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Real-Star Jude Bellingham
Die grosse Sensation pflückte früher lieber Gänseblümchen

MADRID, SPAIN - OCTOBER 07: Jude Bellingham of Real Madrid celebrates after scoring the team's second goal during the LaLiga EA Sports match between Real Madrid CF and CA Osasuna at Estadio Santiago Bernabeu on October 07, 2023 in Madrid, Spain. (Photo by Florencia Tan Jun/Getty Images)

Als beim englischen Fussballverein Birmingham City jemand entschied, dass die Nummer 22 in Zukunft an keinen Spieler mehr vergeben wird, war das Gelächter in Fussball-Europa gross, zumindest in den sozialen Medien.

Denn eine solche Ehre ist im Normalfall nur den ganz grossen Namen vorbehalten. Bei Ajax Amsterdam zum Beispiel, da trägt niemand mehr die 14 von Johan Cruyff, bei Napoli keiner die 10 von Diego Maradona. Bei Milan sind die 3 von Paolo Maldini und die 6 von Franco Baresi gesperrt, bei Inter die 4 von Javier Zanetti. 

Und jetzt die 22 bei Birmingham, getragen hatte sie Jude Bellingham. Als er den Verein verliess, war er gerade erst 17 geworden. Insgesamt hatte er ganze 44 Partien für den Club bestritten – in der zweithöchsten Liga Englands. Aber Birmingham sah in jenem Sommer 2020 etwas Grosses in ihm, ein Jahrhunderttalent. Und die Verantwortlichen sollten recht behalten.

Denn heute lacht keiner mehr. Aus dem Jungen aus den West Midlands ist ein Weltstar geworden.

Von Birmingham wechselte Bellingham zu Borussia Dortmund, er kostete 30 Millionen Euro und blieb drei Jahre. Er spielte 132-mal, wurde englischer Nationalspieler und vervielfachte seinen Marktwert. Real Madrid war er im vergangenen Sommer über 100 Millionen wert.

Er schwebt einfach durch diese Liga

Real Madrid: Viel mehr Prestige geht nicht. Und dann wählte Bellingham auch noch die Nummer 5, jene Nummer also, mit der Zinédine Zidane Fussballgeschichte geschrieben hatte in diesem Verein.

All das, Zidanes Erbe, die verrückte Ablösesumme, der Sprung von der Bundesliga in die Beletage des Fussballs, das könnte einen jungen Mann lähmen oder ihn zumindest unter Druck setzen. Bellingham aber nimmt all diese Schritte mit einer unerhörten Leichtigkeit, ja er schwebt gar durch diese Liga der Stars.

Ein paar Monate ist er nun da, und in dieser Zeit hat er 13 Tore erzielt – in 14 Partien. Dabei war er nie der regelmässige Torschütze in seinen Teams. Bei Real aber ist er überall. Er trifft, als wäre er Stürmer, er hilft defensiv mit, als wäre er Verteidiger. Seine Haken, seine Drehungen, seine Pässe, seine Physis. Fussball auf allerhöchstem Niveau.

Wie es sich gehört für einen Spieler auf diesem Level, hat Bellingham bereits seinen eigenen Jubel, kein Tanz, kein Handzeichen, nicht einmal ein Lächeln, er steht einfach hin und breitet die Arme vor den Fans aus. Als würde er sie fragen: Unterhalte ich euch etwa nicht? Zuletzt entschied er mit zwei Toren auch den Clásico gegen Barcelona, das zweite schoss er in der 92. Minute.

150 Millionen Euro ist Bellingham nun gemäss dem Portal Transfermarkt.com schon wert, übertroffen wird er nur von Erling Haaland und Kylian Mbappé, die noch 30 Millionen schwerer sind. Das ist die Spitze des Weltfussballs. Und vielleicht mutet es darum etwas seltsam an, wenn man liest, was Bellingham kürzlich der französischen Zeitung «L’Équipe» erzählte.

Auch der Bruder ist ein Talent

Er habe Fussball früher gar nicht gemocht, sagt Bellingham. Aber er musste halt hin; sein Vater Mark war ebenfalls Fussballer, wenn auch nicht auf dem Niveau seines Sohnes, er spielte im Amateurbereich. Bellingham aber, der kleine, wollte lieber Fangen spielen oder Blumen pflücken. «Tu das», sagte der Vater. Seine Eltern hätten ihn nie zu etwas gezwungen, sagt Bellingham. Das gilt auch für seinen jüngeren Bruder Jobe. Der steht bei Sunderland unter Vertrag.

Weil der Vater also sagte, die Brüder sollen tun und lassen, was sie wollten, solange sie anderen hälfen und respektvoll seien, entschied sich Jude zuerst einmal für die Blumen. «Ich ging ins Training, pflückte Gänseblümchen und machte daraus Halsketten, die ich meiner Mutter schenkte», erzählt er bei «L’Équipe». Das Interview wurde im Rahmen der Vergabe der Kopa-Trophy geführt, des Preises für den besten jungen Fussballer der Welt. Bellingham holte mit Abstand die meisten Stimmen.

epa10949691 English international and Real Madrid midfielder Jude Bellingham (L) gives a speech after receiving the Kopa Trophy for the best player under the age of 21 during the Ballon d'Or 2023 ceremony at the Theatre du Chatelet in Paris, France, 30 October 2023.  EPA/MOHAMMED BADRA

Aus ebendiesem Interview stammt auch dieses wunderbare Zitat: «Ich war immer kompetitiv, beim Fangen wollte ich der Schnellste sein, beim Verstecken der, den niemand findet – ich wollte sogar die schönsten Blumen pflücken.» Wenn er verloren habe, sagt Bellingham, sei er ein Albtraum gewesen, er habe nur schon Mühe damit gehabt, dem Gegner nach einer Niederlage die Hand zu geben.

Bellingham fand wohl irgendwann heraus, dass er seinen Ehrgeiz im Fussball besser ausleben konnte als beim Blumenpflücken. Seine Mutter Denise sagte einmal, sie habe das Talent ihres Sohnes gesehen, als dieser etwa 13 gewesen sei. Die Anzahl Scouts bei den Juniorenspielen Birminghams wurde grösser und grösser, mit 15 spielte Bellingham bereits in der U-23.

Und mit 16 kam er zu seinem Debüt bei den Profis. Natürlich ist er der jüngste je eingesetzte Spieler des Vereins. Und die Nummer, die er im ersten von seinen 44 Spielen bei den Profis in England auf dem Rücken hatte, hat bei Birmingham seither keiner mehr getragen.