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Ist das noch lustig?
So war «Deville» ohne Publikum

Wegen Corona ohne Publikum: Moderator Dominic Deville.
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Im Minutentakt spült es einem Corona-Witze und Memes aufs Handy. Die Quarantäne macht aus gelangweilten Menschen offenbar Satiriker. Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber ich öffne die ungefragt zugeschickten Scherze immer seltener. Es sind schlicht zu viele.

Gewiss, unter den Grassroot-Jokes gibts Grossartiges, wir sammeln die besten Beiträge in dieser Serie. Allerdings machen auch weniger gelungene Witze die Runde oder solche, die schlecht gealtert sind: Hoho, das Virus trägt denselben Namen wie eine Biermarke!

Wo auf dieser Skala würden sich die Humor-Profis von SRF einordnen? «Fieber, Husten, Heiterkeit» versprach das Intro-Signet der Sendung . Man durfte gespannt sein – nur schon, weil «Deville» wegen der Social-Distancing-Regeln ohne Publikum aufgenommen wurde. Statt im Zürcher Veranstaltungslokal Folium trat Dominic Deville in einem umfunktionierten Raum in seinem Produktionsbüro vor die Kamera, «tief in einem Keller mit österreichischem Gütesiegel», wie er frotzelte.

Eingespielte Lacher

Es folgten Sprüche über die Nutzlosigkeit von Tinder («von links nach rechts wischt man doch heute nur noch, um das Handy zu desinfizieren») und Homeschooling («Eltern merken nun, dass Lehrer ein richtiger Beruf ist»). Wie bei den Internet-Memes handelten die Witze nicht vom Virus selbst, sondern davon, wie es unseren Alltag verändert und unser Sozialverhalten auf den Kopf stellt. Der gelungene Höhepunkt war eine erotisierte Zeitlupenaufnahme von zwei Händen, die sich schüttelen.

Ein anderer Einspieler handelte von Pingus Begräbnis (er war an den Folgen des Klimawandels gestorben), an dem ein Mann die Trauerrede des Pfarrers in Pingu-Sprache dolmetschte. Und anlässlich Roger Schawinskis allerletzter Sendung parodierte man dessen Ego und Slang. Das war mittelmässig lustig, es erging den Beiträgen wie fast allem, was in den Medien derzeit nicht von Corona handelt: Es interessiert nicht richtig. Bezeichnend, dass die Überleitung nach dem Schawinski-Sketch dessen Höhepunkt war: «Nach Roger Schawinski zu etwas Erfreulichem – dem Coronavirus.»

Die fehlende Livesituation ist bei den US-Late-Shows mitunter ein Grund, wieso sie vorerst pausieren. «Deville» fand eine clevere Lösung für dieses Problem: die von Sidekick Karpi per Knopfdruck eingespielten Lacher oder Buhrufe – je nachdem, ob ein Witz seines Chefs gelang. Für den Gast, die Thurgauer Poetry-Slammerin Martina Hügi, die einen Rant über einen Busfahrer («Bussolini») ablieferte, gab es einen Lacher.

Der Bundesrat ist in der Krise ein dankbares Opfer für Satire.

Am besten war die Sendung, als sie politisch wurde; Deville stellte anhand von Figürchen die Leistung der einzelnen Bundesräte in der Corona-Krise vor. Bei Ueli Maurer wurde ein Supercut seiner lobenden Erwähnungen auf die Banken eingespielt, den Deville so kommentierte: «Vielleicht sollten wir statt das Pflegepersonal nächstes Mal die Banker beklatschen.»

Auch die zusammengeschnippelte Hymne auf den BAG-Spitzenbeamten Daniel Koch gelang. Schweizerisch geprägte Corona-Abhandlungen, das zeigte die erste «Deville»-Folge in der Corona-Krise, funktionieren am besten. Alles andere kann man getrost dem Internet überlassen.

Natürlich sind Koch und die Bundesräte leichte Beute. So vermisste man den einen oder anderen richtig bösen Witz, etwas über Solidarität oder den Generationen-Clash in der Krise: Die eingesperrten Senioren und die stillgelegten Millennials. Aber auf dieses heikle Terrain getraute man sich nicht. Vielleicht kommt das noch. Humor ist bekanntlich Tragödie plus Zeit.