Neuer Chef-DemokratKampflustig und cool dabei: Hakeem Jeffries wird die neue Nancy Pelosi
Er hat sich soeben zum neuen Fraktionschef der Demokraten im Repräsentantenhaus wählen lassen. Kein angenehmer Job. Aber der Mann aus Brooklyn ist schon einiges gewohnt.
Hakeem Jeffries ist der erste schwarze Fraktionsvorsitzende im US-Repräsentantenhaus: Die Abordnung der Demokraten hat ihn am Mittwoch zu ihrem neuen Chef gewählt. Auf eine Wahl verzichtete sie, der 52-jährige New Yorker erhielt den Segen der Gruppe per Akklamation, ein schönes Zeichen angesichts der historischen Bedeutung dieses Akts: Erstmals übernimmt ein Afroamerikaner das Amt an der Spitze einer Kongressfraktion, 246 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung, 159 Jahre nach dem Ende der Sklaverei und 152 Jahre nach der Einführung des Wahlrechts für Afroamerikaner.
Die Akklamation hatte aber auch einen viel profaneren Grund: Jeffries war der einzige Kandidat. Seine Demokraten seien «die authentischste Vertretung des wunderschönen Mosaiks des amerikanischen Volkes», hatte er in seiner Bewerbung geschrieben. Er wolle die Mitglieder stärken, die Sicherheit verbessern und die Mehrheit zurückgewinnen.
Doch die Wahrheit ist, dass der Job des Minderheitsführers nicht nur viel Macht mit sich bringt, sondern auch eine ganze Menge Arbeit – und eher nicht solche der angenehmen Art. Es beginnt damit, dass seine Vorgängerin Nancy Pelosi nicht so leicht zu ersetzen sein wird, nachdem die 82-Jährige die Demokraten 20 Jahre lang angeführt hat. Rechts Republikaner, die mit ihrer knappen Mehrheit alles tun werden, um Jeffries und Präsident Joe Biden zu nerven. Links jene Demokraten, denen er als Mann der Mitte suspekt ist. Doch was erschreckt schon einen New Yorker, der sich ausser mit der Polizei auch mit Donald Trump angelegt hat?
Gegen Trump führte er die Bibel und Notorious B.I.G. ins Feld
2020 gehörte der Abgeordnete und Jurist Jeffries zu denen, die im Senat Argumente für Trumps Amtsenthebung vortrugen. Als von der Tribüne ein Trump-Fan dazwischenschrie, reagierte Jeffries mit Psalm 37:28: «Denn der Herr liebt Gerechtigkeit und lässt keinen im Stich, der treu zu ihm steht.» Als sich ein Anwalt Trumps während des Impeachment erkundigte, warum man überhaupt hier sei, erläuterte Jeffries: «Wir sind hier, Sir, weil Präsident Trump seine Macht auf korrupte Weise missbraucht und dann versucht hat, dies zu vertuschen. Und wir sind hier, Sir, um den Fakten zu folgen, dem Gesetz zu folgen, uns von der Verfassung leiten zu lassen und dem amerikanischen Volk die Wahrheit zu präsentieren.» Danach zitierte er eine Zeile des Rappers Biggie Smalls: «Und wenn du es nicht weisst, dann weisst du es jetzt.»
Der 1997 erschossene Musiker stammte wie der Politiker aus Brooklyn, Jeffries lebt dort immer noch. Er studierte Politikwissenschaften und Jura, schaffte es in renommierte Kanzleien, kam 2006 ins Parlament von New York State und wurde dessen erster schwarzer Speaker. In der Hauptstadt Albany fiel er besonders als Kämpfer gegen Polizeigewalt auf, 2012 wurde der Vater zweier Kinder ins US-Abgeordnetenhaus gewählt. Auch Jeffries kniete 2021 beim Jahrestag des Todes von George Floyd, den ein Polizist erstickt hatte.
«Er kann mit Hip-Hop-Künstlern abhängen»
Seine Vita unterscheidet sich etwas von der seiner bisherigen Chefin Pelosi, die aus einer Politikerdynastie kommt und wohlhabend wurde, ebenso sein Stil. Jeffries trägt gerne Sneaker zum Anzug, aber auch er hat Sinn für Pragmatik und ist ausserdem vielseitig verwendbar, schneidig und überlegt zugleich. «Er kann mit Hip-Hop-Künstlern abhängen, er kann im Ghetto von Brooklyn oder der Bronx sein, aber er kann auch im Oval Office sitzen und mit dem US-Präsidenten verhandeln», berichtete ein demokratischer Mitstreiter aus der Bronx der «New York Times».
Mit Jeffries tritt eine ganze neue Generation an die Spitze der Demokraten. Anstelle der 82-jährigen Pelosi und des 83-jährigen Steny H. Hoyer führen in Zukunft der 52-jährige Jeffries, der 43-jährige Pete Aguilar und die 59-jährige Katherine Clark die Abordnung. Nur der 82-jährige einflussreiche Afroamerikaner James E. Clyburn bleibt dabei, zum Leidwesen junger progressiver Demokraten.
Wegen seiner Vielseitigkeit und Umgänglichkeit mag der Pelosi-Nachfolger Jeffries den ein oder anderen an Barack Obama erinnern. Geografisch näher ist Hakeem Jeffries dem Mehrheitsführer seiner Partei im Senat: Chuck Schumer wohnt bei ihm in Brooklyn fast um die Ecke.
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