischem und nahezu klimaneutralem Kraftstoff errichtet – laut Pressemitteilung «die weltweit erste integrierte und kommerzielle Grossanlage» dieser Art. Die klimatischen Bedingungen vor Ort erlauben eine günstige Produktion von sauberem Windstrom, mit dessen Energie zunächst Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespaltet wird. Anschliessend wird CO2 aus der Luft gefiltert und mit dem «grünen» Wasserstoff zu synthetischem Methanol kombiniert, das mittels einer speziellen, lizenzierten Technologie wiederum in sogenanntes E-Fuel umgewandelt wird. Damit liessen sich künftig «bis zu 90 Prozent der fossilen CO2-Emissionen im Verbrenner reduzieren», so Entwicklungsvorstand Michael Steiner, was insbesondere im Hinblick auf die historischen Fahrzeuge der Marke interessant sei: «Denn rund 70 Prozent aller jemals gebauten Porsche sind noch heute auf den Strassen unterwegs.»

Explizit nennt Steiner aber auch den 911 als künftigen Nutzer von E-Fuels. Jenes Modell also, das der E-Offensive des Herstellers bislang erfolgreich entkam, dessen Plattform in der aktuellen Generation 992 zwar für eine Elektrifizierung ausgelegt ist, aktuell aber lediglich als Hybrid bei ersten Erprobungsrunden gesichtet wurde und nicht zuletzt aus Gewichtsgründen noch lange nicht als reiner Stromer debütieren dürfte. Oder wie Porsche-CEO Oliver Blume in einem Interview mit Bloomberg 2020 sagte: «Der 911 ist ein Auto, dessen Konzept auf einen Verbrennungsmotor ausgelegt ist.» Die Elektromobilität habe bei Porsche zwar höchste Priorität, liess er zu einem anderen Zeitpunkt verlauten, doch E-Fuels seien eine sinnvolle Ergänzung, «ein zusätzlicher Baustein auf dem Weg zur Dekarbonisierung» – mit dem Vorteil, in Verbrennern und Plug-in-Hybriden einsetzbar zu sein sowie das vorhandene Tankstellennetz zu nutzen.

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Ab 2026 sollen in Patagonien rund 550 Millionen Liter E-Fuels erzeugt werden.  
Ab 2026 sollen in Patagonien rund 550 Millionen Liter E-Fuels erzeugt werden.  
Ab 2026 sollen in Patagonien rund 550 Millionen Liter E-Fuels erzeugt werden.  

Und ab wann? (Ungeduldiges Tippeln auf dem lederbezogenen Lenkrad des GT3, während der Passant weiter durchs Seitenfenster schimpft.) Nun, der Spatenstich für das Projekt ist erst im September erfolgt, 2022 soll die Pilotanlage rund 130'000 Liter E-Fuels erzeugen, ehe die Kapazität sukzessive erhöht wird – bis 2026 auf rund 550 Millionen Liter. Davon profitieren können zunächst die Rennwagen des Porsche Mobil 1 Supercup, doch bei den übrigen Porsche mit Verbrennungsmotor erfolgt der Einsatz «perspektivisch», wie es heisst. Sprich: noch lange nicht. (Seitenfenster zu, süffisantes Weglächeln der empörten Passantenreaktion, Taste für den Sportsound an. Und wurde eigentlich schon erwähnt, dass der Porsche 911 GT3 der perfekte Sportwagen ist?)