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Wieso Deutschland, Hazel, wieso?

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Vor drei Tagen war der Comedy-Superstar Ricky Gervais in Zürich und veräppelte allerlei Minderheiten wie Pädophile, Frömmler, Schwule oder vergewaltigte Katzen. Kann man cool finden, muss man nicht (hier gehts zur Kritik). Die SRF-Satiresendung «Deville» machte gestern jedenfalls genau das Gegenteil und nahm die grossen, erfolgreichen Player ins Visier, die in der vergangenen Woche zu reden gegeben hatten: die Fluggesellschaft Swiss, die Credit Suisse, die SVP und Schweizer Lottomillionäre sowie ein fiktives Steuerparadies («der feuchte Traum jedes Schweizers»).

Das war alles ein bisschen erwartbar. Einzig die Adelsexpertin, die zu Harry und Meghan Auskunft geben sollte, sich aber als Adlerexpertin entpuppte und trotzdem munter Auskunft gab, war überraschend.

Brugger hebelt Comedy-Regeln aus

Die zweite Gast-Komikerin war Hazel Brugger, ihr Auftritt ein kleiner Scoop. Die Schweizerin, bekannt für ihre stoische Art und entlarvenden Humor, feiert in Deutschland Erfolge und hat mit 26 schon die renommiertesten Auszeichnungen ihrer Branche gewonnen. Vielleicht auch, weil sie neben den herkömmlichen Kanälen wie Bühnen und Fernsehen auf die sozialen Medien setzt. Ihre Doku-Reihe «Deutschland Was Geht» erscheint exklusiv auf Youtube. 200'000 Follower hat sie auf Instagram.

Hazel Brugger scheint so ein hiesiges Comedy-Gesetz auszuhebeln. Oft ist es ja so: Je mehr Leute ein Komiker erreicht, desto simpler sind seine Witze. Und umgekehrt: je kleiner die Bühne, desto spezieller der Humor. Man muss dazu nur die Karrieren von Mario Barth oder Divertimento mit jener eines Zukkihunds vergleichen.

Treffen zweier Spitzzüngiger: Hazel Brugger mit Gastgeber Dominic Deville. Foto: Screenshot SRF

Umso toller, dass Hazel Brugger ihre Wurzeln nicht vergisst und nun im Februar sogar die Swiss Music Awards moderiert. Was die Frage aufkommen lässt, wieso sie das macht: Orientiert sie sich an Gervais? Der verleiht den Golden Globes als politisch inkorrekter Moderator regelmässig einen Hauch von Verruchtheit.

Zuerst war Hazel Brugger aber beim guten alten Staatsfernsehen, wo sie zuerst einen kleinen Stand-up zum Besten gab, in dem sie von ihren Brüdern erzählte, die sie vermisse, weil sie sie nun nicht mehr schlagen könne. Der Miniauftritt war herrlich fies, etwa ihr Urteil über Leute, die von sich behaupten, die Schwester sei ihre beste Freundin: «Solche Leute haben keine Freunde. Geschwister sind Übungsmenschen für richtige Menschen. Ausser, man ist in einem Keller in Österreich aufgewachsen und kennt sonst niemanden.»

«In Deutschland wissen die Menschen, dass sie nicht die Crème de la Crème sind. Sie versuchen sogar gar nicht erst, nicht in Jogginghosen herumzulaufen.»

Hazel Brugger in «Deville»

Danach interviewte Gastgeber Dominic Deville seinen Stargast und begann mit einem Statement: Jan Böhmermann oder DJ Bobo seien leichter zu kriegen gewesen als sie. Hazel: «Das sind auch beides weisse Männer, deren Zeit bald vorbei ist.» Die Koketterie mit Bruggers Erfolg ging weiter. Wieso diese Show «Deville» heisse und nicht «Brugger», fragte Deville, will heissen: Warum verliess Hazel die Schweiz Richtung Deutschland? «Weil dort kein Konsens-Humor gefragt ist», lautete ihre Antwort. Nein, das hat sie natürlich nicht gesagt, sondern rettete sich mit einem Witz: «In Deutschland wissen die Menschen, dass sie nicht die Crème de la Crème sind. Sie versuchen gar nicht erst, nicht in Jogginghosen herumzulaufen.»

Es folgte ein Einspieler eines Entführungsvideos: Die Schweizer haben Hazel Brugger entführt und informieren die Deutschen, dass sie im Aargauer Folterkeller von Peach Weber gefangen sei und nie mehr zurückgelassen werde, weil sie die beste Komikerin sei, die das Land je gehabt habe. Das Video war eine originelle Ode an Hazel. Als Schlusspunkt wäre das aber zu unterwürfig gewesen, was auch Deville wusste, der seinen Gast auf den Arm nahm: «Du machst ja alles für Geld, zum Beispiel die Swiss Music Awards moderieren... Was würdest du gegen Geld sonst noch alles machen?» Dazu hatte er Lottokugeln mit Fragen vorbereitet, die Hazel beantworten musste. Eine, die sie zog, lautete: Würdest du nach Olten ziehen? «Ja», war die Antwort der Exil-Schweizerin, «denn ein Ort ist immer so gut, wie schnell man von dort wieder weg ist.»