Kambundji-Schwestern im FokusZwei «Bärner Meitschi» erwärmen den Letzigrund
Bei Weltklasse Zürich begeistern Ditaji und Mujinga Kambundji die Massen einmal mehr – obwohl ihnen keine Bestzeit gelingt. Und Letztere sorgt gar für eine Premiere in diesem Jahr.

Quizfrage: Was braucht es, um 25’000 Zuschauer im kühlen Letzigrund auf Betriebstemperatur zu bringen? Zwei «Bärner Meitschi»! Kaum hat der Speaker den Namen Kambundji ausgesprochen, tobt jedenfalls die Menge. Dass gerade einmal 16 Grad herrschen und es den einen oder die andere gar leicht frösteln dürfte – es ist in diesem Moment egal.
Kein Name ist so eng verbunden mit dem Aufschwung der Schweizer Leichtathletik wie jener von Mujinga Kambundji. Dass die 31-Jährige in diesem Jahr wegen einer hartnäckigen Fussverletzung nicht an ihre Fabelzeiten aus den letzten beiden Jahren herankommt – es spielt keine Rolle. Dafür ist ihr Palmarès mit WM-Titel und -Medaillen und vor allem ihre Strahlkraft zu gross.
Doch sie erhält als Galionsfigur Konkurrenz – ausgerechnet aus der eigenen Familie. Denn ihre jüngere Schwester Ditaji ist in den letzten Monaten so richtig durchgestartet: Landesrekord, Hallen-EM-Medaille und WM-Final – und das alles mit 21.
Doch noch ein Rennen über 200 Meter
Kurz nach 20 Uhr wird es ein erstes Mal richtig laut. Eben hat sich Mujinga Kambundji an den Start begeben, mit dem Rennen über 100 m steht das erste Highlight des Abends an. Kambundji wird in 11,08 Vierte, es ist ihre drittschnellste Zeit in dieser nicht einfachen Saison für sie. Eine respektable Leistung und Grund genug, nun die Füsse hochzulagern – möchte man meinen.
Doch Kambundji sorgt für eine faustdicke Überraschung, kurz nach dem Rennen sickert durch, dass sie auch über 200 m antreten wird. Obwohl sie heuer wegen der Fussverletzung noch kein einziges Rennen über die halbe Bahnrunde bestritten hat – zu gross wäre die Belastung für den Fuss gewesen. Mit ihrem Coach und Partner Florian Clivaz hat sie jedoch schon nach Budapest mit dem Gedanken gespielt, in dieser Saison doch noch einmal über 200 m zu laufen. «Weil wir gespannt waren, was ich ohne Vorbereitung leisten kann», wie sie es sagt. Allfällige Schmerzen nimmt sie dafür in Kauf. «Wenn ich nun zwei Tage lang hinke, spielt das auch keine Rolle», meint sie lakonisch.
Für eine Premiere fällt ihre Zeit mit 22,46 (4.) respektabel aus. Das notabene, nachdem sie 50 Minuten zuvor über 100 m lief. «Damit kann ich zufrieden sein.» Ein Rennen steht ihr nun noch bevor, am Montag bei der Gala dei Castelli in Bellinzona. Danach werde eine längere Pause vonnöten sein, betont Kambundji. Um den Fuss zu schonen, letztlich aber auch, um den Kopf zu lüften nach dieser schwierigen Saison.
Konkurrenz aus der Familie
Als Mujinga Kambundji 2014 an der Europameisterschaft im Letzigrund ein erstes Mal für Furore sorgte, war Ditaji gerade mal 12 Jahre alt. Natürlich diente ihr die grosse Schwester stets als Vorbild. Und bald einmal deutete auch sie ihr immenses Potenzial an. Zunächst als Mehrkämpferin, seit Ende 2019 ausschliesslich als Hürdensprinterin. Zweimal Nachwuchs-Europameisterin, dann EM-Bronze und ebenso Bronze an der Hallen-EM – sie hat bereits viel erreicht.
Doch heuer hat sie die eigenen Grenzen nochmals verschoben. Anfang August unterbot sie in Bern den zwölf Jahre alten Landesrekord von Lisa Urech – zweimal innert einer Stunde, und das beim zweiten Versuch gleich um 15 Hundertstel auf 12,47. «Das war wichtig für mich und hat mir viel Selbstvertrauen gegeben», hält sie fest. So viel, dass sie es dann in Budapest bis in den WM-Final schaffte.
Mittlerweile ist sie so weit, dass sie problemlos um die 12,70 laufen kann, selbst wenn im Rennen nicht alles zusammenpasst. «Diese konstanten Zeiten zu laufen, das ist ein wichtiger Punkt für mich in diesem Jahr», sagt sie. Und das zeigt sie auch im Letzigrund. Nach einem verhaltenen Start und einem Rumpler bei der zweitletzten Hürde wird sie in 12,73 Sechste. «Es war kein super Lauf, aber solid, damit kann ich zufrieden sein», hält sie fest. Vom Publikum wird sie so oder so gefeiert – wofür sie sich mit Kusshändchen bedankt.
Es muss kein Prophet sein, um zu behaupten: Ditaji Kambundji kann in diesem Stadion noch für viele magische Nächte sorgen. Denn sie stellt bereits in Aussicht: «Nächstes Jahr wird das Ziel sein, konstant um die 12,50 zu laufen.» Damit wäre sie beinahe auf WM-Podium-Kurs.
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