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Verrücktes an der Leichtathletik-WM 
Wie Superman fliegt und ein Kuss alles verändert

Was gibt es Nässeres als den Wassergraben der Steepler? Die Weltmeister Gianmarco Tamberi (links, Hochsprung) und Soufiane El Bakkali (Mitte, Steeple) feiern mit Bronzegewinner Abraham Kibiwot (Steeple).

Der Alleinunterhalter – Gianmarco Tamberi 

Am Schluss geben sie noch die Badenden – werfen sich in den Wassergraben der Steepler, auch Gianmarco Tamberi oder «Gimbo», wie ihn die Italiener liebevoll nennen. Der Hochspringer ist ja der Athlet, der während eines Wettkampfs wie kein anderer – und das ist wirklich so! – ein halbes Stadion hinter sich bringen kann. Tigert pausenlos umher, kann keine Sekunde stillstehen, unterhält sich mit Funktionären, ruft zu seinen Fans hinauf. Und dann, wenn es an ihm ist, fordert der 31-Jährige rhythmischen Applaus, läuft an – und zaubert, über 2,36 m. In Budapest krönt er seine Karriere in einem orangen und einem veilchenblauen Schuh, Europameister ist er schon gewesen, draussen und drinnen, Hallenweltmeister auch, Olympiasieger zusammen mit seinem Freund Mutaz Essa Barshim. Und jetzt also – Madonna, che campione!  

Die Betende – Laulauga Tausaga

Oh My God! Wie Laulauga Tausaga ihren Diskus ins All hinausschickte – so hatte das niemand erwartet von ihr.

Niemand hat an so etwas gedacht. Zweimal schon hat Laulauga Tausaga, die Frau mit dem klangschönen Namen, an einer WM mit dem Diskus teilgenommen: zweimal Letzte. Das Ziel ist also klar – nicht Letzte werden. Und dann rutscht ihr im fünften von sechs Versuchen diese Scheibe hinaus und landet erst bei knapp 70 Metern wieder. Wahnsinn! Vier Meter weiter als je. Und sie? Schnappt sich ein Frottiertuch und rennt so schnell, wie sie wohl noch nie gerannt ist, über die Bahn, hinüber zu ihrem Trainer. Und denkt nachher, in der Stunde des Triumphs, an die Opfer der verheerenden Feuer auf Hawaii, wo sie geboren ist. Sie bete ständig für sie, sagt Tausaga. Auch in ihrer absolut überraschenden sportlichen Sternstunde wahrt Tausaga die Relationen. 

Der Superman – Carey McLeod

Der Highsider der anderen Art: Der jamaikanische Weitflieger Carey McLeod vor der harten Landung. 

Hat man so etwas in einem Leichtathletikstadion je gesehen? Klar, im Töffsport ist ein Highsider fast alltäglich – wenn der Fahrer über den Lenker durch die Luft geschleudert wird. Aber im Weitsprung? Der Jamaikaner ist angelaufen – und auf dem Balken ein Stück nach vorne gerutscht. Sein ganzes komplexes Flugsystem gerät durcheinander, und der 25-Jährige liegt plötzlich flach in der Luft, fliegt Oberkörper und Hände voraus in den Sand. Zum Glück Sand! Wie Superman hat das ausgesehen, ist für den Weitspringer aber höchst gefährlich gewesen. Offenbar schmerzt ihn aber nur das Sprunggelenk, er steht auf, und weiter gehts. Ach ja, wirkliches Pech hat er dann auch noch: Mit 8,27 m wird er Vierter – die gleiche Weite hat der Bronzegewinner, aber einen besseren zweitbesten Sprung. Die Hauptsache? Heil davongekommen.

