Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Israels Nationalmannschaft
Sie spielen, um der Welt zu zeigen: Wir leben noch

Maccabi Tel Aviv players show an Israeli flag as they pose for the official photo before the Europa Conference League group B soccer match between Zorya Luhansk and Maccabi Tel Aviv at the Arena Lublin in Lublin, Poland,Thursday, Nov. 9, 2023. (AP Photo/Czarek Sokolowski)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Männer steigen mitten auf einer Autobahn aus einem Bus. Erst wirkt die Szene fast entspannt. Dann rennen sie los in Richtung Strassengraben. Im Hintergrund sind Sirenen zu hören. Über den blauen Himmel ziehen weisse Streifen. Raketenalarm. Mittendrin: Israels Fussball-Nationalmannschaft auf dem Weg zu ihrem Spiel gegen Kosovo.

Das sind die Umstände, unter denen der Schweizer Gruppengegner Israel in die letzte Phase der Qualifikation für die Europameisterschaft geht. Der Angriff der Hamas am 7. Oktober hat alles verändert. In den wichtigen Dingen des Lebens. Und in den weniger wichtigen wie zum Beispiel Fussball. Wobei die Grenze zwischen unwichtig und wichtig manchmal verschwimmt.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Natürlich verblasst jedes Fussballspiel vor dem Hintergrund eines Kriegs. Und doch sagt Oren Josipovich vor den Auftritten des israelischen Nationalteams in der EM-Qualifikation: «Normalerweise hätten nur die Sportfans die Matches geschaut. Aber jetzt wird das ganze Land zusehen.»

Derzeit seien nur Krieg und Tod am Fernsehen zu sehen, schildert der Macher von «Hapodium», dem grössten Fussball-Podcast des Landes: «Da leistest du dir gerne mal eineinhalb Stunden Eskapismus.»

Die Spiele Israels werden aber weit mehr sein als bloss etwas Zerstreuung in schrecklichen Zeiten. Das beweist unter anderem die Geschichte von Eran Zahavis Rückkehr ins Nationalteam. Der Grund, warum er seit Ende 2021 nicht mehr für sein Land aufgelaufen ist? Josipovich nennt es «die vielleicht dümmste Geschichte, die sich je in einem Nationalteam ereignet hat».

Wer mag jetzt noch um Hotelzimmer streiten?

Gezankt wurde zwischen zwei der bekanntesten Fussball-Exponenten Israels. Ex-Spieler Yossi Benayoun verlangte als Sportdirektor, alle Spieler müssten im Namen der Gruppendynamik bei Zusammenzügen in Doppelzimmern nächtigen. Zahavi aber wollte allein bleiben, fürchtete um seinen Schlaf und weigerte sich, weiter für Israel zu spielen.

Zuvor hatte er in neun Spielen im Nationalteam neun Tore geschossen. Für Josipovich ist er schlicht «der beste Stürmer in der Geschichte des israelischen Fussballs». Wobei er ein Buch über Zahavi geschrieben hat: «Ich bin also vielleicht nicht ganz objektiv.»

Maccabi Tel Aviv's Eran Zahavi holds an Israeli flag before the Europa Conference League group B soccer match between Zorya Luhansk and Maccabi Tel Aviv at the Arena Lublin in Lublin, Poland,Thursday, Nov. 9, 2023. (AP Photo/Czarek Sokolowski)

Ein Streit, der schon in Friedenszeiten nichtig wirkt, macht gar keinen Sinn mehr, wenn Krieg herrscht. Und so hat sich Zahavi jetzt zurückgemeldet. Der 36-Jährige hat es aus einem allgemeinen Pflicht- und Geimeinschaftsgefühl getan, das derzeit in Israel herrscht.

«Wer nicht im Militär ist, kocht gratis», sagt Josipovich, «wer Stand-Up-Comedian ist, spielt sein Programm gratis für die Soldaten. Jede und jeder tut, was er oder sie kann.» Für die Fussballer heisst das: Sie spielen Fussball.

Bisher hat der Ball in Israel zwar seit dem 7. Oktober geruht. Die Qualifikationsspiele des Nationalteams gegen die Schweiz und Kosovo wurden verschoben. Die Liga ist ausgesetzt. Die ausländischen Spieler und Trainer, die in Israel unter Vertrag sind, haben das Land verlassen.

Aber am Donnerstag sind Maccabi Haifa und Maccabi Tel Aviv wieder in ihren europäischen Wettbewerben angetreten. Haifa verlor sein «Heimspiel» gegen Villarreal auf Zypern. Und Tel Aviv gewann gegen den ukrainischen Vertreter aus Luhansk. Das Duell zweier vom Krieg vertriebener Clubs fand in Polen statt.

Vier Spiele in neun Tagen – zwei davon im Exil

Vieles kommt auf Israels Nationalspieler zu. Schon nur rein physisch, weil das Team vier Partien in neun Tagen absolvieren muss. Dazu wird es für die beiden Heimspiele ins ungarische Exil gezwungen. Auch für jenes gegen die Schweiz am Mittwoch.

Obendrauf kommt die psychische Belastung. Viele Spieler lassen ihre Familien an Orten zurück, in denen täglich Raketenalarm ausgelöst wird. Und doch glaubt Osipovich, dass Israel sich für die Endrunde qualifizieren kann: «Es wird sich für die Spieler nicht wie ein Sportanlass anfühlen. Und wenn sie es schaffen würden, wäre es das Grösste überhaupt.»

«Wir leben noch. Und ihr werdet euch mit uns auseinandersetzen müssen.»

Raz Amir, israelischer Sportjournalist

Israels Nationalspieler haben sich erst an diesem Samstag in Pristina getroffen. Einen Tag später spielen sie bereits gegen Kosovo. Drei Tage darauf treffen sie in Ungarn auf die Schweiz. Es ist auch eine Art Gefühl des «jetzt erst recht», das sich unter ihnen breitmacht.

Darum soll ab dem 25. November die heimische Meisterschaft wieder starten. Auch wenn noch nicht ganz klar ist, wie das funktionieren soll. Derzeit liegen nur die Städte Haifa und Netanya ausserhalb der Reichweite der Raketen aus Gaza. Jetzt soll die höchste Liga dort in einer Art Blase in drei, vier Stadien gespielt werden.

Kosovo police officers secure the hotel where Israel's national soccer team are staying, in the capital Pristina Friday, Nov. 10, 2023. Israel?s national soccer team has arrived in Kosovo amid tight security measures at the airport ahead of a postponed European Championship qualifier. (AP Photo/Visar Kryeziu)

Ob dann auch die nicht israelischen Spieler und Trainer zurückkehren werden? Raz Amir rechnet nicht damit. «Achtzig Prozent werden nicht mehr zurückkommen. Und ich verstehe sie», sagt der Journalist der Sportwebsite «One»: «Sie sind sich nicht gewohnt, womit wir Israelis aufgewachsen sind.»

Nie war es ein Thema in Israel, sich aus der EM-Qualifikation zurückzuziehen. Im Gegenteil, sagt Amir. Es gehe auch darum, der Welt zu beweisen, dass Israel weiter existiert: «Wir leben noch. Wir werden uns für die Europameisterschaft qualifizieren. Und ihr werdet euch mit uns auseinandersetzen müssen.»