Kambundji gelingt, was nur fünf Schweizer vor ihr schafften
Mujinga Kambundji schreibt mit dem Gewinn von WM-Bronze in Doha Schweizer Sportgeschichte. Vier Athleten und eine Athletin haben diese schon vor ihr geprägt.
Sie nannten ihn «Kugel-Werni». Werner Günthör, ein 130 Kilogramm schwerer Hüne mit Schuhgrösse 48 und einer Statur von rund 2 Metern – das ist jener Mann, der im August 1987 die erste Goldmedaille an einer Leichtathletik-WM für die Schweiz errang. Der gelernte Sanitärinstallateur schafft im Stadio Olimpico von Rom mit seinem sechsten Versuch im Kugelstossen eine unglaubliche Weite. Nach 22,23 Metern landet die 7,257 Kilogramm schwere Kugel im Rasen – «ein grosser Moment», wie der Thurgauer Jahre später sagt.
Der Koloss und erste Schweizer Leichtathletik-Weltmeister sollte ein Jahr später an den Olympischen Spielen in Seoul Bronze gewinnen und seinen WM-Triumph noch zweimal wiederholen. Mit seinen Titeln 1991 in Tokio und 1993 in Stuttgart katapultiert sich Günthör in den damaligen Sportolymp. Auch wenn er mit seinen Erfolgen den Weg für spätere Leichtathleten ebnete, war seine Karriere nicht unbefleckt.
So sah sich der zweimalige Sportler des Jahres Anfang der 90er-Jahre mit Dopingvorwürfen konfrontiert. Aufgrund einer Verletzung mit Anabolika behandelt, das er «legal bezogen» habe, litt er unter den Vorwürfen. Nie verurteilt, sagte der heute 58-Jährige gegenüber SRF: «Rückblickend war mein Verhalten korrekt. Ich habe mich immer an die Regeln gehalten und deswegen auch kein schlechtes Gewissen.»
Auch die erste Frau holte Bronze
Vier Jahre nach dem dritten WM-Titel Günthörs läuft Anita Weyermann 1997 in Athen im 1500-Meter-Final zu Bronze. Sie ist die erste Schweizerin und bis zu Kambundjis Coup die einzige Frau, die ihrem Land eine Medaille an einer Leichtathletik-WM sichert. Die erst 19-Jährige muss nach dem Zieleinlauf bange Sekunden überstehen, bis der Stadionsprecher sie endlich erlöst und verkündet: «Bronze, Anita Weyermann, Suisse.»
Völlig ausser Atem gab die Ausnahmeläuferin nur wenig später ein Fernsehinterview, das sie über Nacht zum Sportstar werden lassen sollte. «Gring ache u seckle», keuchte sie ins Mikrofon des Fernsehreporters. Der Satz wurde zum Markenzeichen, zum Running Gag auf Pausenplätzen und an Stammtischen.
Medaillen im Zweijahrestakt
1999 ist es Marcel Schelbert, der die fünfte WM-Medaille für die Schweiz holt. Über 400 m Hürden gewinnt er in Sevilla in der Schweizer Rekordzeit von 48,13 Sekunden Bronze, nachdem er auf der Zielgeraden noch drei Positionen gutgemacht hatte. Die Zeit ist heute noch Rekord. Der damals 23-jährige Zürcher hatte es in zwei Jahren geschafft, seine Leistung um anderthalb Sekunden zu steigern. Nur vier Jahre nach seinem grössten Erfolg verliess Schelbert aber der Glaube – nach fünf operativen Eingriffen und aufgrund von Motivationsproblemen verkündete der studierte Ökonom seinen Rücktritt.
2001 erhält die Schweiz neun Jahre nach Günthör einen neuen Weltmeister. Dieses Mal ist es André Bucher. Als erster Schweizer Läufer gewinnt er im kanadischen Edmonton Gold an der WM. Er glänzt im 800-m-Final in 1:43,70, wird zu Europas Leichtathlet des Jahres gewählt. Souverän, mit fast einer Sekunde Vorsprung, läuft der 25-Jährige ein für ihn «perfektes Rennen».
Das lange Warten
Nach Buchers Goldlauf muss sich die Schweiz sechs Jahre gedulden bis zum Gewinn der nächsten Medaille. 2007 erlöst Marathonläufer Viktor Röthlin sein Land. Nach EM-Silber 2006 in Göteborg gelingt ihm in Osaka mit WM-Bronze innert Jahresfrist der zweite Coup an einem Grossanlass. Für die 42,195 km benötigte der 32-Jährige bei der Hitze-WM 2:15:25 Stunden. 30 Grad und 65 Prozent Luftfeuchtigkeit verlangten den Läufern alles ab. «Im Ziel hörte ich praktisch nichts mehr», sagte Röthlin damals, dem die Bedingungen regelrecht auf den Kopf geschlagen hatten.
Mujinga Kambundjis historischer Lauf zu WM-Bronze. (Video: SRF)
Und nun, zwölf Jahre nach dem Erfolg Röthlins, gelingt Mujinga Kambundji der achte Medaillengewinn für die Schweiz an einer Leichtathletik-WM. Auch von der WM in Doha war viel im Vorfeld berichtet worden, über die klimatischen Bedingungen, den ökologischen Unsinn einer WM in der Wüste und die schwierige Mission, die dem Schweizer Team bevorstand. Kambundji startete aus aussichtsreichster Position, nutzte ihre Chance und feierte ihren vorläufigen Karrierehöhepunkt. Mit 27 Jahren sichert sich auch die Bernerin ihren Platz in den Schweizer Annalen, die zwar kurz, aber für ein Land von der Grösse der Schweiz dennoch beachtlich sind.
Sie strahlt über beide Ohren: Mujinga Kambundji mit ihrer Bronzemedaille. (Video: SRF)
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch