In den Top 8 der WeltKambundji fliegt zu 10,89 und zum Rekord
Der Olympiafinalistin gelingt an den Meisterschaften im Letzigrund erneut eine Weltklasseleistung. Aber nicht nur ihre Bestzeit über 100 Meter ist denkwürdig.
Es fand nicht «Weltklasse Zürich» im Letzigrund statt, doch an den nationalen Meisterschaften war «Weltklasse Bern» unterwegs: Mujinga Kambundji flog trotz kühlen Bedingungen im Final über 100 m zu 10,89. Das ist Schweizer Rekord – die 30-Jährige war damit eine Hundertstelsekunde schneller als Ajla Del Ponte im letzten August in der Höhe von La Chaux-de-Fonds.
Wie gut sie in Form ist, hat Kambundji bereits vor zehn Tagen beim Citius-Meeting in Bern bewiesen, als sie in 22,18 Rekord über 200 m lief. Kambundji steigerte die eigene Bestleistung um fünf Hundertstel und liegt rund einen Monat vor der WM in Eugene mit 10,89 in der Jahresweltbestenliste auf Rang 8. «Beim 200-m-Rekord hat es klick gemacht», sagte sie nachher und glaubt, bereits relativ früh in der Saison «einen weiteren Schritt vorwärts» gemacht zu haben. Kambundji scheint definitiv und kontinuierlich auf höherem Level laufen zu können – «ich habe einzig gehofft, dass wir nicht Gegenwind haben». Mit 0,6 m/s Rückenwind waren die Bedingungen fast ideal.
Acht unter 11,53 Sekunden
Ihre Weltklasseleistung mit 37 Hundertsteln Vorsprung auf Ajla Del Ponte war aber nicht das einzige Bemerkenswerte an diesem Final. Es ist noch nicht lange her, da gab es in der Schweiz keine einzige Sprinterin, die die 100 m in 11,53 lief. 2010 waren Fabienne Weyermann und die 18 Jahre alte Kambundji die Schnellsten. Sie sprinteten die Bahnlänge in 11,70, und Swiss Athletics sah sich genötigt, aktiv zu werden. 2014 sollte die EM in Zürich stattfinden – ohne Schweizer Sprinterinnen? Der Verband lancierte das Staffelprojekt, und was seit 2011 passiert ist, ist eine so nie erwartbare Entwicklung, in die Breite – und in die Weltspitze.
Im einen Halbfinal standen sich gerade zwei Olympiafinalistinnen gegenüber, Del Ponte und Kambundji. In einem zweiten Halbfinal duellierten sich jene beiden Athletinnen, welche die Olympiastaffel in Tokio ergänzt hatten, Salomé Kora und Riccarda Dietsche. Wer sich schliesslich für den Final qualifizieren wollte, musste mindestens 11,53 bieten. Es ist eine Dichte und ein Konkurrenzkampf, die vor allem den Staffeltrainer freuen. Denn das ist das Ziel: Wer sich für die Staffel qualifiziert, schafft es leichter an eine EM, WM oder gar an Olympische Spiele.
Adrian Rothenbühler, Kambundjis Trainer, hat Anfang Jahr das Staffelprojekt übernommen, das sich in den vergangenen fünf Jahren bemerkenswert gewandelt hat und zum Vorzeigeobjekt von Swiss Athletics wurde. Vom fast verlegenen Quartett, das sich an der WM 2017 in London erstmals für einen Final auf höchstem Niveau qualifizierte (5.), bis zum Team, das an den letztjährigen Olympischen Spielen keinen Hehl aus seinen Medaillenambitionen machte. Platz 4 war kaum mehr als Ärger, Enttäuschung und wurde tränenreich mit «Wieder nichts!» kommentiert.
Das Ziel für die kommenden Jahre ist also klar, die Ausgangslage für Rothenbühler komfortabel, aber auch schwierig: Er hat die Qual der Wahl. Bereits jetzt hat er den Kreis der möglichen Staffelsprinterinnen für die nächsten Grossanlässe von 6 auf 13 ausgeweitet. «Ich habe mit jeder von ihnen bis zu zwei Stunden diskutiert», sagt er. Was sind die Vorstellungen der Athletin, was sind seine, was passiert, wenn sie einmal nicht eingesetzt wird?
Das Spinnennetz verrät es
Der Berner glaubt, mit verbesserter Kommunikation und Transparenz Missverständnisse und falsche Vorstellungen verhindern zu können. Tiefpunkt in dieser Beziehung war die Saison 2016, als sich Kambundji und Laurent Meuwly nicht fanden und die Athletin den 100 und 200 m den Vorzug gegenüber der Staffel gab. «Es ist klar, dass die Spitzensprinterinnen individuelle Ziele haben, das muss man akzeptieren.»
Um ein möglichst genaues Bild der infrage kommenden Athletinnen zu erhalten, hat Rothenbühler für jede ein Spinnennetz mit acht Kriterien angelegt, wie man es aus der Politik kennt. Wer erfüllt was? Wer bringt was mit? Wer kann mit wem? Dass Kambundji, Del Ponte und Kora vorderhand die Leaderinnen bleiben, ist klar. Aber wer kriegt den Hotspot, den vierten Startplatz? Der kühle, feuchte Freitagabend hat ihm die Erkenntnis gebracht: Es wird schwierig. Doch Géraldine Frey, die in 11,23 eine Bestzeit lief, ist wohl in der Poleposition.
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