Eine Art Fox News für GrossbritannienIrre Tage fürs britische TV-Publikum
Der neue Sender GB News ist gestartet. Stramm rechts – und ziemlich chaotisch.
Rechts im Bild taucht ein Connor auf, er soll etwas sagen zur Lage in Nordirland, aber zu hören ist nur cchhrrschh, der Wind ist zu stark und das Mikrofon zu schwach. Sorry Connor, sagt die Moderatorin auf der linken Seite des Bildschirms, wir können dich nicht hören, und weg ist Connor. Nächstes Thema: Hochzeiten.
GB News heisst der Sender, der seit kurzem im britischen Fernsehen empfangbar ist – technisch eine Mischung aus Schüler- und Grundschülerfernsehen, inhaltlich eine Mischung aus «Daily Mail» und «Sun», Corona-Regeln hier, Brexit dort, illegale Einwanderung da, dazwischen feiernde Drittligafussballer, alles rast- und mithin gedankenlos hintereinander über den Äther geschossen. Ein paar Tage GB News schauen macht einen irre.
Allein die technischen Pannen, falsch geschriebene Namen, sogar von eigenen Reportern, Einspieler, die zu früh kommen oder gar nicht: Der Twitter-Account «GB News Fails» hat schon mehr als 73’000 Follower. Mehr als GB News derzeit im Durchschnitt anschauen.
Wäre Boris Johnson ein TV-Sender, er wäre exakt wie GB News.
Hinzu kommt ein gewisser Hang zur Faktenferne, der immer mitschwingt, wenn sich ein Medium so populistisch verkauft wie GB News: als Sender für die Leute, die bei den bösen Grossen kein Gehör finden. Wäre Boris Johnson ein TV-Sender, er wäre exakt wie GB News.
Das Publikum war auch dank Johnson schon vor dem Sender da, der mitgegründet wurde von Andrew Neil, dem früheren Chefredakteur der Sunday Times und Moderator der BBC. Neil gilt einerseits vielen als bester politischer Interviewer des Landes, andererseits steht ihm der Furor ins 72-jährige Gesicht geschrieben. GB News soll, so sagt er, Themen aufgreifen, die in den anderen nationalen Medien kein Gehör fänden, weil diese viel zu regierungstreu seien oder zumindest hart links.
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Gerade in Grossbritannien eine Lücke im Medienspektrum auszumachen wirkt absurd, kaum eine Nation hat eine derart vielfältige Medienlandschaft. In der rechten Ecke aber meint Neil noch eine Nische erkannt zu haben, und im von Johnson-Populismus regierten Brexit-Britain mag das sogar zutreffen.
«Können Sie verstehen, dass manche Bürger der Meinung sind, jemand wie Sie sollte gar nicht hier sein?»
Das Programm besteht ausschliesslich aus Anchors, die meist auf einer braunen Ledercouch sitzen. Es wird den ganzen Tag geredet, Suggestivfragen und Meinungsmache in Dauerschleife. Alastair Stewart etwa, auch er ein bekannter TV-Journalist, hatte einmal einen jungen Mann namens Sohail Ahmed zu Gast, der als Zwölfjähriger nach Grossbritannien flüchtete, illegal, wie Stewart betonte; heute ist er offenbar ein erfolgreicher Geschäftsmann. Im Interview lobt Stewart seinen Gast zwar wortreich, schliesst dann aber die stets gleiche Frage an: «Können Sie verstehen, dass manche Bürger der Meinung sind, jemand wie Sie sollte gar nicht hier sein?»
Irgendwann antwortet Sohail Ahmed etwas irritiert, es sei doch wichtig, Kindern eine Chance zu bieten, denn dann würden sie eines Tages dem Land vieles zurückgeben, wie man bei ihm ja sehe. Great to meet you, sagt Alastair Stewart da schnell, nächstes Thema: Mietpreise.
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