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Italien will Schiffe deutscher Flüchtlingshelfer beschlagnahmen

Das Schiff «Lifeline» solle beschlagnahmt und die Besatzung festgehalten werden, sagte Italiens Innenminister Matteo Salvini. (21. Juni 2018) Bild: Hermine Poschmann/Handout/Reuters
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Kurz vor dem EU-Sondertreffen zur Flüchtlingspolitik hat Italien seine harte Haltung bekräftigt. «Die italienischen Häfen stehen den Schleppern nicht mehr zur Verfügung, öffnet die maltesischen und französischen Häfen», sagte Innenminister Matteo Salvini am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Siena.

Konkret geht es um die Schiffe «Lifeline» und «Seefuchs» deutscher Flüchtlingshelfer im Mittelmeer. Italien will die Schiffe beschlagnahmen lassen, um deren juristischen Status zu überprüfen. Das sagte Italiens Verkehrsminister Danilo Toninelli von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung.

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Uno-Menschenrechtskommissar Seid Raad al-Hussein hatte in Genf seinen letzten grossen Auftritt. An einer Sitzung des Menschenrechtsrats kritisierte er den Nationalismus. (18. Juni 2018)
Deutschland werde sich solidarisch zeigen, sagte Angela Merkel (links) in Berlin bei einem Treffen mit dem neuen italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte (rechts). (18. Juni 2018)
Berlin und Rom stimmten darin völlig überein, dass die Aussengrenzen Europas besser gesichert und die Grenzschutzorganisation Frontex gestärkt werden müssten. (18. Juni 2018)

Die Schiffe seien nach Angaben der Regierung in Den Haag «illegitim und illegal» unter niederländischer Flagge gefahren, sagte Toninelli weiter. Das sieht die niederländische Vertretung bei der Europäischen Union anders. Sie erklärte im Kurzbotschaftendienst Twitter, die beiden Schiffe seien nicht in den niederländischen Registern verzeichnet.

Salvini wettert gegen Hilfsorganisation

Laut Toninelli hat die Organisation internationales Recht gebrochen, als sie die 226 Flüchtlinge vor der Küste Libyens an Bord nahm: Die libysche Küstenwache habe ebenfalls eingegriffen. Lifeline erklärte dagegen, der Einsatz habe in «internationalen Gewässern» stattgefunden.

Salvini von der fremdenfeindlichen Lega legte nach mit Beschuldigungen: «Sie riskieren das Leben der Migranten auf den Schlauchbooten, hören nicht auf die italienischen und libyschen Behörden und intervenieren, um diese wertvolle Ware von Menschen – von Menschenfleisch – an Bord zu laden.» Für ihn sind die Hilfsorganisationen «Vize-Schlepper», die Geld mit den Migranten machen wollen.

Italien forderte nun das nahe gelegene Malta auf, dem Schiff «Lifeline» einen Hafen zu öffnen. Es sei klar, dass das Boot beschlagnahmt und die Besatzung festgehalten werden müsse, so Salvini weiter. Allerdings kam auch aus Malta kein Signal, dass das Boot dort anlegen darf.

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Die Aquarius kreuzt regelmässig im südlichen Mittelmeer, um Migranten aus seeuntüchtigen Booten zu retten und nach Italien zu bringen.
Zuerst traf das italienische Marineschiff «Dattilo» mit über 200 Flüchtlingen an Bord in Valencias Hafen ein. (17. Juni 2018)
Ärzte mit Schutzanzügen untersuchen die Flüchtlinge.

Die Hilfsorganisation Lifeline verteidigt sich am Freitag gegen die Attacken der italienischen Regierung. Die Rettung Hunderter Migranten am Donnerstag sei in internationalen und nicht in libyschen Gewässern erfolgt, wie Italien behaupte, schrieb die Organisation auf Twitter. «Wir respektieren die internationalen Gesetze», so deren Sprecher Alex Steier, im Interview mit dem italienischen Radiosender Radio Capital.

Mehr tote Migranten

Vor rund zwei Wochen hatte Italien der «Aquarius» der Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen erstmals die Einfahrt in einen Hafen verwehrt. Auch Malta verweigerte die Aufnahme, weshalb die «Aquarius» schliesslich ins spanische Valencia fahren musste.

Die «Lifeline» ist nun das zweite Schiff mit Migranten und Flüchtlingen an Bord, das nicht in Italien anlegen darf. Andere private Retter hatten erst gar keine Flüchtlinge aufgenommen, weil sie davon ausgingen, dass sie nirgends landen dürfen.

Das Uno-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) sieht einen direkten Zusammenhang zwischen der harten italienischen Flüchtlingspolitik und den binnen wenigen Tagen rund 220 ertrunkenen Menschen in Mittelmeer. Es schätzt, dass seit Anfang des Jahres die Zahl der Toten nun auf über 1000 angestiegen ist.

Unter anderem war am Dienstag ein Holzboot gesunken. Nach Schätzungen sollen 100 Menschen an Bord gewesen sein, aber nur fünf hätten das Unglück überlebt. Die libysche Küstenwache habe sie gerettet. Am selben Tag sei ein Gummiboot mit 130 Menschen an Bord gesunken. Fischer hätten nur 60 der Bootsinsassen retten können. Am 20. Juni hätten andernorts auf See gerettete Flüchtlinge und Migranten von 50 Mitreisenden berichtet, die ertrunken seien.

Rückkehr ist keine Option

Viele Flüchtlinge sitzen in Libyen fest, wo sie nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen Folter und Vergewaltigungen ausgesetzt sind. Für die meisten Migranten ist es keine Option, aus Libyen in ihre Heimatländer zurückzukehren, weshalb sie trotz schlechter Aussichten den Weg übers Mittelmeer wagen.

Vor allem im Sommer legen viele Boote aus dem Bürgerkriegsland Libyen ab. Die libysche Küstenwache nahm zum Beispiel am Donnerstag innerhalb eines Tages nach eigenen Angaben 680 Migranten im Mittelmeer auf.

SDA/oli