Der Heiratsantrag – Dominik Cerny

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Was denkt wohl ein Geher während seines Wettkampfs über 35 km? Und im Speziellen: Was denkt wohl Dominik Cerny, ein 25-jähriger Slowake, als er am frühen Donnerstagmorgen gut zweieinhalb Stunden durch Budapest geht? Wir behaupten, ohne es zu wissen: Er ist nicht ganz bei der Sache. Denn als er im Ziel ist, ist er doch noch nicht ganz am Ziel. Als seine gleichzeitig gestartete Landsfrau, die 22-jährige Hana Burzalova, Richtung Ziel kommt, macht er sich bereit. Wartet hinter der Ziellinie, kniet sich hin, klaubt ein rotes Schächtelchen hervor – und stellt die Frage aller Fragen. Und sie? Sagt Ja. Dann steckt er ihr den Ring an den Finger, küsst sie – und jubelt.

Obelix und der Hammer – Ethan Katzberg

Mit wehendem Kraushaar: Kanadas Jungwerfer Ethan Katzberg düpiert alle Gegner und holt Gold.

Er ist eine Wucht – vielleicht gerade weil er eben keine ist. Ethan Katzberg ist für Hammerwerfer-Verhältnisse schmal geraten. Aber das heisst nichts. Das hat er jetzt auch erfahren. Und er ist mit seinem schulterlangen, wehenden Kraushaar und seinem Schnauz eine optische Kuriosität, ein absoluter Obelix – obenrum. Untenrum ist er durch und durch fit. 21 Jahre alt erst und der Jüngste in der kanadischen Delegation. Er wundert sich schon ein wenig. Erste WM, erstes Gold. Bestweite mit 81,25 m, kanadischer Rekord. Von seinen Konkurrenten spricht Katzberg auch dann noch mit Ehrfurcht, als er sie schon alle geschlagen hat. «Sie sind alle Wettkämpfer, Veteranen in diesem Sport, sie wissen, was sie tun.» Offenbar hat er den Dreh aber noch besser raus. Und die richtige Frisur.

Die Königin – Femke Bol

Erst das grobe Malheuer, dann der triumphale Sieg: Die Niederländerin Femke Bol erlebte alle Gefühlslagen.

Kennen Sie das auch? Über die eigenen Füsse stolpern? Oder mit dem Fuss dort hängen bleiben, wo gar nichts ist? So fatal begann die WM für Femke Bol. Auserkoren, als Schlussläuferin die niederländische 4x400-m-Staffel zu Gold zu führen – weil sie schneller ist als alle. Und sie ist sich auch mehr Hindernisse gewohnt als fast alle. Aber da sind gar keine Hindernisse. Nur noch drei Meter bis ins Ziel. Der Aufschrei ist riesig im Stadion, als Bol stolpert, die Betroffenheit ebenfalls, der Stab fliegt von alleine über die Linie, Gold aber ist weg. Und sofort ist da die bange Frage: Wird sie dieses grobe Malheur verkraften bis zu ihrem Spezialrennen über 400 m Hürden? Aber klar! Stolpern war gestern. Aufstehen, Krönchen richten, siegen. So ist sie.

Die Ausnahme – Letsile Tebogo

So hatte er sich das nicht vorgestellt: Letsile Tebogo gewinnt im Sprint Silber und Bronze – als erster Afrikaner. 

Er sitzt da, der erst 20-Jährige, noch keine Stunde ist vergangen, seit er in der Königsdisziplin 100 m die Silbermedaille gewonnen hatte. Letsile Tebogo aus Botswana soll nun den Weltmedien erzählen, wie sich das anfühlt. Zufällig sitzt der junge Mann nicht da, denn in den letzten beiden Jahren ist er schon Weltmeister bei den Junioren geworden. Und als er dann zu erklären versucht, wie das jetzt bei den Grossen ist, sagt er, das hätte er nicht von sich erwartet. «Ich bin fest davon ausgegangen, dass entweder Akani Simbine oder Ferdinand Omanyala diese Medaille gewinnen.» Diese beiden sind die viel Älteren, Routinierteren, doch nun hat er es geschafft. Über 200 m traut er es sich dann wohl auch selber zu. Dort wird es Bronze.  

In einer ersten Version des Textes hat es geheissen, Letsile Tebogo habe die erste Medaille im Sprint für Afrika gewonnen. Das stimmt nicht. Das war Frankie Fredericks, der in den 1990er-Jahren gleich mehrere für Namibia gewann. Wir bitten um Entschuldigung.