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Homophobie und Sexismus in Zürich
Jeden Tag kommt es zu fünf Übergriffen

Viele von ihnen dürften schon belästigt oder angegriffen worden sein: Gay Pride in Zürich, 2018.
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Februar 2021, Sechseläutenplatz in Zürich. Vincenzo, 16 Jahre alt, sitzt mit ein paar Freundinnen und Freunden am See. Es ist später Abend. Eine Gruppe junger Männer pöbelt Vincenzos Clique an. Dann folgen Schläge und Fusstritte. Die Gewalt erfolgte aus homophoben Motiven, vermutet Vincenzo. Denn er und seine Freundinnen und Freunde haben in den sozialen Medien, wo sie aus ihrem Alltag als Homosexuelle oder Transperson berichten, eine gewisse Bekanntheit erlangt.

Auch wegen Vincenzos Fall schaltete die Stadt Zürich eine Website online, auf der man solche und ähnliche Übergriffe melden kann. 721 wurden seit Anfang Mai registriert. Das sind fast fünf pro Tag.

Ende 2020 wurden die Meldungen ausgewertet. Die Veröffentlichung der Ergebnisse folgte dann im Frühling. Schon jetzt lässt sich aber einiges über Homo- und Transfeindlichkeit sowie sexualisierte und sexistische Übergriffe in Zürich sagen. Denn die Stadt hat dazu eine Umfrage in Auftrag gegeben. Deren Ergebnisse liegen nun vor.

Nach 22 Uhr nehmen Übergriffe zu

Das Institut Sotomo befragte 1677 Personen zwischen 16 und 79 Jahren aus der Stadt Zürich oder einer der Zürcher Agglomerationsgemeinden. Die Umfrage zeigt: Übergriffiges Verhalten – von verbaler Belästigung oder Beschimpfungen über Betatschen bis zu Schlägen – findet am häufigsten an Orten des Nachtlebens wie Bars und Clubs statt, gefolgt von Festen, Festivals und Aussenräumen wie öffentlichen Plätzen. Meistens passieren sie nach 22 Uhr.

Besonders betroffen sind junge Frauen. Mehr als jede dritte Frau zwischen 16 und 35 Jahren gab an, «meistens bis oft mit belästigenden Situationen konfrontiert» zu sein. Zudem gaben vier von fünf jungen Frauen an, dass es «eher schwierig oder sehr schwierig» sei, sich dagegen zu wehren.

Doch auch junge Männer sind Ziel von Übergriffen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder auch ihres Geschlechts (zum Beispiel durch ältere Männer). Sie werden deutlich öfter Opfer als über 35-jährige Männer. Die Hälfte der jungen Männer berichten ebenfalls von der Schwierigkeit, sich zu wehren.

Warum ist Gegenwehr schwierig? Unabhängig von Geschlecht und Alter fürchten die meisten Befragten eine weitere Eskalation des Konflikts. Vor allem Jüngere berichten auch von einem «Schockzustand», der es verunmöglicht, sich zu wehren. Sie ignorieren Übergriffe auch deutlich häufiger als ältere Menschen.

Mauch will Selbstverteidigungskurse fördern

«Belästigungserfahrungen sind kein privates Problem, sondern gehen uns alle an», sagt Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) über das Online-Meldetool. Sie kündigt an, dass das Thema Zivilcourage an Schulen und in der Jugendarbeit aufgenommen werden soll.

Ausserdem unterstütze die Stadt Selbstverteidigungskurse – vor allem für Mädchen, Frauen und queere Menschen.