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Junger Komiker regiert die Ukraine

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Wolodymyr Selensky, 41 Jahre alt, Komiker und Fernsehproduzent ohne politische Erfahrung, wird neuer Präsident der Ukraine. Bei der Stichwahl gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko bekam Selensky nach Wählerbefragungen am Ausgang der Wahllokale («Exit Polls») 73,2 Prozent der Stimmen gegenüber 25,3Prozent für Poroschenko.

Ein offizielles Ergebnis wird für Montag erwartet. «Ich werde euch nie im Stich lassen», wandte sich Selensky in seinem Kiewer Wahlstab an seine Anhänger. «Ich bin zwar noch nicht als Präsident vereidigt, aber ich kann das Folgende sagen: An alle postsowjetischen Länder: Schaut auf uns – alles ist möglich!»

Der abgewählte Präsident Poroschenko erkannte seine Niederlage an und sagte, er werde Selensky anrufen, um ihm zu seinem Sieg zu gratulieren. «Schon in einem Monat verlasse ich mein Amt als Präsident. So haben es die Ukrainer entschieden, und ich respektiere ihre Entscheidung. Ich verlasse mein Amt, aber ich verlasse nicht die Politik, ich werde weiter für die Ukraine kämpfen», sagte Poroschenko.

Sein Team und er seien bereit, Selensky in der Übergangszeit bis zu dessen Vereidigung zu helfen und ihn bei allen Entscheidungen zu unterstützen, «die im nationalen Interesse der Ukraine sind und uns näher zur EU und zur Nato bringen».

Vorgezogene Neuwahlen?

Die Wahlkommission der Ukraine hat bis zum 1. Mai Zeit, um das offizielle Endergebnis bekanntzugeben. Danach setzt das Parlament den Tag der Amtseinführung des neuen Präsidenten fest – diese müsste unter Ausschöpfung aller Fristen spätestens am 3. Juni erfolgen. Der kommende Präsident steht einem von Noch-Präsident Poroschenko und seinen Anhängern dominierten Parlament entgegen. Selensky hat bereits eine Partei registriert, die nach der Fernsehserie «Diener des Volkes» benannt ist, in der Selensky seit 2015 einen unbestechlichen Präsidenten spielt. Die Selensky-Partei liegt in Umfragen bei 26 Prozent und würde in einem neuen Parlament dominieren, doch weit von einer absoluten Mehrheit entfernt sein.

Ordnungsgemäss finden die nächsten Parlamentswahlen am 27. Oktober statt – allerdings denkt Selensky über eine mögliche Auflösung des Parlaments und vorgezogene Neuwahlen nach, um seine augenblickliche Popularität schnell in Stimmen für seine neue Partei umzuwandeln. Das aktuelle Parlament kann dies allerdings verhindern, wenn es die Vereidigung des neuen Präsidenten bis mindestens zum 27. Mai hinauszögert: Nach diesem Tag, an dem die letzten sechs Monate des Mandats des aktuellen Parlaments beginnen, darf der Präsident der Verfassung gemäss das Parlament nicht mehr auflösen.

Die Mahnung von Nayyem

Der reformorientierte Parlamentarier Mustafa Nayyem, der 2013 mit einem Aufruf die Demonstrationen auf dem Kiewer Maidan eingeleitet hatte, die zur Flucht des damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch führten, mahnte Selensky, als Präsident nicht die Fälle Poroschenkos zu wiederholen: Selensky solle allen eine Absage erteilen, die in Hinterzimmerdeals Sonderbedingungen aushandeln wollten. Ausserdem solle sich Selensky nicht mit Oligarchen besprechen – eine Anspielung auf Kontakte des neugewählten Präsidenten zu dem umstrittenen Oligarchen Ihor Kolomoisky –, sondern mit den 73 Prozent der Ukrainer, die ihn gewählt hätten.

Die Wahl verlief offenbar ohne grössere Zwischenfälle. Der künftige Präsident bekam nach seiner Stimmabgabe in seinem Wahlquartier Besuch von zwei Polizisten: Selensky hatte den ausgefüllten Wahlzettel vor dem Einwurf in die Wahlurne Journalisten gezeigt. Dies ist nach ukrainischem Gesetz eine Verletzung des Wahlgeheimnis und wird mit einer Geldstrafe geahndet. Selensky sagte, er habe aus Unkenntnis gehandelt und werde die Strafe von umgerechnet bis zu etwa 25 Euro sofort nach Festsetzung bezahlen.