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US-Präsident auf Nahostreise
Joe Biden meidet Handschlag mit Saudi-Kronprinz

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Zum Abschied sind sie am Freitagnachmittag noch einmal alle angetreten am Tel Aviver Ben-Gurion-Flughafen: Israels Präsident Isaac Herzog, Premierminister Jair Lapid und ein ansehnliches Gefolge winkender Würdenträger, die den Besuch und die Aufmerksamkeit des amerikanischen Präsidenten Joe Biden in den zurückliegenden 48 Stunden in vollen Zügen genossen hatten.

Von Tel Aviv aus düste Biden weiter nach Jidda in Saudiarabien, und bei diesem Flug von 1250 Kilometern Luftlinie ist schon der Weg ein Ziel. Denn es ist der erste offizielle Direktflug auf dieser Linie – und die in der Nacht zuvor verkündete Öffnung des saudischen Luftraums für Flüge von und nach Israel soll der Auftakt sein für die von Washington vermittelte Normalisierung der Verhältnisse zwischen den beiden Ländern.

Das Schmieden neuer Allianzen, die Befriedung alter Feindschaften: Dies ist das überwölbende Thema der insgesamt auf vier Tage angelegten Nahostreise Bidens. Darüber hat er in Israel gesprochen, dafür wirbt er in Saudiarabien. Für den alten Nahen Osten und dessen Protagonisten, die Palästinenser, bleibt angesichts dieser Neuausrichtung nur ein kurzes Zwischenspiel am Freitagmorgen.

Die Palästinenser hoffen vergeblich auf konkrete Anstösse der USA im eingeschlafenen Friedensprozess.

Zwei Termine hat die straffe Programmplanung erlaubt, mit denen Biden den Palästinensern signalisieren wollte, dass sie nicht ganz vergessen sind. Zunächst besucht er im arabischen Ostjerusalem das Auguste-Viktoria-Spital, das zu einem Netzwerk von Kliniken gehört, die das Rückgrat der palästinensischen Gesundheitsversorgung bilden – und die unter akuter Finanzknappheit leiden. Biden verspricht 100 Millionen Dollar. Das hilft.

Grosszügig tritt er danach auch in Bethlehem auf, wo er mit Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas zusammentrifft. Insgesamt verspricht er den Palästinensern in diesen wenigen Stunden Hilfe von 316 Millionen Dollar. Der Washingtoner Geldstrom, den Donald Trump als Präsident zum Versiegen gebracht hatte, fliesst also wieder. Dazu kann Biden noch ein paar zusätzliche, mit Israel abgesprochene Massnahmen verkünden, die das Leben der Palästinenser leichter machen und ihre Wirtschaft stärken sollen.

Das ist alles gut gemeint. Aber es ist weit entfernt von dem, was die Palästinenser von Biden erwarten. Sie hoffen auf politische Zeichen und konkrete Anstösse in dem seit 2014 eingeschlafenen Friedensprozess. Und sie hoffen vergeblich darauf.

Treffen mit Machthaber von neun arabischen Staaten

Deshalb hängen Schatten über Bidens Treffen mit Abbas in Bethlehem. Beim gemeinsamen Auftritt bekennt sich der US-Präsident zwar zur Zweistaatenlösung, so wie er das zuvor auch schon in Israel getan hatte. «Das palästinensische Volk verdient einen eigenen Staat», sagt er. Doch er fügt sogleich ein grosses Aber an. Die Zeit sei derzeit «nicht reif» für neue Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern.

Abbas will das nicht akzeptieren. «Es ist Zeit, dass die Besatzung endet», erklärte er. «Der Weg zum Frieden in unserer Region beginnt mit der Anerkennung des Staats Palästina.» Das gibt er Biden mit auf den Weg nach Jidda, wo der US-Präsident kurz darauf auf die Machthaber von neun arabischen Staaten trifft, die längst andere Prioritäten gesetzt haben.

In Jidda dürfte die Palästinenserfrage keine grosse Rolle spielen. Biden trifft dort auf die Herrscher am Golf, die ganz andere Sorgen haben: Das Nuklearprogramm des Iran steht ganz oben auf der Liste. Doch bevor Biden am Samstag zum Treffen mit dem Golfkooperationsrat aufbricht, an dem auch der Irak, Jordanien und Ägypten teilnehmen werden, wird es am Freitagabend zu einer Begegnung kommen, die Biden in den letzten Jahren unbedingt verhindern wollte.

Laut CIA verantwortet er den Mord an Jamal Khashoggi: Muhammad bin Salman, Kronprinz von Saudiarabien.

Wenn Biden im prachtvollen Alsalam Royal Palace in der Hafenstadt Jidda auf den greisen saudischen König Salman trifft, dann wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch dessen Sohn, De-facto-Herrscher Muhammad bin Salman, anwesend sein. Also der Kronprinz, den die CIA für den Auftragsmord an dem «Washington Post»-Journalisten und Regimekritiker Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul verantwortlich macht. Und den Biden eigentlich als «Paria» ächten wollte.

In Saudiarabien scheint man sich nicht von Russland distanzieren zu wollen.

Im Vorfeld hatte Biden ankündigen lassen, dass er aufgrund der Corona-Regeln keine Hände schütteln wird. Also drückte er bereits in Israel nur seine geballte Faust an die von Premier Jair Lapid. Offenbar hofft er so, ein offizielles Foto mit dem einstigen Aussenseiter zu vermeiden.

Fest steht: Der fatalen Signalwirkung einer solchen Begegnung ist sich Joe Biden offenbar bewusst. Den offiziellen Zweck seiner Dienstreise erklärte er deshalb im Vorfeld in einem Beitrag in der «Washington Post». Er kündigte an: «Wir müssen Russlands Aggression etwas entgegensetzen, wir müssen uns bestmöglich aufstellen, um China auszustechen.»

Doch in Saudiarabien scheint man sich nicht von Russland distanzieren zu wollen. Am Freitag hat Saudiarabien bekannt gegeben, seine Ölimporte aus Russland hätten sich im zweiten Quartal mehr als verdoppelt. Die fast 650’000 Tonnen verwendet das Königreich zur Stromerzeugung.